OGS Seebach - Beitrag

Wirz PR-3 (Fesselflugmodell)
Luftfahrt – Modellflug – historisch
Entwicklung des Modells

Auch das hellblaue Modell PR-3 aus dem Jahre 1972 fusst auf den Leichtbaumodellen der PR-Serie. Es wich aber doch ein wenig von den anderen Modellen ab, indem es gänzlich andere Randbögen hatte als die PR-1A, PR-1B und PR-2. Das Seitenleitwerk ensprach aber wieder ganz der PR-Bauweise und war vorne gerundet. Es entsprach in der Form einem Viertel eines Kreises. Dies hatte den Vorteil, dass man aus einer runden Sperrholzscheibe vier gleiche Seitenleitwerke herstellen konnte. Es hatte zudem den Vorteil, dass man etwas weniger sägen musste, was sehr willkommen war in den damals sehr ringhörigen Wohnungen. Auch der Brettlirumpf war so gestaltet, dass man aus einem Balsabrettli zwei Rümpfe herstellen konnte. Damals war das Taschengeld fürs Hobby noch so karg bemessen, dass man mit solchen Tricks arbeiten musste. Das ging natürlich nicht als Alleintäter, doch wenn man zu zweit zusammen arbeitete, sparte das Geld.

Der PR-3 war sozusagen mein Sonntagsflugzeug. Ich habe es ganz besonders schön und schon fast übertrieben sauber gebaut. Es war damals mein ganzer Stolz und unterschied sich sehr von meinen andere Modellen, denen man den fleissigen Einsatz und die gelegentlich nötigen Reparaturen infolge unsanfter Landungen schon deutlich ansah. Dementsprechend flog ich diese Maschine sehr sorgfältig und ging keine unnötigen Risiken ein.

Ferner war das Modell erstmals mit einem Enya 15 Mk. II mit 2.5 cm³-Glühzünder-Motor versehen, den ich ebenfalls von Armando Sartori aus St. Gallen erwerben konnte. Dieser Motor war deutlich stärker als die beiden Taifun Tornados und er lief sehr gleichmässig und war auch sehr leicht zu regulieren. Er besass eine mit einer Spiralfeder gesicherte Düsennadel, hatte aber wie alle meine Modellmotoren ebenfalls keinen Schalldämpfer, da ich die Modelle nur weitab von besiedeltem Gebiet fliegen liess. Das Modell wog nur 515 g und hatte ein symmetrischen Flügelprofil, welches für Kunstflug besser geeignet war. Von meinem Modellflugfreund Peter stammte auch die Schablone für das Flügelprofil sowie die Betriebsanleitung für das Starten eines Glühzündermotors aus dem Jahre 1970, welche sich bestens bewährte. Sie hat bis heute überlebt und sei hier nochmals, leicht überarbeitet, erwähnt:

Anlassverfahren für Glühzündermotoren

Prozedur 1

1. Düsennadel schliessen
2. Tank füllen
3. Zündkabelkontakte von Öl befreien und anschliessen
4. Kontrolle, ob Kerze glimmt
5. Düsennadel 2 - 4 Umdrehungen öffnen
6. Propeller 2-3 x langsam durchdrehen und dabei Ansaugstutzen zuhalten. Ist der Kolben im oberen Totpunkt angekommen. so ist der Ansaugstutzen freizugeben.
7. Einen Tropfen Treibstoff auf den Kolben legen
8. Propeller anwerfen
9. 4 - 5 Sekunden nachdem der Motor angesprungen ist, das Zündkabel entfernen
10. Vergasereinstellung nachstellen, bis der Motor rund läuft

Springt der Motor nach 3 - 4 Versuchen nicht an, dann ist er versoffen.

Prozedur 2

1. Düsennadel schliessen
2. Zündkabel wieder anschliessen
3. Motor einige Male kurz anspringen lassen, bis aller Treibstoff im Motor verbrannt ist
4. Prozedur 1 wiederholen ab Position 4

So kompliziert war es damals, einen Glühzündermotor in Schwung zu setzen. Als Starterbatterie diente eine schwere 1.5 V-Batterie von Leclanché, welche so viel Kapazität hatte, dass sie über 10 Jahre durchhielt, auch für andere Bastelzwecke. Sie hatte einen weissen Deckel und war ansonsten knallrot. Die Kontakte waren mit Schraubklemmen versehen, sodass man die einfachen Schlitz- und Ösenstecker verwenden konnte.

Den Treibstoff besorgte ich mir in der Landhus-Apotheke. Er bestand aus Methanol, Nitromethan und Rizinusöl. Dieses besorgte ich Flaschenweise und mischte es zu Hause für den Enya-Glühzünder nach der Formel:

Im Sommer:

55% Methanol
25% Nitromethan
20% Rizinus

Im Winter:

80% Methanol
20% Rizinus

Beim Original Cox-Treibstoff "Cox Thimble-Drome Glow Fuel" lautete das Mischungsverhältnis:

65 % Methanol
15 % Nitromethan
20 % Rizinusöl

Das Nitromethan hat einen leistungssteigernden Effekt, erhöht die Zündwilligkeit und verbessert den Leerlaufbetrieb. Die obigen %-Verhältnisse beziehen sich auf Volumenprozente. Dr. A. Brunner bat mich sehr eindringlich, den Augenkontakt zu vermeiden, andernsfalls müsste ich sofort einen Arzt konsultieren.

Flugbetrieb

Der PR-3 flog recht schnell, ja sogar fast zu schnell für mich, sodass ich den Motor eher mit etwas fetterem Gemisch flog. Das führte zu einer leichten Rauchentwicklung, schadete dem Motor aber nicht und war für mich angenehmer, da mir so nicht so schnell schwindelig wurde.

Das Modell flog viele Jahre lang, auch in den Sümpfen von Rothenturm im Jahre 1977, wo es damals einen geeigneten 'Flugplatz' gab. Als ich das Modell dort flog, näherte sich ein Vauwee Golf-Fahrer, hielt an und schaute meinem leicht rauchenden Modell zu und nach der Landung meinte er, dass ich den Motor zu fett flöge. Ich erklärte ihm den Grund und da sagte er, dass er erfahrener Fesselflugpilot aus Rapperswil sei und dass er gerne mein Modell fliegen würde. Da er sehr vertrauenswürdig war, war ich einverstanden. Er füllte den Tank gekonnt, stellte den Motor nun etwas magerer ein und warf den Motor an und ging zum Handgriff, während ich das Modell mit dem laufenden Motor hielt und auf sein Zeichen zum Start wartete. Dann warf ich das Modell in die Luft. Er zog ein Schau ab, die sich gewaschen hatte. Er flog Loopings und eine liegende Acht, dass es eine Freude war. Nach 2,5 Minuten war der Tank leer und er meinte, dass das Modell sehr gut und präzise flöge. Er gab mir seine Adresse und schiedete sich verab.

Schicksal des Modells

Nur ungern trennte ich mich von diesem Modell im Jahre 1978, denn es stand eine Heirat an mit ganz neu eingerichteter Wohnung und da hatte es keinen Platz mehr zum Basteln. So verkaufte ich das Modell an jenen Mann aus Rapperswil, der es sehr gerne abholte und einen guten Preis bezahlte.

Technische Daten

Spannweite: 76 cm
Flügeltiefe: 16 cm
Flügelfläche: 11.84 dm²
Flächenbelastung: 43.5 g/dm²
Länge: 55 cm
Antrieb: Enya 15 G MK. II mit 2.5 cm³, Glühzünder
Propeller: Top Flite Nylon 22.5 x 18 cm
Drehzahl: 12'400 U/min
Akku: grosse rote Batterie von Leclanché
Flugzeit mit Motor: 2.5 bis 3 Minuten
Gewicht 515 g

Quellen:
- eigene

Fesselflugmodell PR-3 (1972-A)

Eine der wenigen Aufnahmen, wo man den PR-3 noch einigermassen gut erkennen kann. Es ging auch hier nicht ohne Ausschnittvergrösserung.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-B)

Dies ist die einzige Foto des PR-3, wo ich nicht zu vergrössern brauchte.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-C)

Das Bild zeigt den Enya 2.5 cm³-Glühzündermotor, mit welchem ich ausschliesslich das blaue Modell PR-3 betrieb. Der Motor lief einwandfrei und auch sehr vernehmlich, denn das war zu einer Zeit, wo der Schalldämpfer erst wenig benützt wurde.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-D)

Dieser Tropfentank ist ein Nachbau der Firma bfm bei Köln und gleicht fast bis ins Detail jenem der Marke J. G. Standard in den 1960er und 1970er Jahren. Das Original kam im PR-3 zum Einsatz, weil dieser etwas schneller flog.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-E)

So sah mein Meister-Handgriff damals aus. Er stammte von Rolf Springer.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-F)

Mit einer solchen Starterbatterie von Leclanché erfolgten alle meine Motorenstarts mit den Glühzündermotoren Cox Medallion 09 mit 1.5 cm³ und Medallion 15 mit 2.5 cm³ sowie Enya 15 Mk. II mit 2.5 cm³.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-H)

So sah das Verbindungskabel und der Stecker von der Leclanché-Batterie zur Glühkerze aus. Es war jenes der Firma Cox.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-I)

Konstruktionszeichnung des PR-3 vorderer Rumpfteil. Der symmetrische Flügel ist hier ein bisschen 'dick' dargestellt. Aus der Erinnerung heraus war er nämlich etwas 'dünner'.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-J)

Etwa so sah das symmetrische Profil aus, welches ich von Jürgen Rüsch übernahm. Um beim Bespannen mit Japanseide eine möglichst grosse Profiltreue zu erreichen, hätte ich die Flügelrippen mit Rippenauf-leimern versehen sollen, was ich unterliesss.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-K)

Konstruktionszeichnung hintere Rumpfpartie des PR-3.

Fesselflugmodell PR-3 (1972-L)

Diese Anweisung, wie man einen Glühzünder startet, bekam ich von Peter Rüsch und sie hat sich sehr gut bewährt. Ich habe sie im Laufe der Jahre noch etwas verbessert. Siehe im Text!

Fesselflugmodell PR-3 (1972-N)

Hier sieht man einen Top Flite Nylon-Propeller mit den Massen 22.5 x 18 cm, wie ich ihn beim PR-3 verwendet habe.

Fesselflugmodell Wirz PR-3 (1972-M)

So sah die Originalblechkanne mit dem Cox-Nitro-Treibstoff aus.

Themengebiete