OGS Seebach - Beitrag

Wirz PR-1A (Fesselflugmodell)
Luftfahrt – Modellflug – historisch
Nach dem Misserfolg mit dem Pilatus Porter und der Nichtvollendung des Jetex-35 ruhte der Fesselflug bei mir für gute 5 bis 6 Jahre, da ich in dieser Zeit keine geeignete Bleibe hatte, wo man einen Bastelplatz hätte einrichten können. Erst im Sommer 1970 konnte ich den Bastelplatz wieder einrichten, so wie ich das in meiner Jugendzeit gewohnt war.

Das PR-System

Das PR-System wurde in Seebach entwickelt vom Bruder meines Modellflugkollegen Peter und zwar in den 1950er Jahren. Darunter verstand man den Bau eines spottbilligen Fesselflugmodells, bestehend aus einem Brettlirumpf, einem Seitenleitwerk, einem Flügel und einem Höhenleitwerk. Durch den Kauf eines 1 cm-dicken Balsabrettli mit dem Format 10 cm x 60 oder gar 80 cm baute er 2 Rümpfe. Und aus einer 2 mm dicken Sperrholzscheibe von ca. 16 cm Durchmesser entstanden 4 Seitenleitwerke. Aus den Holzresten der Sperrholzrondelle wurde der Vorderrumpf bei der Motorbefestigung beidseitig verstärkt. Auch das Höhenleitwerk entstand aus dem gleichen Sperrholz. Der Flügel hatte wahlweise ein symmetrisches oder dann ein Clark Y-Profil und bestand aus einem Hauptholm aus Buchenholz, einer Nasenleiste, einer Endleiste und Flügelrippen aus Balsaholz. Ich nannte es fast zeitlebens PR-System, obwohl es korrekterweise JR-System heissen müsste. Mehr darüber siehe dort!

Dieses PR-System übernahm ich von meinem Modellflugkollegen und nannte es nach seinen Initialen. Es entstanden bei mir im Laufe der Jahrzehnte über ein Dutzend dieser im Grundaufbau immer gleichen Modelle. Allerdings erlaubte ich mir, ab und an bei der Flügeltiefe, dem Profil oder bei der Form des Seitenleitwerks vom Vorbild abzuweichen.

Der PR-1A

Der grüne PR-1A war mein erstes Flugmodell nach dieser Leichtbaumethode. Es war mein drittes Modell und hatte wieder einen einfachen, vorne mit 1 mm dickem Sperrholz verstärkten Balsabrettlirumpf. Den Flügel baute ich nach den erhaltenen Vorgaben und Skizzen. Das Profil war ein Clark Y, welches ich als Sperrholzmuster ebenfalls bekam. Langsam fand ich Gefallen an den schnell gebauten unkomplizierten PR-Typen und verzichtete dann endgültig auf den Neuaufbau des Porters. Der bereits fertiggestellte neue Flügel kam nun beim PR-1 zum Einsatz. Es war bereits ein PR-Flügel.

Erneut kam der 2.5 cm³-Taifun Tornado-Motor zum Einbau, doch diesmal wieder mit dem leichteren 30 cm³-Standard-Tank. Die Bespanntechnik aus den 1950er Jahren hat sich bis heute bewährt. Noch heute habe ich immer eine Dose auf Vorrat. Sie scheint ewig produziert zu werden und kann in einem gut assortierten Modellbaugeschäft immer noch gekauft werden. Die grüne Farbe aus der Sprühdose stammte vom Warenhaus Manor, wo die grosse Dose nur die Hälfte kostete als anderswo. In der Flügelmitte empfahl sich noch eine Verstärkung für die Auflage auf dem Brettlirumpf. Das Steuerdreieck habe ich von mir aus massiv verankert in einer Sperrholzhalterung, die sich sehr gut bewährte. Die Erfahrung mit dem Mustang hat es mich gelehrt.

Den Erstflug im Januar 1972 bei Brugg AG machte ich selber. Der Flug verlief ruhig und die Steuerung funktionierte einwandfrei. Nach etwa drei Flugminuten mit viel auf und ab, bekam ich ein gutes Gefühl und pünktlich nach etwa 3 Minuten stellte der Motor wegen Treibstoffmangels ab und das Modell schwebte sehr schön aus und landete sanft auf der Wiese.

Damit man sowohl mit dem Flügel mit symmetrischen Profil als auch mit demjenigen mit Clark Y-Profil fliegen konnte, besass der PR-1A ein kleines Rumpfzwischenstück, sodass der Flügel immer sauber auf dem Rumpfrücken auflag.

Im gleichen Jahr brachte mir Rolf Springer seine beiden ungeöffneten Modellbaukästen mit dem Wunsch, dass ich die Modelle baue, da er dazu nicht die Begabung habe. So kam ich auch zu einem 'eigenen' Meister-Handgriff, den er mit später schenkte.

Der Taifun Tornado

Neben dem Webra Bully war damals der Taifun Tornado mein Lieblingsmotor, wohl deshalb, weil ich mit ihm am meisten Erfahrung hatte, war er doch mein erster Verbrenner überhaupt. Von Christel Streil, wo ich damals das meiste Fesselflugzubehör kaufte, bekam ich den Rat, für den selbst gemischten Treibstoff 30% Petrol, 45% Äther und 25% Rizinusöl zu verwenden. Natürlich hätte sie es lieber gesehen, wenn ich bei ihr den Titan-Treibstoff gekauft hätte, doch sagte ich ihr, dass der für mich zu teuer sei. Nachdem ich dann von zahlreichen anderen Modellfliegern immer wieder andere Mischungsverhältnisse hörte, meinte sie, dass je ein Drittel Äther, Petrol und Rizinus ein brauchbarer Mittelweg sei, bei dem man aber den Motor nicht mit voller Leistung laufen lassen sollte. Für volle Leistung empfahl sie weiterhin die erstgenannt Mischung. Ich benützte danach nur noch das Drittelverhältnis bei etwas reduzierter Leistung und hatte in all den Jahren nie einen Motorschaden.

Ein fataler Absturz

Mit dem Modell PR-1 flog ich mehrere Monate lang ohne jegliche Probleme, bis ich dachte, dass ein Looping drin liegen sollte. So zog ich am Handgriff den oberen Draht zu mir und das Modell begann steil anzusteigen. Da ich aber schon im Lehrlingsalter schnell zu Schwindelgefühlen neigte, wenn die Modelle zu schnell flogen, stellte ich die Motoren nie auf Vollgas ein, sondern einen schönen Tick langsamer, dies aber auch, um den Motor zu schonen. Dies erreichte ich durch Reduzieren der Kompression, sodass sie nicht mehr voll drehten. Offenbar flog ich dieses Mal mit etwas gar zu stark gedrosseltem Motor und so verlor das Modell beim Aufstieg rasch an Fahrt und die Steuerdrähte hingen leicht durch, als es fast über mir war. Daher konnte ich das Modell nicht mehr steuern. Es raste ungebremst in die Wiese, nur etwa 5 Meter von mir entfernt. Die Maschine überlebte den Absturz fast schadlos. Nur der Tank bekam eine kleine Delle und der Flügel erlitt aussen rechts einen Bruch.

Die Longitudinalschwarte

Ich rettete das Flugzeug, indem ich den Flügel bei der Bruchstelle abtrennte und statt mit 80 cm Flügelspannweite nun mit den verbliebenen 55 cm flog. Den Flügelrandbogen konnte ich retten. Wegen dem recht kurzen Flügel bekam der nun PR-1B genannte Fesselflieger den Übernamen Longitudinalschwarte, weil das Modell länger war als breit.

Technische Daten:

Spannweite: 80 cm
Flügeltiefe: 15 cm
Länge: 60 cm
Flügelfläche: 12 dm²
Flächenbelastung: 50 g/dm²
Antrieb: 2.5 cm³ Taifun Tornado
Propeller: Aeronaut 2-Blatt 22.5 x 12 cm
Drehzahl: 16'000 U/min
Flugzeit: 3 min
Tankinhalt: 30 cm³
Treibstoff: Eigenmischung nach Art von Titan D
Gewicht: 600 g

Quellen:
- eigene
- Yan Seckler (Foto)

Fesselflugmodell PR-1A (1962)

Zum PR- bzw. JR-System gehörte auch das Sparen: Hier sieht man den Trick, wie man aus einem Brettli 2 Rümpfe und aus einer Rondelle 4 Seitenleitwerke gewinnt, wie mir das Peter Rüsch schon 1962 beibrachte.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-A)

Das Modell PR-1A mit dem Clark-Y-Flügel vor dem Erstflug im Februar 1972.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-B)

Der PR-1A hier im Einsatz mit dem symmetrischen Flügelprofil.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-C)

Das Modell im Flug in der Gegend von Brugg.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-D)

Hier sieht man den PR-1A nach dem misslungenen Looping. Offenbar schämte ich mich, den zertrüm-merten Flügel zu fotografieren. Zu erkennen ist noch meine Flasche mit dem selbst gemischten Treibstoff vorne sowie jene echte Titandose eines Kollegen.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-E)

Hier sieht man die Einspritz- und Tankflasche von Titan. Bestell-Nr. 1393. Zum Lagern gab es einen separaten, blauen Deckel, damit der Treibstoff nicht verdunsten konnte.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-F)

Dies ist der Verschlussdeckel für die Titan-Spritzflasche.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-G)

Mit einem solchen Taifun Tornado flog ich mein Fesselflugmodell.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-H)

So sah der Standard-Tank Nr. 1343 mit 30 cm³ Inhalt aus.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-I)

Verpackung und Treibstofftank Standard, wie er im PR-1A eingebaut war.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-J)

So sah mein Meister-Handgriff damals aus. Er stammte von Rolf Springer und war eine ewige Leihgabe.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-K)

Die Anbauanleitung für den Fliehkrafttank von J.G. Standard. Die Fesselflugtanks trugen je nach Form und Tankinhalt die Nummern 217, 1312, 1313, 1343, 1344 und 1358.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-L)

Die Gebrauchsanweisung für den Meister-Handgriff hat überlebt. Den Handgriff habe ich an einen Sammler aus Glattbrugg weiter gegeben. Leider. Um 1978 dachte ich noch, dass der Fesselflug vorbei sei.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-M)

Die Gebrauchsanweisung für die Japan-Seide von Robbe.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-N)

Dies ist der 'Spannfix immun' von Graupner. Er diente zum Spannen der Japanseide. Wenn man die Dose gut verschliesst, hält sie sicher 2 Jahrzehnte. Dieses Produkt ist schon lange auf dem Markt und sah über Jahrzehnte immer gleich aus.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-N)

Das Bild zeigt den Aufbau des Flügels mit dem Profil Clark Y, welches mir Peter Rüsch als Sperrholz-Schablone zur Verfügung stellte. Ursprünglich war er für meinen Pilatus Porter gedacht, den ich dann nicht neu baute.

Fesselflugmodell PR-1A (1972-O)

Der winzige Trichter zum Umfüllen von Titan-Treibstoff.

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