OGS Seebach - Beitrag

Das JR-System von 1955-1961
Luftfahrt – Modellflug – historisch
Das JR-System für Silhouettenmodelle

Unter dem JR-System versteht die OGS den einfachen Aufbau eines Fesselflugmodells in der Form eines Silhouettenmodells, welches mit wenig Aufwand und geringen Kosten ab 1954 bis 1961 von einem guten Bekannten von mir im Alter von etwa 16 Jahren entwickelt wurde. Seine Initialen lauten JR, daher die Bezeichnung. JR steht für Jürgen Rüsch aus Zürich-Seebach, der im Flugmodellbau viele gute Ideen hatte und sie gerne an seine Freunde weiter gab. Diese waren damals aber nur in unserem eigenen Bekanntenkreis geläufig. Die Idee des Brettlirumpfs stammte natürlich nicht von JR, sondern wurde von der Firma Johannes Graupner in Kirchheim /Teck schon um 1954 herum propagiert. JR hat diese aber weiter verfeinert und auf Sparsamkeit getrimmt.

Aufbau eines Fesselflugmodells nach JR

- Aus einem 1 cm dicken Balsabrettchen mit dem Format 10 cm x 75 cm baute er 2 Rümpfe.

- Und aus einer runden 2 mm dicken Sperrholzscheibe von ca. 16 cm Durchmesser entstanden 4 Seitenleitwerke.

- Aus den Holzresten der Sperrholzrondelle wurde der Vorderrumpf bei der Motorbefestigung beidseitig verstärkt.

- Auch das Höhenleitwerk entstand aus dem gleichen Sperrholz.

- Das Seitenleitwerk wurde schräg eingebaut, sodass es mithalf, dass das Modell im Fluge nach aussen zog.

- Der Flügel hatte wahlweise ein symmetrisches oder dann ein Clark Y-Profil und bestand aus einer Nasenleiste, einer Endleiste und einer Kieferholzleiste als Hauptholm sowie aus 20 Balsaholz-Flügelrippen.

- Für den Hauptholm benützt man eine Kieferholzleiste, auf welche man die Rippen aufsteckte.

- End- und Mittelrippen wurden fakultativ mit Rippenaufliegern aus 1 mm Sperrholz verstärkt.

- Der Flügel hatte durchgehend das gleiche Profil und die gleiche Tiefe, sodass die Rippen aus 2 mm-Balsazuschnitten hergestellt werden konnten. Dazu wurden die 20 Abschnitte gestapelt. Vorne und hinten kam eine Musterrippe aus Alu oder Sperrholz dazu. Sie diente als Matritze. Der Stapel wurde mit zwei Bohrungen versehen, durch welche man je eine dünne Gewindestange steckte und mit Unterlagscheiben und Schrauben fixierte. Nun konnte man vorsichtig beginnen, die Sperrholzplättchen durch feilen auf das Mass der Matritze abzuschleifen. Diese Arbeit erforderte etwas Feingefühl und Geduld. Nach einer Stunde waren so aber 20 völlig identische Rippen hergestellt. Nun folgte noch das Aussägen und sauber e Ausschleifen des Spalts, damit die Rippen auf die Kieferleiste gesteckt werden konnten.

- Weitere Verstärkungen aus Sperrholz gab es unter dem Mittelflügel.

- Der Umlenkhebel (Steuerdreieck) wurde im Rumpf eingebaut und in einem 7 mm-Schlitz im Schwerpunkt verschraubt.

- Die Flügelbefestigung erfolgte mit 2 Zapfen und dicken, gekreuzten .
Gummiringen.

- Die Scharniere für das Höhenruder waren aus Gazestreifen und wurden auf das Holz geleimt. Sie wogen nichts und hielten ewig.

- Der Flügel wurde mit Japanseide mittels Glutofix-Kleister vorgespannt und nach dem Trocknen mit Spannfix nachgespannt.

- Das ganze Modell wurde mit Lack bestrichen, denn Spühdosen gab es noch nicht.

- Die beiden Steuerdrähte wurden vom Steuersegment unter dem Flügel zu den Ösen am Aussenrand geführt. Der Steuerdraht zum Höhenruder war etwas stärker dimensioniert und wurde dem Rumpf entlang zum Steuerhorn geführt, allenfalls über Ösenschrauben.

- Zum JR-System gehörte es auch, dass man von allen benützten Flügelprofilen eine Schablone erstellte, damit man bei Bruch rasch und unkompliziert einen neuen Flügel bauen konnte. Dazu zeichnete man das Profil auf ein Blatt kariertes Papier, schnitt es aus und klebte es auf ein 5 cm dickes Sperrholzreststück und sägte es sorgfältig aus. Fertig war die Schablone. Von dieser Urschablone erstellte man zwei Kopien und versah sie mit zwei 2 mm-Bohrungen. Die Kopien dienten dann zur Herstellung der Balsaholzrippen, indem man zwischen sie die benötigete Anzahl Balsaholzzuschnitte legte und zwei ca 10 cm langen Gewindestangen hinduch steckte und verschraubte. Dank konnte man beginnen, mit der Feile die Balsaholzzuschnitte so lange zu schleifen, bis sie exakt mit den beiden Schablonenkopien übereinstimmten. Vorteil dieser Methode: Es gab keinen Bruch und alle Rippen hatte genau die gleiche Form.

Damit ist der Aufbau eines Fesselflugmodells nach dem JR-System bereits fertig beschrieben. Der Rohbau eines solchen Modells wog bei 80 cm Spannweite, 15 cm Flügeltiefe und 80 cm Rumpflänge ca. 320 g. Es gab auch eine Version mit einer Rumpflänge von 60 cm und einem Flügel von 12.5 cm Tiefe. Mit Motor, Tank, Steuerdrähten und -hebeln summierte sich das dann vollgetankt auf ca. 550 g und ergab ein sehr robustes Modell.

Dieses JR-System benützten damals viele Modellbauer in Seebach. Jetzt versteht man mit einem Mal, warum man das Holz so einkaufte, dass man daraus mehrere Modelle bauen konnte. Jetzt versteht man auch, warum die Seitenleitwerke bei meinen Modellflugfreunden fast immer die Form einer Viertelrondelle hatten und warum nicht alle Modellbauer einen eigenen Meister-Handgriff und noch längere Zeit keine eigenen Dieselmotoren besassen. Man teilte sich die teuren Bauteile.

Das JR-System ist nicht veraltet oder ausser Gebrauch. Bei mir wird es immer noch angewandt, wenn ich ein Fesselflugmodell baue.

Quellen;
- OGS-eigene

Das JR-System (1955)

So sah die sparsame Verwendung des damals noch teuren Balsaholzes aus: Ein Brettlie ergab zwei Rümpfe! Eine Sperrholzrondelle 4 Seitenleitwerke.

Das JR-System (1956)

Hier sieht man eines der beiden von Jürgen Rüsch schon früh benützten Flügelprofile: Das Clark-Y. Es ist eine Originalzeichnung, die ich von seinem Bruder Peter 1961 für meine Fesselflugmodelle bekam und die bis heute überlebt hat.

Das JR-System (1957)

Hier sieht man das Originalprofil eines verschlankten Clak-Y-Profils von Jürgen Rüsch, welches ich von seinem Bruder 1962 erhielt. Es hat ein meinen Unterlagen bis heute überlebt.

Das JR-System (1957)

Etwa so sah das symmetrische Profil aus, welches Jürgen Rüsch benützte. Um beim Bespannen mit Japanseide eine möglichst grosse Profiltreue zu erreichen, besassen alle Flügelrippen einen Rippenaufleimer aus dünnem Sperrholz.

Das JR-System (1970)

1970 übermittelte mir Peter per Telefon die uralte von seinem Bruder Jürgen stammende Gebrauchsanleitung, wie man einen Glühzünder startet. Sie war damals Teil des JR-Systems.

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