Im Jahre 1928 meldete die Tiergarten AG, dass ihr schwarzer Panther entwichen sei. Wie ein Lauffeuer machte die Nachricht in Seebach die Runde und tags darauf stand es auch in allen Zeitungen. Ausführlich wurde dabei auch über den Tierpark in Seebach berichtet. Genau das war es, was die Leitung des Tierparks wollte: Wieder in die Schlagzeilen kommen in der Hoffnung, damit die Besucherzahlen zu erhöhen. Die Rechnung scheint aufgegangen zu sein. Vorübergehend.
Dass der Panther aber gar nicht entwichen war und die Nachricht nur fingiert war, ist das Verdienst des listigen Verwalters Alfred Schlumpf. Er verstand es auch, dafür zu sorgen, dass der Trick nicht publik wurde. Erst nach dem Konkurs der Tiergarten AG erfuhr man davon, wenn überhaupt und auch dann nur häppchenweise.
Es ist bekannt, dass damals die Mütter ihre Kinder nicht mehr gerne draussen spielen liessen oder sie in die Schule begleiteten, weil sie um ihre Kinder fürchteten. Ganz so als ob eine gute Hausfrau einen hungrigen Panther mit einer Handbewegung in die Flucht hätte schlagen können. Noch in den 1950er Jahren erzählten Mütter die Geschichte mit dem ausgerissenen schwarzen Panther ihren Kindern. So geschehen bei mir. Jedesmal, wenn ich ein schwarzes Büsi sah, erschrak ich unwillkürlich ein bisschen.
Ã?ber den schwarzen Panther kursierten die wildesten Gerüchte und besorgte Schulkinder brachten das Thema noch 1953 bei den Lehrern auf den Tisch. Erst Lehrer Emil Krönert vermochte mich dann zu überzeugen, dass ich mich nicht zu fürchten brauche. Er rechnete mir nämlich vor, dass wenn der schwarze Panther damals im Jahre 1928 tatsächlich entwichen sein sollte, hätte er inzwischen schon ein paar Dutzend Menschen gefressen haben müssen, um nicht zu verhungern, doch davon sei nichts bekannt und zweitens wäre der schwarze Panther im Jahre 1954 bereits ein Urururgrossvater gewesen, vor dem man keine Angst mehr hätte haben müssen.
Das angebliche Ereignis mit dem schwarzen Panther war kein Einzelfall, denn am 10. Mai 2012 berichtete der«Blick am Abend» auf Seite 5, dass im Jahre 1933, also nur 5 Jahre nach dem Ereignis in Seebach, im Zürcher Zoo ein schwarzer Panther tatsächlich entwichen sei. Dieser hielt während Monaten die Schweiz in Atem. Der «Zürcher Oberländer» fand einen ehemaligen Zoowärter, welcher die Geschichte noch gut kennt. Ernst Christen, 84, erfuhr in den 1950er Jahren vom verantwortlichen Kollegen, was genau passiert war. Wilderer hätten das Tier getötet und gegessen. Christen meinte: «Der Panther wurde verwurstet». Zur besseren Illustration des Ereignisses bildete der «Blick am Abend» lustigerweise eine angeschnittene französische Salamiwurst ab!
Dieser Blick-Bericht stand natürlich im Zusammenhang mit der mehrfachen Sichtung eines entwichenen schwarzen Panthers im Kestenholzwald im Kanton Solothurn. In Süddeutschland wird nämlich seit einiger Zeit ein solches Tier vermisst.
Es ist zu vermuten, dass die um 1950 noch kursierenden Erzählungen über den schwarzen Panther sowohl vom fingierten Ereignis in Seebach als auch von jenem im Zürcher Zoo beeinflusst wurden.
Quellen: - OGS-eigene - Neujahrsblatt Zürich 11/12, 1981, Roman G. Schönauer - Blick am Abend, 10.5.2012, Seite 5