Es war einmal ein schöner Samstag Morgen im Jahre 1950. Ich war damals noch ein kleiner Junge von kaum sieben Jahren und der unternehmungslustige Vater hatte offenbar den Drang, seiner militärischen Schiesspflicht nach zu kommen. Da dieses sogenannte «Obligatorische» nach dunkler Erinnerung spätestens im August erledigt sein musste, dürfte es vermutlich während des Sommers gewesen sein, denn es war eine alte Gewohnheit von ihm, immer erst im letzten Moment die Schiesspflicht zu erfüllen. Der Vater wollte diesmal eines seiner Kinder mitnehmen, warum auch immer. Und so fiel die Auswahl naheliegenderweise auf ein Kind, welches man gefahrlos auf dem Packträger des väterlichen Velos mitnehmen konnte. Obwohl die kleineren Geschwister bei der Mutter bettelten, dass sie mitfahren dürfen, waren sich die Eltern offenbar im vornherein klar, dass das nur der grosse Bub und nicht eines der noch viel zu kleinen Geschwisterchen sein konnte.
So kam ich zu einer rassigen Velofahrt vom Schönauring ins Kleinbühl, denn der Vater fuhr ja immer noch Amateur-Velorennen. Für diese Fahrt hatte er aber seinen «Fuchs» ausgewählt. So nannte er sein mittleres Velo, welches eine hellbraune Farbe hatte und auch schon recht viel Rost, welcher aber hervorragend zur Rahmenfarbe passte. «Fuchs» hiess es sowohl wegen der Rahmenfarbe als auch wegen des Rosts. Auf dem Rücken hatte der Vater seinen Karabiner umgehängt und der störte dann gelegentlich durch seine unruhigen Hin- und Herbewegungen auf dem Rücken des Vaters die ansonsten lustige Velofahrt.
Vor dem Schiessstand traf der Vater zeitgleich ein paar Kollegen und auch diese hatten je ein Kind aus ihrer eigenen Kollektion mitgebracht. So wurden denn die Kinder instruiert, wo sie spielen durften und wo nicht. Das war etwa dort, wo heute der Autoparkplatz beim Schützenhaus liegt. In bester Erinnerung ist noch, dass es einen furchtbaren Krach nach dem anderen gab, wenn die Schützen ihre Karabiner abfeuerten. Das interessierte die Kinder aber kaum, denn einer hatte ein paar hölzerne Spielzeugautos dabei, die er verteilte. So spielten die Kinder mit den Autos und rieben mit den Händen kleine Strassen in den Kiesboden.
Nach etwa einer Stunde oder etwas mehr war der lärmige Teil vorbei und ein paar Väter beschlossen dann irgend etwas und so ging es auf den Velos weiter zu Amaducci, wo eingekehrt wurde. Da es offenbar Mittag war, bestellten die Väter etwas zu Essen und zu Trinken und auch die Kinder, ich eingeschlossen, bekamen ihren Süssmost und nach kurzer Zeit einen Teller voll roter Spaghetti, welche von allen am grossen Tisch mit Heisshunger verzehrt wurden. Die Väter assen dazu auch noch grüne Blätter an saurer Sauce in einem separaten Teller. Dazu tranken sie ein rötliches Getränk, welches ich noch nicht kannte und vom welchem die Kinder nicht trinken durften, obwohl einige bettelten. Erst viel später habe ich realisiert, dass ich Zeitzeuge und Konsument der damals berühmten «Spaghetti alla napoletana» von Amaducci geworden war.
Die Väter schwätzten noch lange Zeit miteinander, während die Kinder von der Serviertochter ein Mikadospiel bekamen, welches sie von den väterlichen Gesprächen ablenkte und so in Anspruch nahm, dass diese endlos und ungestört schwatzen konnten. Irgendwann brach dann die ganze Gesellschaft wieder auf. Man trennte sich und jeder Vater fuhr mit seiner wertvollen Fracht, nämlich je einem Karabiner und einem Kind, wieder nach Hause.