Die Fleischvögel heissen in den anderen Sprachregionen der Schweiz wie folgt:
Welschland: Paupiette = das Gefüllte, aber auch Fricandeau (Fricandeau gilt nur in der Schweiz, in D und F wird die Bezeichnung anderweitig benützt)
Tessin und italienisch Bünden: Involtini = die Gerollten, Ucelli di carne = Fleichvögel, Ucellini = Vögelchen, Ucellini scappati = entflohene Vögelchen
Romanisch Bünden: Utschellet da charn = Fleischvögelchen, utschels da charn = Fleischvögel, pulpetta = Frikadellen
Der Fleischvogel entstand in der heutigen Form um etwa 1750-1850. Doch schon lange zuvor gab es natürlich Fleischvögel, nur war früher das Innere etwas anders, meist viel spärlicher. Die ursprünglichen Fleischvögel waren somit etwas dünner als heute. Seit es sie gibt, werden sie meistens aus einem sehr dünnen Rindsplätzli hergestellt, in welches man als Füllung Speck, Peterli, Zwiebeln und (geröstetes) Brot, gewürzt mit Salz und Pfeffer einrollte (Kulinarisches Erbe). Und wenn es auch noch zu einer Fleischfüllung reichte, dann muss man bedenken, dass es früher keinen 'Blitz' gab, mit welchem man Brät herstellen konnte. Und es gab auch noch keinen Fleischwolf, mit welchem man Hackfleisch zubereiten konnte. Wenn also eine Fleischfüllung infrage kam, dann sicher eine deutlich gröbere als heute, die noch mit dem Wiegemesser mühsam von Hand hergestellt werden musste.
Am Anfang war der Vogel
Man hört gelegentlich folgendes: Früher fing man mit geeigneten Netzen noch Singvögel und briet sie, meist in eingewickelter Form und ohne Kopf. Sie wären sozusagen die Vorläufer der heutigen Fleischvögel gewesen. Als die Vögel dann seltener wurden und die Jagd nach Singvögeln nach und nach verboten wurde, begann man, das ursprüngliche Gericht mit Fleisch von anderen Tieren herzustellen, quasi als Ersatz für die fehlenden Vögel. Daher soll dann der Fleischvogel zu seinem hiesigen Namen gekommen sein. Das ist keineswegs eine Legende, denn aus unseren näheren und weiter entfernten Nachbarländern gibt es zahlreiche ähnliche Gerichte, deren Namen die Herkunft von einem früheren Vogelgericht noch deutlicher zum Ausdruck bringen. Mehr dazu erfährt man in Wikipedia unter 'Oiseau sans tête'! Bezeichnungen wie 'Blinde Vinken', 'Loose Vinken' usw. bestätigen dies ebenfalls.
Es besteht aber kein dringender Grund, die zahlreichen Fleischvogelgerichte mit der mittelalterlichen Gewohnheit, Vögel zu verspeisen, in Verbindung zu bringen, denn bei der Beschreibung eines Wiener Schnitzels erwähnt ja auch niemand, wie der Schlachtprozess des anbetroffenen Tieres so vor sich geht. Man klammert das verständlicherweise aus, allein schon wegen der bevorstehenden Essfreude. Auch der Vogel Strauss steckt seinen Kopf bekanntlich in den Sand, wenn er von einer Sache nichts hören, sehen oder wissen will. Daher glauben heute viele Leute, dass die Fleischvögel nur deshalb so genannt werden, weil die Fleischstücke etwa die Form eines entfiederten Vogels haben und auch so aussehen.
Dem ist natürlich nicht so. Es scheint viel mehr so zu sein, dass man ganz früher tatsächlich gebratene Vögel ass und später mit dem Fleischvogel eine 'Nachahmung' schuf. Es ist aber auch denkbar, dass schon zur Zeit, als man noch Singvögel ass, das Fleischröllchen ganz unabhängig davon 'erfunden' wurde. Was aber bleibt ist der durchaus berechtigte Verdacht, dass der richtige Vogel mit eine Rolle gespielt hat, als das Ersatzgericht seinen Namen bekam (Idiotikon I, 692, Bernisches Kochbuch von 1796). Paul Imhof erwähnt in "Das kulinarische Erbe der Schweiz", Echtzeit-Verlag, Band II auf Seite 24, dass es bereits in einem Walliser Kochbuch von 1581 ein Rezept gab, welches "Vögell in kelbernen flaisch zue braten" genannt wurde. Die Bezeichnung 'Fleischvogel' hat also ein ansehnliches Alter.
Noch ein Vogel
Beim Schweizer Militär gab es neben dem Fleischvogel noch ein weiteres Gericht, welches an einen Vogel erinnerte: Der sogenannte Militär-Spatz auch kurz Spatz genannt. Es handelt sich um eine Suppe aus Fleischbrühe mit Siedfleischstücken und verschiedenen Gemüsen. Hier dürfte es allerdings von Anfang an die Grösse der Fleischstücke gewesen sein, welche die Namensgebung mit beeinflusste. Vielleicht: Klein wie ein Spatz? Im neuen Kochrezeptebuch der Schweizer Armee von 2005 findet man ihn aber unter dieser Bezeichnung nicht mehr, obwohl er auf der Frontseite abgebildet ist. Das Buch sieht auch nicht mehr nach einem Kochbuch aus, sondern eher nach einer wissenschaftlichen Abhandlung zur Fütterung von Lebewesen. Es fehlt dem Buch jegliche künstlerische Seele, schade. So würde ich jedenfalls nie kochen wollen müssen.
Kraut- oder Kohlwickel
Es gibt eine grosse Anzahl unterschiedlichster Rezepte. Sie gleichen äusserlich dem Fleischvogel, sind in der Regel aber eher als Nebenvariante des Fleischvogels zu verstehen. Obwohl geschmacklich ebenso gut, hört man gelegentlich, dass er möglicherweise in seinem Ursprung nichts mit Vögeln zu tun hat. Dem widerspricht aber gerade die Bezeichnung in mehreren slawischen Ländern, wo immer wieder das Wort 'Taube', 'Täubchen' oder 'Vögelchen' auftritt und damit klar zu erkennen gibt, dass auch der slawische Krautwickel irgendwie etwas mit Vögeln zu tun hat. Der Kraut- oder Kohlwickel ist im ganzen slawischen Sprachraum verbreitet, aber auch in unseren Nachbarländern Deutschland, Österreich und Liechtenstein, ferner auch in Rumänien, Moldawien und in der Türkei. Genau diese grosse Verbreitung macht ihn neben seiner Ähnlichkeit so 'verwandt' mit dem Fleischvogel.
Allgemeines zu den Schweizer Fleischvögeln
Die ältesten Hinweise auf Fleischvögel in der Schweiz gehen, wie schon angedeutet, auf das Jahr 1581 zurück (Nicole Billeter, Kulinarisches Erbe). Sie bestanden lediglich aus Kräutern, Gewürzen, Speck, Niere und dünnen Plätzli, die man aufrollte. Der Hinweis auf einen kälbernen Vogel ist so zu verstehen, dass mit kälbern einfach Fleisch ganz allgemein gemeint war. Allerdings gibt es im Tessin eine Sonderform der Fleischvögel: Die Kalbfleischvögel (Involtini die vitello): Diese sollen bereits seit langer Zeit üblich sein: Dabei wird ein geklopftes Kalbsschnitzel mit Parmesan bestreut, mit Speck und Salbeiblätter belegt und dann aufgerollt und mit einem Zahnstocher fixiert.
In bürgerlichen Kochbüchern aus dem 18. und 19. Jahrhundert, wie etwa im 'Bernischen Kochbuch' oder im 'Kochbuch der Catharina Fehr' aus dem Jahre 1824 gibt es bereits Fleischvogel-Rezepte. Auffallend an diesen Rezepten ist, dass vorwiegend Kalbfleisch empfohlen wird, während heute Rindfleischplätzli verwendet werden. Fleischvögel aus Rindfleisch tauchen erstmals im 'Berner Kochbuch' von Lina Rytz aus dem Jahre 1835 auf. Allerdings heisst die Fleischspeise dort 'Daube, also Taube (alle Hinweise von Kulinarisches Erbe). Hierzu wieder der Verweis zur Bedeutung von 'kälbern', welches ursprünglich einfach als Fleisch zu verstehen war. Die vielen Rezepte, in denen die Verwendung von Kalbfleisch empfohlen wird, könnten somit durch eine Fehlinterpretation des Begriffs 'kälbern' entstanden sein. Dafür spricht auch, dass in den alten Kochbüchern immer wieder Ratschläge erteilt wurden, wie man das Fleisch zarter machen könne. Das wäre bei Kalbfleisch kaum nötig gewesen.
Fleischvögel waren anfänglich eher eine Speise der bürgerlichen Küche. Dafür spricht, dass die Rezepte aus ebensolchen Kochbüchern oder Rezeptsammlungen stammen, aufwändig in der Zubereitung waren und damals teure Gewürze erforderten. Nur Haushalte, die es sich leisten konnten, einen Mundschenk und einen Truchsess zu beschäftigen, kamen regelmässig zu einem Feischvogel. In einem Arbeiterhaushalt waren sie sehr selten und bei den Bauern kamen sie auch nur beim Schlachten eines Tieres auf den Tisch (teils Kulinarisches Erbe). Meine Grossmutter erzählte mir einmal, dass Fleisch früher nur selten und wenn überhaupt, dann nur bei wichtigen Festen auf den Tisch kam. Später dann meist nur an Sonntagen. Das Tier diente in erster Linie der Nutzung und nicht dem Verzehr.
Es gibt so viele Fleischvogel-Rezepte wie es Köche und Hausfrauen gibt. Gleiches gilt für die Würze. Immerhin haben sich ein paar regionale Unterschiede heraus gebildet: Es gibt etwa den Glarner Fleischvogel mit Schabziger, den Appenzeller Fleischvogel mit Appenzeller Käse und Mostbröckli (Kulinarisches Erbe). Mit einem Bindfaden anstatt mit Zahnstochern kann die Roulade ebenfalls fixiert werden. Im Welschland gibt es auch ein Greyerzer Rezept. Man konsultiere hierzu das Buch von Annemarie Wildeisen «So koche ich für Gäste», wo man das Rezept auf Seite 124 findet.
Zu Fleischvögeln passen Kartoffelstock, Reis, Risotto, Safran-Hirsotto, fast alle Varianten der Spätzli sowie Polenta.
Die konfektionierten Fleischvögel
Fleischvögel sind in den hiesigen Metzgereien eher selten und nur in kleinen Mengen verfügbar. Heute liegt das daran, dass diese bei den Grossverteilern oftmals auf recht schlichte Art zubereitet und ebenso schlicht gewürzt werden und gegen einen selbst gefertigten Fleischvogel kaum eine Chance haben. Zudem hat der konfektionierte Fleischvogel einen Preis wie ein edles Stück Fleisch. So kann er keinen Erfolg haben. Es gibt allerdings noch Metzger, welche erstklassige, handgefertigte Fleischvögel anbieten. Die sind dann naturgemäss noch etwas teurer und werden dennoch gekauft. Hier allerdings mit gutem Grund.
Zu Letzteren gehören auch die Fleischvögel der Grossmetzgerei Suttero in Gossau. Man erhält sie bei Spar und auch bei VOLG. Unter den industriell hergestellten Fleischvögeln gehört er zu den Besten. Diese sind von sehr erfreulicher Qualität. Fazit: Gute konfektionierte Fleischvögel sind nicht billig. Wohl aus diesem Grund wird er in den Läden nicht häufiger verlangt und nicht etwa, weil er veraltet wäre. Zum Suttero-Fleischvogel ist noch zu erwähnen, dass dieser mit Hackfleisch, Brät, Speck und Rindfleischhülle hergestellt wird, also so wie es heute in der Deutschschweiz üblich ist. Er weist also nicht die Füllung einer Rindsroulade auf. Das wäre kaum mehr zu bezahlen.
Da es aber nicht mehr viele Hausfrauen gibt, welche sich noch die nötige Zeit nehmen können, um ihn selber in der ganz klassischen Art herzustellen, entwickelte er sich ein wenig zu einem Nischenprodukt der Gemütlichkeitsküche, doch in guten Kantinen und auch in Restaurants, die auf die klassische, gutbürgerliche Küche spezialisiert sind, findet man ihn immer noch regelmässig. Dort wird er heute aber meist in der Art der Schweizer Militärfleischvögel der 1960er Jahre zubereitet, die auch ein wenig von den französischen und welschen Paupiettes beeinflusst sind.
Der Hauptmangel der konfektionierten Fleischvögel
Die meisten Fleischvögel dieser Gattung werden heute in einer stark vereinfachten Weise hergestellt und leider etwas ungenügend gewürzt. Zudem neigen diese Fleischvögel dazu, am Ende der Kochzeit unvorstellbar klein zu werden. Wer ein genügend leistungsfähiges Gedächtnis besitzt, staunt dann oft, wie winzig klein das Endergebnis ist im Vergleich zur Grösse beim Kauf. Wenn die Metzgerzunft beim Fleischvogel wieder vermehrt reüssieren möchte, dann muss sie hier den Hebel ansetzen und eine Füllung und eine Würze kreieren, welche diese Mängel nicht hat. Der Fleischvogel hätte das Zeug, zu einem äusserst beliebten Schweizer Nationalgericht aufzusteigen, vor allem zusammen mit einem handgefertigten, steifen Kartoffelstock mit Saucenweiher, Erbsli und Rüebli.
Die Schweizer Militärfleischvögel
Die Militärfleischvögel werden hier erwähnt, weil sie früher mit einer einfachen Küchenausrüstung, sehr wenig Geld und umso mehr Zeit hergestellt wurden und daher wegen der längeren Schmorzeit meistens hervorragend gelangen. Von der reinen Kochkunst her waren sie früher fast ein wenig die Königsdiziplin des militärischen 'Saucenkochs'. Ausserdem hat man beim Militär von Anfang an immer eine Fleischfüllung benützt, ganz im Gegensatz zu den älteren Rezepten, wo man sich stets auf Salzgurkenstängel, Röstbrot, Rüeblistängel usw. abstützte. Der Ursprung dieser Abweichung lag in der Weiterverwertung der Fleisch- und Fettabschnitte vom Ausbeineln des Stotzens zu einer Hackfleischmasse, welche mit Zwiebeln, Knoblauch und Peterli zu einer Füllung verarbeitet wurde.
Wie lange die Fleischvögel im Schweizer Militär schon zubereitet werden, konnte die OGS noch nicht ermitteln. Sie vermutet aber, dass es noch in den 1870er Jahren war. Es fällt auf, dass bei diesem Gericht alle jungen Soldaten, welche ihren 'Küchenchef' abverdienten, die Fleischvögel mit einer geradezu seltenen Begeisterung zubereiteten. Das lässt möglicherweise den Schluss zu, dass das Militär beim Fleischvogel über eine sehr lange Erfahrung und ein ganz besonders gutes, sprich einfaches Rezept verfügte. Kommt hinzu, dass man bei diesem Rezept schon seit sehr langem offiziell Kochwein verwenden und auch abrechnen durfte. Zusammen mit Kartoffelstock und einer Gemüsebeilage ergab das ein Gericht, das bei den Soldaten äusserst beliebt war und wenn es der Küchenchef schaffte, sein Bestes zu geben, dann gehörten die Fleischvögel zusammen mit den Ravioli, den Käseschnitten und dem Militärspatz zu den beliebtesten Gerichten in der Kaserne und auf dem Felde.
Vor allem eine gute Sauce war dabei ebenso wichtig, welche durch die lange Schmorzeit meist von selbst gegeben war. Erstaunlich ist auch, dass ich das Gericht in meinen vielen Diensttagen im Militär und Zivilschutz immer in allerbester Qualität vorgesetzt bekam. Es gab nie einen Makel. Das Schweizer Militär und alle ihre Küchenchefs mussten offenbar bei der Zubereitung dieses Gerichtes sehr viel Erfahrung angesammelt haben und verstanden es auch, diese ihren Jungköchen während der Ausbildung erfolgreich weiter zu geben. Sie verdienen ein ganz grosses Kompliment!
Heute wird der Fleischvogel beim Militär nicht mehr durch die Küchenmannschaft hergestellt, sondern zentral produziert und auf Bestellung an die Küchen geliefert.
Die geschmorten Rindsröllchen
Dies ist die etwas geschraubt wirkende Bezeichnung für die Fleischvögel im grossen Lehrbuch der Schweizer Köche und Köchinnen, dem «Pauli». Wer sucht denn Fleischvögel schon unter dieser Bezeichnung? Pauli scheute sich offenbar, in seinem auch international hoch angesehenen Fachbuch den etwas mundartlichen Ausdruck «Fleischvögel» zu verwenden. Das macht das Auffinden des Fleischvogel-Rezeptes in seinem Buch etwas schwieriger, doch man kann ja zum Glück ein wenig Französisch und findet das Rezept dann unter Paupiettes de boeuf braisées.
Die Riesenfleichschvögel
Die Riesenfleischvögel sind keine Erfindung von mir, die gibt es schon lange, selten zwar, aber hin und wieder stiess ich auf solche Rezepte. Meine Riesenfleichvögel sind eine Zufallskreation, an welcher eigentlich der Metzger in der Migros-Filiale Seebach im Jahre 2004 die 'Hauptschuld' trägt. Gewohnt von meinem früheren Metzger, bat ich ihn um zwei ganz dünne Rindshuftplätzli. Da er gerade keine frisch angefrorene Rindshuft bereit hatte, schnitt er sie so gut wie möglich von einem Stück ab, welches nur Fleischvitrinen-Temperatur hatte und weil sie deswegen etwas dicker gerieten, fragte er, ob er sie noch etwas flach klopfen soll. Ich nickte und so packte ich dann zu Hause zwei junge 'Elefantenohren' aus, die jetzt viel grösser waren als sie im Laden aussahen. Da ich es schade fand, das Kunstwerk des Metzgers zu halbieren, kam es, dass ich diese Riesendinger auch mit einer Riesenfüllung versah und schon war der Riesenfleischvogel geboren.
Einige Wochen später wurde ich im Tessin mit der dankbaren Aufgabe betraut, während einer Woche einen guten Bekannten zu bekochen und über das Wochenende zusätzlich eine Schar Gäste. Ich schlug als Gericht für die Gäste am Samstagabend Fleischvögel mit viel Sauce, Polenta und grünem Salat vor. Man war einverstanden, wusste aber nichts von der Grösse der Wirz'schen Fleischvögel. Als man die Dinger beim Kochen dann sah, waren alle verblüfft, doch beim Essen genossen sie es sichtlich, einmal so richtig über die Stränge zu hauen. Die Leute schwärmten noch Jahre danach von diesen Riesenfleischvögeln und so nahm ich sie endgültig in meine Rezeptsammlung auf. Das Rezept findet man in der OGS unter Riesenfleischvogel, siehe dort! Für jene, welche keine Riesenfleischvögel verspeisen wollen: Man kann ihn auch halb so gross zubereiten! Ein völlig anderes Rezept für Riesenfleischvögel kennt auch Annemarie Wildeisen. Dieses wird aus Kalbfleisch und Frühlingszwiebeln hergestellt. Siehe unter: http://www.wildeisen.ch/rezepte/kochen/rezept/details/riesenfleischvoegel-an-madeirasauce/
Meine normalen Fleischvögel, ganz klassisch
Diese Fleischvögel sind im Prinzip Schweizer Militärfleischvögel, verbessert um das Rezept der Paupiettes de boeuf nach Art von Madeleine Dubois sowie jenem Hausmacher-Rezept von Frau Springer in Kilchberg, der Mutter von Rolf Springer. Das Besondere bei diesem Rezept ist die Harmonie zwischen dem Kartoffelstock, der Sauce und dem Fleischvogel, welche den Gourmet in Verzückung bringen kann. Mehr zu diesem Rezept siehe unter Fleischvögel!
Fleischvögel - eine verkannte Schweizer Spezialität
Fleischvögel sind heute recht teuer, weil viel Handarbeit in ihnen steckt. Das ist der wahre Grund der rückläufigen Verkaufszahlen in den Metgereien. Sie sind keineswegs veraltet. Ganz im Gegenteil! Dort wo man noch Zeit und Freude hat am Kochen, sind sie so populär wie eh und je. Wie schon unter dem Titel 'Militär-Fleischvögel' erwähnt, ist dieses Gericht dasjenige welches jedem Gourmet ganz besonders gut verrät, wo in der gemütlichen Küche des letzten Jahrhunderts nicht bloss ein Koch, sondern ein Kunsthandwerker arbeitet. Noch in den 1960er Jahren galt es als besonders schick, bei diesem Gericht im Kartoffelstock einen Weiher zu bauen, wo ausreichend Sauce hinein kam. Zu jedem Bissen Fleischvogel schnappte man dann einen Teelöffel voll von der feinen Sauce. Zum damals noch handgemachten Kartoffelstock gab es ebensolche Erbsli mit Rüebli! Alles zusammen galt bei den Liebhabern der grossmütterlichen 'Gemütlichkeitsküche' als der Höhepunkt kulinarischer Eskapaden. Daran hat sich bis heute nichts geändert, sofern man in der Bekanntschaft eine Köchin oder einen Koch kennt, welche/r noch so kochen kann. Fazit: Beim Fleischvogel muss der Koch keine exotischen Zutaten benützen und auch das Food Design muss nicht mehr weiter entwickelt werden.
Die Fleischvögel im übrigen Europa
Die Fleischvögel gibt es in fast allen Ländern Europas und möglicherweise sogar noch in Übersee. Es scheint wohl ein gesamteuropäisches Gericht zu sein. Allerdings muss man zwei Varianten klar unterscheiden: Jene in Westeuropa, wo man die Vögel in Rind-, seltener in Kalbfleischplätzli einrollt sowie jene in Ost- und Südosteuropa, wo man dazu eher Kohlblätter oder Weinblätter benützt. Die Grenze des Kohlgrabens verläuft offenbar von Haparanda (Nordschweden) durch die Ostsee nach Polen, macht dann einen grossen Bogen nach Deutschland und kehrt dann wieder zurück zur Ukraine und weiter nach Ungarn und von dort nach Serbien und danach südwärts in Richtung Malta. Die Grenze ist allerdings fliessend. Der Weinblättergraben hingegen ist ziemlich identisch mit den Landesgrenzen Griechenlands und Zyperns. In Deutschland verläuft die Grenze zwischen Kohlrouladen und Rindfleischrouladen sehr fliessend und ist nicht eindeutig auszumachen, man kennt und isst fast überall beide Varianten. In der Ostschweiz färbt das noch ein bisschen ab.
Nachfolgend findet man die Bezeichnungen des Fleischvogels in allen übrigen europäischen Ländern. Viele Bezeichnungen sind Internet-Wörterbüchern entnommen und stellen offensichtlich automatische Übersetzungen dar, denen ich nicht immer traue. Sie müssen noch durch entsprechende Kochliteratur gesichert werden. Da ich nicht alle Sprachen Europas kann, bedeutet dies die Suche nach Kochbüchern, die aus über 50 Sprachen ins Deutsche übersetzt wurden. Es wird also etwas Zeit brauchen, bis alle Länder erforscht sind. Der Krautwickel wird in der folgenden Aufzählung dem Fleischvogel gleich gestellt. Die Beiträge zu den einzelnen Ländern werden nach und nach erweitert.
Das Besondere am Fleischvogel
Fleischvögel und Krautwickel gelten in praktisch allen Ländern Europas als sehr bodenständiges Gericht und haben die Veränderungen in der Küche und beim Geschmack bis heute überlebt. Sie scheinen frei von allen Modeströmungen zu sein. Das liegt wohl an ihrer Ursprünglichkeit.
Nachfolgend seien die Fleischvögel und Kohlrouladen aus ganz Europa kurz beschrieben.
Albanien
Roulade viçi.
Andorra
In Andorra ist die Amtssprache Katalanisch. Die in Andorra gültige gastronomisch korrekte Bezeichnung für den Fleischvogel habe ich noch nicht gefunden. In den Internet-Wörterbüchern fanden sich mehrere Übersetzungen, wie etwa ocell de carn, carn d'aus und roulades de vedella, was andeutet, dass es sich lediglich um automatische Übersetzungen handelt. Neben Katalanisch versteht man in Andorra aber auch Spanisch und in dieser Sprache nennt man sie carne arollada, niño envuelto, filete relleno.
Belgien
Loose Vinken nennt man die Fleischvögel im flämischen Teil Belgiens. Loose Vinken bedeutet soviel wie falsche Finken oder kopflose Finken. Sie unterscheiden sich äusserlich wenig von den Schweizer Fleischvögeln oder den deutschen Rouladen, doch die Zubereitung erfolgt ziemlich anders. Ausserdem enthalten sie zusätzlich Salzgurken und Peperonistreifen als Inhalt und die Zwiebeln werden mit Zucker karamelisiert. Gewürzt wird auch mit etwas Cayenne. Die Sauce wird recht oft mit Bier angemacht.
Oiseaux sans Tête ist die Bezeichnung der Fleischvögel im wallonischen Teil Belgiens. Die flämische Bezeichnung 'Loose Vinken' ist auch in Wallonien bekannt. Ob nun Oiseaux sans Tête oder Loose Vinken: Die Rezepte gleichen sich weitgehend, sodass man sagen kann, dass es ein gesamtbelgisches Gericht ist.
Im deutschsprachigen Teil Belgiens heissen sie angeblich Rouladen. Das konnte ich aber noch nicht überprüfen.
Bosnien-Herzegowina
Govedina brz slijed tonova. Dies ist automatische Übersetzung durch ein Internet-Wörterbuch. Die gastronomisch korrekte Bezeichnung ist noch nicht bekannt.
Bulgarien
Es gibt sie sowohl als Kohlroulade (Sarma) wie als Rindsroulade (Goweschdo Rulada). So liest man es in «Osteuropäische Küche», Edition XXL GmbH, Reichelsheim, 2002, Seite 73.
Dänemark
In Dänemark heissen die Fleischvögel benløse fugle, also beinlose Vögel. Diese Bezeichnung fand sich im Langenscheidt'schen Wörterbuch. Daneben kennt man auch die Bezeichnungen kød fugl und oksekød roulade.
Deutschland
In Deutschland heissen die Fleischvögel im mittleren und nördlichen Gebiet Rinderrouladen oder Rouladen. Diese Bezeichnung stammt aus der Zeit um 1750 bis 1850 und ist aus dem französischen roulade von rouler = rollen entlehnt. Es sind gefüllte Rollen oder Röllchen aus dünnen Scheiben von Fleisch, Fisch oder aus Kohlblättern, die in einem Fond oder einer Sauce geschmort werden. Klassische Rezepte der bürgerlichen deutschen Küche sind Kalbsbrustrouladen sowie Rinderrouladen mit Speckscheiben, Karotten- und Essiggurkenstängeln, Zwiebeln, Knoblauch usw.gefüllt, aufgerollt und mit Küchenschnur gebunden.
Es gibt diese Rouladen auch als Kohlroulade oder Krautwickel mit ähnlicher Füllung. Ganz im Süden Deutschlands d.h. in Südbaden, in Schwaben und im Allgäu ist auch die schweizerische Bezeichnung Fleischvögel üblich. In Schwaben gibt es sogar Rezepte, welche ganz auf Kalbfleisch fussen, was zeigt, dass die frühere Gewohnheit, sie angeblich aus Kalbfleisch herzustellen, in Schwaben bis heute erhalten geblieben ist. Auch in der Schweiz gibt es mit dem Kanton Bern eine Gegend, wo der Kalbfleischvogel und sogar die Rindsroulade nebst dem Fleischvogel überlebt haben. Im Berner Kochbuach von 1977 ist das auf den Seiten 30 und 31 nachzulesen. In Bayern heissen die Rouladen Vogerl oder Fleischvogerl wie in Österreich.
Zur Sauce ist noch anzumerken, dass man die Rouladen in einem Bratentopf in Fett rundum gut anbrät, dann Zwiebeln, Knoblauch und Tomatenpüree dazu gibt, etwas mitbraten lässt, am Schluss Rotwein und Fleischbrühe hinzu fügt und danach gute anderthalb Stunden zugedeckt sanft schmoren lässt. Die Sauce wird danach abgesiebt und wieder zu den Rouladen gegeben. Dazu gibt es Kartoffelpüree und glasierte Karotten usw.
Estland
Veise Roulade.
Finnland
Auf finnisch heissen die Fleischvögel Naudanruladit, was übersetzt Rindsrouladen bedeutet. Nauta ist das nordgermanische Wort für Rind. Dieses wurde von den Finnen aus dem Schwedischen entlehnt und in ihre Sprache übernommen. Naudan ist die Genitivform. Die Bezeichnung Naudanruladit fand sich in einem finnischen Wörterbuch. Aus dem Eintrag geht aber nicht hervor, ob das auch ein in Finnland übliches Gericht ist oder ob es bloss eine Übersetzung aus dem Deutschen ist. Während meinen letzten Reisen nach Finnland gab es in den Restaurants dieses Gericht nie. Auch in den Lebensmittelläden konnte ich die Naudanruladit nicht entdecken, doch werde ich bei meiner nächsten Reise im August 2014 ausdrücklich danach fragen. Das Ergebnis liegt vor: Das Gericht ist in Finnland nicht üblich, meinte eine Verkäuferin in Rovaniemi. Ich werde bei meiner nächsten Finnlandreise erneut fragen.
Frankreich
Paupiettes nennt man die Fleischvögel in Frankreich. In der Provence heissen sie auch 'Alouettes sans tête' = Lerchen ohne Kopf und in lokaler Mundart Paque toun de biou'. Paupiettes nennt man sie auch im Welschland (CH) und im Aostatal (I). Paupiettes bedeutet 'die Gefüllten'. Sie umfassen eine fast unübersehbare Variantenfülle, ganz im Gegensatz zur deutschen Schweiz. Während hier die Fleischvögel zumindest äusserlich alle etwa gleich aussehen, findet man im Welschland sowohl Formen wie bei den Fleischvögeln als auch solche, die eher die Form eines Adrios haben. Man findet solche die viereckig sind und solche die rund sind, aber auch sechseckige sind zu sehen. Auch bei der Füllung findet man eine Menge an Varianten, sodass man sich fragt, warum sie alle gleich heissen. Diese Sonderformen scheinen von der französischen Küche beeinflusst zu sein, denn das typisch französische Merkmal der Paupiettes ist, dass sie gebunden und nicht gesteckt werden, was vermutlich an ihrer Grösse liegt. Ein schönes Beispiel sind die Paupiette bohémienne.
So erwähnt denn auch Escoffier die Paupiettes in mehreren Versionen und endet das Kapitel mit der Bemerkung, dass man die Aufzählung von Paupiette-Rezepten bis ins Unendliche erweitern könne. In Frankreich heissen sie in aller Regel Paupiette de boeuf, seltener auch Roulade de boeuf. Dort nimmt man etwas dickere Schnitzel als in der deutschen Schweiz. Escoffier erwähnt je ein Rezept nach Fontanges, nach Savary, nach Mailänder- und nach Piemonteser Art. Larousse 1923 schreibt, dass man sie meist aus Kalbfleisch zubereite und kurz bevor sie gar sind paniere!
Griechenland
Rolo Modchari für den Fleischvogel und Lachanodolmades für die Kohlrouladen. Den Fleischvogel habe ich in Griechenland nie angetroffen. Vermutlich handelt es sich beim Rolo Modchari lediglich um eine Übersetzung ins Griechische. Die Kohlrouladen hingegen sind sehr beliebt.
Grossbritannien
Beef olives, beef roulades, beef rolls heissen die Fleischvögel auf den britischen Inseln. Äusserlich sehen sie aus wie unsere Fleischvögel, auch die Hülle stimmt überein. Bei der Füllung herrschen Brotkrumen, Tomaten, Parmesan, Basilikum, Pinienkerne und geschlagenes Ei vor.
Irland
Roulade Mairteola auf Irisch oder beef olives bzw. beef roulades auf Englisch.
Island
In einem Wörterbuch fand sich für Fleischvogel die Bezeichnung Nautakjöttrulade. Ob das nur eine Übersetzung aus dem Deutschen ist oder ob die Isländer den Fleischvogel tatsächlich als Gericht kennen, ist noch ungeklärt.
Italien
Involtini heissen die Fleischvögel nicht nur im Tessin und in italienisch Bünden, sondern auch in ganz Italien. Im Tessin nennt man sie aber auch Ucelli, Ucellini oder Ucellini scappati. Das bedeutet: die Gerollten, Vögel, Vögelchen oder entflohene Vögelchen. In Italien gibt es hunderte von verschiedenen Involtini-Rezepten, welche teils sehr stark vom Schweizer Fleischvogel abweichen können. Ein Beispiel dafür sind die Involtini, siehe dort!
Kasachstan
noch ungeklärt
Kosovo
noch ungeklärt
Kroatien
Govedina brz slijed tonova. Dies ist die automatische Übersetzung durch ein Internet-Wörterbuch. Die gastronomisch korrekte Bezeichnung für den Fleischvogel ist mir noch nicht bekannt. Der Krautwickel hingegen heisst in Kroatien Sarma, so wie in den meisten Ländern in dieser Gegend Europas. Sarma ist in Kroatien ein Nationalgericht.
Lettland
Liellopu galas roulade. Es gibt auch die wörtliche Übersetzung gala putns.
Liechtenstein
Hier nennt man die Fleischvögel gleich wie in der Schweiz und sie werden nach Rheintaler Art zubereitet.
Litauen:
Balandeliai. Es bedeutet 'kleine Taube'.
Luxemburg
Die meisten Luxemburger benützen im Alltag drei Sprachen: Schriftlich, amtlich und geschäftlich meistens Französisch, im Gespräch unter sich Lezebuergisch, eine moselfränkische Mundart. Das Wort Mundart hört man in Luxemburg allerdings nicht so gerne. Man ist der Auffassung, es sei eine eigenständige Sprache. An zahlreichen Orten konnte ich mit eigenen Augen sehen, dass man Lezebuergisch auch schriftlich verwendet. Fast alle sprechen auch gut Hochdeutsch. Vielleicht ist das Gesagte etwas vereinfacht, doch bedeutet es, dass die Luxemburger für die Fleischvögel so oder so mehrere Bezeichnungen haben, ganz ähnlich, wie in Belgien. Üblich sind Oiseaux sans Tête, Rindfleischrouladen und Loose Finken.
Malta
Roulade banga oder Bragioli. Es sind Rindfleischrouladen, gefüllt mit Speck, Eiern, Oliven und Kräutern.
Monaco
Hier benützt man sowohl die französische Bezeichnung Paupiettes als auch die italienische Ucellini.
Moldawien
In Moldawien nennt man die Fleischvögel bei der rumänisch sprechenden Bevölkerung Sarmale, bei den russisch Sprechenden Galubzi und bei den tatarisch Sprechenden Sarma. Im ganzen Land werden sie in aller Regel meist als Kohlwickel serviert. Ob es auch solche mit einer Rindfleischhülle gibt, konnte die OGS noch nicht ermitteln, zu kurz war der Aufenthalt dort.
Montenegro
Der Fleischvogel heisst Govedine roulade und der Krautwickel Sarma.
Niederlande
Blinde Vinken heissen die Fleischvögel in den Niederlanden. Die Rezeptur ist ähnlich jener in Belgien. Ein sehr frühes Rezept für Blinde Vinken mit Sellerie findet man bereits 1740 in dem in Amsterdam herausgegebenen Kochbuch 'Le Cuisinier gascon'.
Nordmazedonien
noch ungeklärt
Norwegen
Gemäss Langenscheidt heissen die Fleischvögel in Norwegen Benlöse fuglar, allerdings mit den norwegischen "ö" geschrieben, welches auf der OGS-Software nicht vorhanden ist. Die bisher aufgeführte Bezeichnung Oksekjöttrulade ist lediglich eine Kreation des google-Übersetzungsprogramms und wohl kaum Teil der norwegischen Alltagssprsprache, doch würde es verstanden.
Österreich
In Österreich heissen die Fleischvögel Fleischvogerl, Vogerl, Rouladen oder Rolladen, im Bundesland Vorarlberg zusätzlich auch Fleischvogel wie in der Schweiz. Im Bundesland Kärnten, wo auch vereinzelt slowenisch gesprochen wird, käme noch die slowenische Bezeichnung Zwitki hinzu. Im österreichischen Standardkochbuch von Ewald Plachutta und Christoph Wagner 'Die Gute Küche' wird die Rindsroulade jedenfalls erwähnt und mit Wurzelgemüsestängel, Essiggurken und Speck befüllt. Es werden 90 Minuten Schmorzeit vorgeschlagen. Die Sauce enthält Sauerrahm und Senf, aber auch Sardellen und Kapern sind möglich.
Polen
Die Fleischvögel gibt es auch in Polen und zwar unter dem Namen Golubki. Dort gibt es sie sowohl als Fleischvogel wie auch als Kohlwickel. Wer sich dafür interessiert, wie sie auf polnische Art schmecken, hat Gelegenheit, das ganz in der Nähe zu prüfen. Das Restaurant Eichwies Zum Krakauer in Hombrechtikon ZH führt eine Küche mit alt-polnischen und alt-schweizerischen Spezialitäten. Anschrift: Restaurant Eichwies Zum Krakauer, Etzelstrasse 26, 8634 Hombrechtikon, Tel: 055 / 264 10 00 info@krakauer.ch. Neben Golubki sagt man im Polnischen auch noch Rolada, also Roulade wie in Deutschland. Da auf Polnisch golab Taube bedeutet, bezieht sich somit auch die polnische Variante der Fleischvögel auf einen Vogel. Ausgesprochen wird golab wie golamb, wobei das 'am' nasal auszusprechen ist, aber nicht so nasal wie im Französischen, das m muss noch ein wenig hörbar sein. Jetzt erst erkennt man, dass es an das französische colombe = Taube erinnert. Leider kann ich mit der OGS-Software die polnischen Sonderzeichen nicht korrekt wiedergeben.
Portugal
Rolo de carne. In einem portugiesischen Kochbuch konnte ich dieses Rezept allerdings nicht finden.
Rumänien
Hier nennt man die Fleischvögel rulada de carne de vita oder carne de pasare. Daneben gibt es auch die Kohlwickel, welche wesentlich populärer sind und Sarmale genannt werden. Es ist dort langjährige Tradition, dass man die Fleischfüllung 'streckt', wozu meist Reis benützt wird. Während meinen beiden Aufenthalten gab es nie welche mit Fleischmantel, sehr wohl aber Kohlwickel. Die Kohlwickel sind dort ein traditionelles Hochzeitsgericht.
Russland
Golubzi. In Russland werden sie in aller Regel meist als Kohlwickel serviert. Ob es auch solche mit einer Rindfleischhülle gibt, konnte die OGS noch nicht ermitteln. Golubzi bedeutet auf Russisch Taube, wobei ich die Endung nicht übersetzen kann. Auch in Russland bezieht man sich auf den Vogel, allerdings auf die Taube. Auf der nicht mehr existierenden Website "russische-gerichte-mit-geschichte.de" stand zu lesen, dass die erstmalige Erwähnung der Golubzi auf das Jahr 425 v. Chr. zurück gehen soll. Da dürfte sich aber ein Irrtum eingeschlichen haben, denn die ältesten in russischer Sprache noch existierenden Texte gehen auf eine Zeit um 900 n. Chr. zurück. Sicher ist aber, dass es schon im Jahre 1000 in Russland alles gab, was man brauchte, um Golubzi herzustellen, doch dürfte das Gericht vermutlich kaum älter sein, als unsere Kohlwickel. Es besteht sogar der Verdacht, dass der Kohlwickel aus dem slawischen Raum stammt.
San Marino
In San Marino gilt das gleiche, wie in Italien. Man nennt sie Ucellini oder Involtini.
Schweden
Oxköttrulad, zu deutsch etwa Rindfleischroulade.
Serbien
Der Fleischvogel heisst Govedine roulade und der Kohlwickel Sarma.
Slowakei
noch ungeklärt
Slowenien
Die Rindsroulade heisst hier Zvitki. In Gorenjska sollen sie besonders beliebt sein.
Spanien
In den der OGS zur Verfügung stehenden spanischen Kochbüchern heissen die Fleischvögel carne arollada, niños envueltos, filete relleno, seltener rollo de carne. Bei meinen über ein Dutzend Reisen nach Spanien habe ich sie allerdings nie bekommen. Sie scheinen dort eher ein einfaches häusliches Gericht zu sein, welches normalerweise nicht an Touristen abgegeben wird. Die gastronomisch korrekte katalanische Bezeichnung habe ich noch nicht gefunden. Mehr dazu siehe unter Andorra!
Tschechien
Die tschechische Bezeichnung für die böhmische Rinderroulade lautet Spanelsky Ptacek = Spanisches Vögelchen (Hinweis von Matthias Schade). Es gibt auch Kalbsrouladen, gemäss «Osteuropäische Küche», Edition XXL GmbH, Reichelsheim, 2002, Seite 68. Diese sind etwas dicker als die Fleischvögel in der Schweiz und werden beim Servieren daher aufgeschnitten wie bei uns eine gefüllte Kalbsbrust. Damit bezieht sich auch die tschechische Variante auf einen Vogel.
Türkei
Sarma. Dort in aller Regel meist als Kohlwickel serviert. Sie haben grosse Ähnlichkeit mit den Sarmale in Rumänien und Moldawien und mit den Golubzi in der Ukraine. Ob es auch solche mit einer Rindfleischhülle gibt, konnte die OGS noch nicht ermitteln.
Ukraine
Golubzi. Auch dort als Kohlwickel serviert, gefüllt mit Reis, Hackfleisch, Zwiebeln und Rüebli und in einer Sauce aus Bouillon und Tomatenpüree zubereitet, gewürzt mit Lorbeer oder mit Dill und mit Sauerrahm garniert. Sie sind ähnlich wie die Sarmale in Rumänien. Ob es auch solche mit einer Rindfleischhülle gibt, konnte die OGS noch nicht ermitteln. Da auf Ukrainisch golubzi kleine Taube bedeutet, bezieht sich somit auch die ukrainische Variante der Kohlwickel auf einen Vogel.
Ungarn
Hunyadi Töltött Rostelyos, gemäss «Lexikon der Küche», Richard Hering, Fachbuchverlag Dr. Pfanneberg & Co., Giessen, Seite 432. Die Krautwickel heissen Töltött Káposzta. Während meinen Aufenthalten in Ungarn gab es diese Gerichte aber nie, was andeutet, dass sie in Ungarn nicht die ganz grossen Renner sind.
Vatikan
Im Vatikan gilt das gleiche, wie in Italien. Man nennt sie Ucellini oder Involtini.
Weissrussland
noch ungeklärt, vermutlich ähnlich wie in Polen oder Russland.
Zypern
noch ungeklärt, vermutlich ähnlich wie in Griechenland.
Fleischvögel ausserhalb Europas
Das Thema ist noch unerforscht, zumindest seitens der OGS.
Zum Schluss noch dies:
Da bei den Fleischvögeln die Sauce ganz besonders wichtig ist, fällt mir ein origineller Limerick ein, welchen ich 1976 von einen Bündner namens Gion à Porta aus Fetan hörte. Den Reim gibt es in zahlreichen Varianten. Hier die à Porta'sche:
Da gab's einen Koch in Gossensass*) der beim Kochen seine Soss' vergass bis die ganze Gassensoss' sich auf die Sossengass' von Gossensass' Insassen goss!
*) Gossensass ist ein Dorf im Südtirol, wenige Kilometer nach der Brennerpasshöhe. Gion à Porta hörte ihn als Student in der Zeit der späten 1930er Jahre und hat ihn mir 1976 weitergegeben.
Der Beitrag wurde am 12.1.2021 letztmals aktualisiert.
Quellen: - OGS-eigene - Kochkunst und Tradition in der Schweiz, Seite 108, Mondo-Verlag, 1995 - Metzger der Migros-Filiale Seebach 2004 (unfreiwillig) - Migros-Magazin 31.10.2011, Nicole Billeter (älteste schriftliche Erwähnung) - Idiotikon (Hinweis zu Kalbervogel und seiner Bedeutung) - Kulinarisches Erbe der Schweiz (unter Fleischvögel) - Die heimische Küche, Susanne Bunzel, Bechtermünzverlag (Kalbsvariante) - «Osteuropäische Küche», Edition XXL, Reichelsheim, D, Lizenzausgabe 2002 - diverse Wörterbücher - zahlreiche im Internet frei zugängliche Rezept-Quellen - historische Hinweise aus zahlreichen Tageszeitungen und Wochenblätter der Schweiz in den letzten 20 Jahren