Über den Schweizer Helikopterkonstrukteur Hans Berger gibt es im Internet mehrere Berichte, der fundierteste liefert Mario Bazzani vom Heli-Archiv. Er hat mir die Erlaubnis erteilt, dass ich seine Angaben und Fotos in diesem Beitrag mitbenützen darf. Bazzanis Infos in seinem Archiv sind naheliegenderweise schwergewichig technischer Natur, während die übrigen Informationen eher allgemein gehalten werden. Jene in Wikipedia und in den übrigen zugänglichen Quellen halten es alle ähnlich: Kurz und technisch.
Der nachfolgende Lebenslauf des Hans Bergers greift hier etwas in sein übriges Leben und Wirken hinein und bringt uns auch den Menschen Hans Berger etwas näher. Da aber sein Leben über 110 Jahre zurück reicht, ist es nicht mehr möglich, sein gesamtes Leben detailliert zu erzählen. Ich wiedergebe hier alles, was ich in Erfahrung bringen konnte und hatte wie bei Heidi Berger, seiner Tochter, das Glück, dass der gleiche überlebende Verwandte, nämlich Werner Broger, Cousin von Heidi, mir noch viele weitere Einzelheiten liefern konnte und sich sehr daran interessiert zeigte, dass auch dieser Beitrag in der OGS-Seebach publiziert wird. Als sein nächster überlebender Verwandter hat er mich dazu ermächtigt, vor allem auch, weil so endlich das Lebenswerk des Hans Bergers noch etwas besser gewürdigt werden kann. Werner Broger wohnte die letzten Jahre ganz in seiner Nähe und die beiden haben sich auch immer wieder gegenseitig besucht. Zusammen mit Werner Broger werde ich nun den vorliegenden Lebenslauf des Hans Bergers weiterhin laufend verbessern, wenn Leser uns noch weitere Hinweise liefern oder auf Fehler aufmerksam machen. Dafür sind wir allen Helfern dankbar. Ich werde dabei vor allem auch das weitere Nachforschen erledigen und Werner Broger wird sich vor allem auf das Erinnern konzentrieren und mir gut auf die Finger schauen. In der Anfangszeit wird es wohl noch laufend gewisse Änderungen und Verbesserungen am Text geben.
Da ich als Flugzeugtypensammler Hans Bergers Wirken schon seit 1960 gut verfolgte, kannte ich alle seine Flugzeuygtypen einigermassen, wobei ich mich erinnere, dass ich für seine Helikopterprojekte erst ab 1964 einen eigenen Sammelumschlag anlegte und da ich aus Platzgründen wegen Heirat meine Sammlung 1981 an Eduard Stocker weitergab, sind meine Bilder und Berichte über die Berger-Helikopter heute in dessen Sammlung untergebracht. Da Eduard Stocker 2016 leider verstorben ist, hat seine Frau seine Sammlung an das Verkehrshaus in Luzern weitergegeben. Stockers Flugzeugtypensammlung ist mit Sicherheit die grösste im Lande und weil er schon um 1940 herum zu sammeln begann, reicht sie auch zeitlich weit zurück. Wenn es hierzulande noch Unterlagen über alle Helikopter des Hans Bergers gibt, dann ist seine Sammlung sicher die erste Anlaufstelle. Ich werde daher noch im März 2023 nach Luzern fahren und schauen, welche weiteren Informationen noch zu finden sind.
Der Beitrag wurde letztmals nachgeführt am 31.1.2023
Lebenslauf von Hans Berger
Hans Berger kam im Jahr 1912 in Gstaad, Kanton Bern zur Welt. Er war Bürger von Langnau i. E. BE. Seine Eltern zogen nach ein paar Jahren von Gstaad BE in den Kanton Thurgau, sodass er dort den grössten Teil seiner Jugend verbrachte. Noch ist unbekannt, wann dieser Umzug erfolgte und ebenso, wo sie anfänglich im Thurgau lebten. Es ist überliefert, dass Hans Berger schon in jungen Jahren begann, Motorrad zu fahren und auch an lokalen Rennen teilgenommen hat. Er fuhr ab 1930 über viele Jahre hinweg Motorräder, doch welches Modell es war, ist noch nicht bekannt. Werner Broger erinnert sich lediglich, dass ihm Hans Berger auch einmal erzählte, an einem Klausenpassrennen teilgenommen zu haben. Da Werner Broger aber erst 1951 zur Welt kam, war das also sehr viel später. Sie haben aber einmal zummen in einem offenen Sportwagen den Klausenpass befahren. Das müsste in den 1970er Jahren gewesen sein. Erst jetzt fuhr Hans Berger besonders gerne eine Ducati.
Da man für die Klausenpassrennen 18 Jahre alt sein und den Führerausweis besitzen musste, konnte Hans Berger frühestens 1931 teilgenommen haben. In welchem Jahr es war, wusste Werner Broger nicht mehr. Die Rennen fanden nur bis 1934 statt, doch findet man im Internet keine Teilnehmerlisten, sondern nur die Nennung der Sieger in den einzelnen Kategorien. Da wurde Hans Berger nirgends aufgeführt. Das ist allerdings auch nicht erstaunlich, denn er war noch sehr jung und unter den Teilnehmern gab es eine grosse Zahl sehr erfahrener und erfolgreicher Fahrer mit guten Rennmaschinen, auch aus dem Ausland, die ihm alle mit Sicherheit davon fuhren. Hans Berger war ein sehr vorsichtiger Rennfahrer und hatte in all den Jahren nie einen nennenswerten Unfall. Kleine Ausrutscher sind da natürlich nicht mitgezählt, denn damals waren die Strassen nur selten geteert.
Umstellung auf den Beruf des Auto- und Motorradmechanikers
Nach Beendigung seiner Schulpflicht und einer kurzen Periode als Landwirt, entschied Hans, seinen Beruf zu wechseln und machte eine Ausbildung als Automechaniker. Das könnte aber erst von 1932 an aufwärts gewesen sein. Er reparierte zuerst nur Autos und Motorräder. Er blieb aber im Kanton Thurgau wohnhaft und zog zu einem noch nicht bekannten Zeitpunkt nach Amriswil. Ziemlich sicher war es ebenfalls in den 1930er Jahren. Dies alles bestätigt, dass Mario Bazzani vom Heli-Archiv durchaus richtig lag, wenn er schrieb, dass Hans Berger im Kanton Thurgau aufgewachsen sei.
Segelflugbrevet
Schon im Jahre 1935 absolvierte er einen Segelflugkurs und schloss mit dem Brevet ab. Fortan war er nun noch stärker auch an der Luftfahrt und nicht nur an Autos und Motorrädern interessiert. Über seine segelfliegerische Tätigkeit findet man im Internet allerdings nichts. Vermutlich hat er dieses Hobby wegen dem 2. Weltkrieg bald wieder aufgegeben.
Heirat mit Huldi Hohermuth
Hans Berger lernte zu einem noch nicht genau bestimmten Zeitpunkt seine Huldi Hohermuth kennen, die er noch in den 1930er Jahren heiratete. Das Paar bekam zwei Kinder: Den René am 16.10.1939 und das Heidi am 1.12.1941. Von René ist noch nicht bestätigt, wo seine Geburt erfolgte, bei Heidi war es das Kantonsspital St. Gallen. Was Hans Berger von 1938 bis 1947 tat und wo die noch junge Familie anfänglich lebte, ist noch nicht bekannt, doch scheint es wahrscheinlich Amriswil gewesen zu sein. Nach Heidis Geburt also ab Ende 1941 gibt es eine Informationslücke bis 1947.
LKW-Garage in Birsfelden BL
Erst für 1947 findet man wieder Infos über ihn. Damals betrieb Hans Berger eine LKW-Garage eingangs Birsfelden bei Basel. Das schrieb sein Sohn René in einem Beitrag in der Tatra-TRS. Da sich René beim Niederschreiben seines Kurzlebenslaufs für seine Tatra-Freunde nicht weiter zurückerinnern konnte, bleibt vorerst offen, seit wann er die Garage in Birsfelden BL betrieb. Allerdings blieb er nicht allzulange in Birsfelden.
Umbau eines LKWs zu einem Rennwagen
Noch in Birsfelden hat er einen 15-Tonnen-Lastwagen mit 6-Zylinder-Diesel-Motor so umgebaut, dass er später damit auf dem Flugplatz von Saanen-Gstaad eine Höchstgeschwindigkeit von 129 km/h erreichte. Die Fahrt fand allerdings erst im Jahre 1950 statt. Quelle dieser Info: «http://www.license-plates.ch/ch-hersteller.htm» unter dem Titel: Einige der bekanntesten Carrosserie-Werkstätten der Schweiz. Warum er den Lastwagen aber erst 1950 testete, ist noch schleierhaft, denn spätestens ab Herbst 1947 zog er nach Gstaad BE.
Es könnte daher auch sein, dass der Renn-LKW noch eine angefangene Arbeit von Hans Berger in Birsfelden war, die von seinem Nachfolger der LKW-Garage erst 1950 vollendet und von Hans Berger dann auf dem Flugplatz in Saanen-Gstaad getestet wurde. Näheres darüber findet sich nirgends mehr.
Rückkehr ins Berner Oberland
Hans Berger zog aus einem noch nicht bekannten Grund in der zweiten Jahreshälfte von 1947 zurück nach Gstaad BE, wo er weiterhin eine Autowerkstätte betrieb, allerdins nicht mehr für Lastwagen, sondern nunmehr für Autos und Motorräder. Doch zusätzlich kamen nach und nach auch Wartungsarbeiten an Flugzeugen auf dem nahen Flugplatz Saanen dazu.
1. Kinderrennwagen mit Raketenmotor "Young Switzerland"
Trotz seinen vielen beruflichen Engagements fand Hans Berger immer noch genügend Freizeit, um für seine grösser werdende Tochter Heidi einen raketengetriebenen (!) Kinderrennwagen zu bauen. Die Entwicklung begann bereits 1947, als er noch eine LKW-Garage in Birsfelden BL betrieb. Diesen Hinweis fand ich indirekt in den Memoiren von René Berger. Der Kinderrennwagen hiess «Young Switzerland» und er wird unter http://www.license-plates.ch/ch-hersteller.htm auch fotografisch festgehalten. Leider ist aber dem Betreiber dieser Website eine kleine Verwechslung unterlaufen, denn es handelte sich bei dem von ihm gezeigten Rennwagen nicht um den "Meteor", sondern um den "Young Switzerland"!. Dort steht immerhin unzweifelhaft, dass die Bergers 1948 in Gstaad BE wohnten.
Hans Berger entwickelte das Raketentriebwerk in seiner Werkstätte und testete es auf dem Vorhof mehrmals, bis er sicher war, dass der Antrieb zuverlässig funktionierte. Heidi war 6½ Jahre alt, als sie diesen Wagen auf dem Flugplatz von Saanen BE erstmals fahren durfte. Damit gehörten die Bergers zu den sehr frühen privaten Mitbenützern dieses Flugplatzes, denn bis 1946 war er ausschliesslich militärisch belegt.
Den Flugplatz Saanen wählte Hans Berger deshalb für die Testfahrten aus, weil er erstens selbst im Nachbardorf Gstaad BE wohnte und weil er noch 1947 von Birsfelden BL nach Gstaad BE zurückkehrte und zweitens, weil er mit den Flugbegeisterten von Saanen und Gstaad und Umgebung als Segelflieger und als Privatpilot gute Kontakte pflegte. Er stellte sich auch als Mechaniker für die dort stationierten Privatflugzeuge zur Verfügung. So war es für ihn problemlos möglich, für seine Versuche mit dem Raketenwagen genügend Helfer aufzutreiben.
Solche brauchte er anfänglich, um die erreichte Geschwindigkeit des Kinderrennwagens zu messen, die Feuerlöscher betriebsbereit zu halten und ganz allgemein, um die Sicherheit für seine Tochter und die wenigen Zuschauer zu gewährleisten. Diese Testfahrten erfolgten selbstverständlich erst, nachdem der Flugbetrieb auf dem Flugplatz am Abend eingestellt wurde. Hans Berger besass aus Sicherheitsgründen nur eine kleine Anzahl Raketen-Treibsätze unterschiedlichen Gewichts bei sich. Für die ersten Testfahrten lud er das Raketentriebwerk mit einem kleinen Treibsatz, welcher nur 2 - 3 Sekunden lang brannte, bis sich Heidi an die Beschleunigung gewöhnt hatte. Als er erkannte, dass der Raketenantrieb auch im fahrenden Auto technisch einwandfrei funktionierte und Heidi mit dem Fahren sehr gut zurechtkam, setzte er die längeren und schwereren Treibsätze ein, die länger brannten.
Der etwas über 40 kg schwere Wagen war knapp einen Meter breit und zwei Meter lang. Er beschleunigte mit dem grössten Treibsatz massvoll innert etwa 8 Sekunden auf eine maximale Geschwindigkeit von 51.4 km/h. Das Triebwerk lieferte ca. 12 Kilo Schub, sodass Heidi mit dem Gefährt ziemlich gefahrlos fahren konnte. Da Heidi damals etwas über 20 kg wog, kann jeder Mathematiker nun nachprüfen, ob diese Angaben einigermassen stimmen.
Später liess Hans Berger den Raketenwagen mit Heidi am Steuer noch mehrmals auch ohne die anfänglichen Helfer fahren. Die geeigneten Sicherheitsmassnahmen hat er aber im erforderlichen Rahmen zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn René stets eingehalten und immer in Absprache mit dem Flugplatzchef. Es hat mit allen drei Varianten des Kinderrennwagens nie einen Zwischenfall gegeben und auch Heidi hatte nie Probleme mit dem Wagen. Als Heidi dann so um 12 Jahre alt war, wurde der Kinderrennwagen definitiv zu eng für sie und so blieb das Gefährt ab 1953 wohlgehütet in Hans Bergers Werkstatt auf einem Gestell.
Noch nicht bestätigt sind die Wohnorte der Bergers zwischen 1941 und 1947, doch sind Amriswil TG für 1938, Birsfelden BL für 1947, Gstaad BE ab 1947, Zürich ab 1955 eindeutig gesichert. Sein Einsatz beim Internationalen Rundstreckenrennen von Erlen «Preis der Ostschweiz» passt nicht so richtig ins Bild, doch seine intensive Tätigkeit in Gstaad BE lässt vermuten, dass er im Thurgau nur die Rennen besuchte. Mario Bazzani schreibt im Kurzlebenslauf von Hans Berger zwar, dass er im Thurgau aufgewachsen sei. Das trifft für die Zeit von etwa 1918 bis 1941 mit Sicherheit zu. Sein Aufenthalt im Thurgau endete wohl in Amriswil. Sein Sohn René schrieb, dass sie seit 1955 in Zürich wohnten und dass er sich an nichts mehr zurückerinnern könne, das vor 1947 läge. Es kann vermutet werden, dass er als Autohändler, Garagist, Mechaniker und Restaurator alter Autos und Motorräder nicht nur in Birsfelden eine Autogarage oder eine mechanische Werkstätte betrieb. Weitere Details dazu fehlen allerdings noch, da ich bis heute noch nicht herausfinden konnte, wo er seine Werkstätte nach seinem Wegzug in Gstaad betrieb.
Auch 'der Spiegel' berichtete am 14.1.1949 über die Testfahrten mit dem Kinderrennwagen und liess seine Leser mitdiskutieren. In seiner Ausgabe 3/1949 schrieb er: "Hans Berger, ein Schweizer Konstrukteur aus Gstaad, baute in aller Stille das erste Düsenauto der Welt in Miniaturausgabe. Es ist zwei Meter lang und einen Meter breit. Berger nannte das Auto 'Young Switzerland' und lässt seine kleine Tochter mit 60 km/h darin Probefahren." Über die Reaktionen der Leser findet man leider nichts, da diese Nachricht erst viel späterund ohne Kommentare ins Internet gelangte.
Am Genfer Automobilsalon von 1950 hat er dieses Raketentriebwerk und seinen weiter entwickelten Kinderrennwagen "Berger Meteor" der Öffentlichkeit erstmals vorgeführt, allerdings nur rein statisch und anstelle eines Raketentreibsatzes benützte er einen ausgebrannten Treibsatz, um zu zeigen, wie das Raketentriebwerk geladen wurde. Er zeigte den Zuschauern auch Fotos des Gefährtes mit weisslich rauchendem Motor, als es von Heidi in Saanen gefahren wurde. Da auch US-amerikanische Zeitungsberichterstatter zugegen waren, wurde selbst in den USA in mehreren Tageszeitungen darüber berichtet und der Kinderrennwagen des Hans Bergers blieb dann für ein paar Tage lang das Tagesgespräch.
Vermutlich weil Saanen-Gstaad direkt an der Sprachgrenze lag, wurde der erste Rennwagen französisch beschriftet mit «Moteur à réaction, Berger», am ehesten wohl, weil der Schriftenmaler aus der nahen Romandie stammte. Einen anderen Grund kann es kaum gegeben haben, denn das Modell, welches er in Genf vorführte, war ein anderes. Das einzige überlebende Foto vom Ursprungsmodell "Young Switzerland" zeigt den Rennwagen mit der erst 6½ Jahre alten Heidi 1947 mit der französischen Beschriftung.
Dies führte dann dazu, dass die Presse 'Moteur à réaction' mit «Düsentriebwerk» ins Deutsche übersetzte. Besser wäre aber gewesen: Raketentriebwerk, denn so kleine Düsentriebwerke gab es damals noch gar nicht. Über dieses Triebwerk und den Kinderrennwagen habe ich unter dem Suchbegriff "Berger Rocket Powered Car 1948" der Homepage des Lane Motor Museum in Nashville, Tennessee, USA, drei Fotos des "Berger Meteors" gefunden, zusammen mit dem Hinweis, dass dieser Wagen später statt eines Raketentriebwerks einen kleinen Motorradmotor erhielt. Das dürfte etwa um 1951 gewesen sein, denn 1950 hatte er eindeutig noch den Raketenmotor eingebaut, das ist belegt durch seine Präsentation am Automobilsalon.
Die Raketentreibsätze
Die Treibsätze liess Hans Berger in einer Schweizer Feuerwerksfabrik nach Mass herstellen und sie bestanden nicht aus exotischen Brennstoffen, sondern aus ganz gewöhnlichem Schwarzpulver, bestehend aus Schwefel, Holzkohle und Kalisalpeter, welche von einer dicken Kartonpackung umhüllt waren. Diesem Schwarzpulver wurden auch keine funkenerzeugende Stoffe wie Eisen- oder Aluspäne oder Stoffe beigefügt, welche ein Knistern erzeugen. Die Zündung des Treibsatzes erfolgte anfänglich über eine Zündschnur, die hinten aus dem Schubrohr herausragte, also nicht anders als beim Feuerwerk in der Neujahrsnacht.
Obwohl es damals noch keine strengen Vorschriften für den Umgang mit pyrotechnischem Material gab, hat Hans Berger beim Transport und bei der Lagerung der Treibsätze grosse Vorsicht walten lassen und diese erst kurz vor den Testfahrten in der Fabrik abgeholt und sie stets alle so bald wie möglich aufgebraucht. In seiner Garage hat er aus Sicherheitsgründen keine Treibsätze gelagert, da dort nicht selten auch geschweisst wurde. Einzig bei den ersten Tests des Raketentriebwerks hat er ein paar Treibsätze mit zur Garage genommen, doch danach nie mehr. Als Lieferant für die Raketentreibsätze käme möglicherweise die Feuerwerkfabrik in Oberried am Brienzersee BE infrage, doch ist das vorerst eine reine Vermutung. Sie wäre nur etwa 80 km von seinem damaligen Wohnort entfernt gewesen.
Der Ablauf der Testfahrten
Heidi Berger hatte im "Young Switzerland" ein Gesamtgewicht von etwa 65 kg zu beschleunigen und das mit einem Raketenmotor, der 12 kg Schub hatte. Das ergab ein Schub-Gewichts-Verhältnis von 1:5.417. Zum Vergleich: Ein De Havilland Vampire hatte ein solches von 1:4.355. Ihr Gefährt beschleunigte also etwas langsamer als ein Vampire. Oder ein Vergleich mit heute: Eine Boeing 777-300 hat ein Abfluggewicht von 300 t und einen Schub von 81.2 t. Hier beträgt das Schub-Gewichtsverhältnis 1: 3.695. Wenn Sie also mit einem solchen Flieger starten, dann beschleunigt der deutlich stärker als Heidis Rennwagen. Nach 8 Sekunden war der Treibsatz ausgebrannt. Sie erreichte eine Geschwindigkeit von rund 50 km/h und musste nun ihren Wagen mit sanftem Bremsen wieder zum Stillstand bringen. Sowohl beim Beschleunigen wie auch beim Abbremsen musste sie darauf achten, dass sie immer schön in der Pistenmitte blieb. Die Piste hatte damals eine Länge von nur 900 Metern. Spätestens dann musste sie den Wagen wieder zum Stillstand gebracht haben. Die Bescheunigungskräfte lagen also deutlich unter 1 g und stellten keine hohen Anforderungen. Es sei aber nochmals in Erinnerung gerufen, dass Heidi damals eine Kindergatenschülerin war!
2. Kinderrennwagen mit Raketenmotor "Berger Meteor"
Wie ich bereits erwähnte, hat Hans Berger schon nach kurzer Zeit eine Weiterentwicklung namens "Berger Meteor"gebaut, die noch 1948 fertiggestellt wurde und zwar deshalb, weil er mit den Resultaten des "Young Switzerland" nicht ganz zufrieden war. Der neue Rennwagen sah nun völlig anders aus als der Vorgänger. Grund für die Weiterentwicklung war, dass Hans Berger sich Sorgen machte, dass sich die Bremsen überhitzen könnten. Daher beschloss er, eine neue Karosserie zu entwickeln, welche vorne offene Räder hatte, während die hinteren Räder und Bremsen durch zwei grosse seitliche Lufthutzen fahrtwindgekühlt wurden. Zudem war er überzeugt, dass Heidi auch mit einem etwas schelleren Wagen zurecht käme. Hans Berger hat dann alle Einbauten samt Raketenmotor vom "Young Switzerland" in den neuen Wagen "Berger Meter" eingebaut, sodass vom alten Wagen nur noch die Carosserie übrig blieb, welche er in seinem Lager aufbewahrte. Alle diese Angaben las ich in Zeitungs- und Zeitschriften-Artikeln in den 1960er Jahren und habe sie mit den aktuellen Informationen zum "Berger Meteor" des Lane Motor Museums ergänzt. Ausserdem hiess es in einer Aero-Revue-Ausgabe auch, dass er mit dem Neubau Testfahrten in der Nähe von Lausanne machen wollte. Das war wahrscheinlich eine Fehlmeldung, denn er hat die Neuentwicklung ebenfalls in Gstaad in seiner Werkstätte gebaut und danach mit Heidi am Steuer auf dem Flugplatz von Saanen getestet.
Einzelheiten zum Raketenmotor
Der neue Raketenrennwagen hatte den gleichen Antrieb. Die Messungen ergaben dann, dass die neue Karosserie die Höchstgeschwindigkeit lediglich auf 56.3 km/h erhöhte, also keine nennenswert höhere Geschwindigkeit erbrachte. Hingegen ging das Bremsen nun deutlich besser. Was den Raketenmotor betrifft: Diese Bezeichnung ist etwas irreführend, denn der 'Motor' bestand nur aus einem eisernen, bestenfalls aus einer stählernen Umfassung, einer Art Kapsel in welche der Raketentreibsatz, den er fertig konfektioniert kaufte, hineinschob. Es waren aber Sonderanfertigungen ausschliesslich für ihn. Hans Berger musste beim Starten des Prototyps "Young Switzerland" noch eine Zündschnur anzünden, beim "Meteor" hingegen konnte Heidi die Zündung selber elektrisch auslösen. Zur Sicherheit waren dazu zwei Schalter nötig: Strom ein/aus und Start auslösen. Letzterer war gegen versehentliches Auslösen zusätzlich mit einem Deckel geschützt. Leider besitze ich keinerlei weiteren Erinnerung mehr, wie die Zündung damals aufgebaut war. Ich habe aber das Aussehen des 'Raketenmotors' noch in meinem Gedächtnis. Ich habe daher von diesem 'Raketenmotor' einen Bauplan rekonstruiert. Diesen werde ich noch im Frühjahr 2023 nebenan zeigen. Auch der Bau eines Dummys aus Holz ist bereits vollendet. Meine noch vorhandenen Notizen besagen, dasss der Originalmotor einen Düsendurchmesser von 12.8 cm hatte, die Länge 33.8 cm, und die Treibsätze, die man von hinten in das Stahlrohr einschob, 8.6 cm Durchmesser hatten und 22.2 cm lang waren. Der Treibsatz wog etwa 1.3 kg, vieleicht auch etwas mehr und das Gesamtgewicht des startbereiten Triebwerks betrug um 3.5 - 4 kg. Das Schubrohr des Raketengehäuses war einige Grad nach oben gerichtet, sodass der brennende Raketenmotor beim Start dank dem Nickmoment mithalf, den Grip der Hinterräder zu erhöhen, um ein Schlingern zu vermeiden.
Umbau des "Berger Meteors" auf einen Motorradmotor
Der Nachteil des Raketenmotors war, dass das Triebwerk, wenn es einmal gezündet war, nicht gedrosselt, reguliert oder abgeschaltet werden konnte. Heidi war es, die ihren Vater animierte, den "Meteor" mit einem zweckmässigeren Motor auszurüsten, damit sie damit nicht nur kurze Beschleunigungentests machen, sondern auch ein wenig auf der Piste herumfräsen konnte. Daher hat Hans Berger den Raketenmotor im Jahr 1951 aus Zweckmässigkeitsgründen gegen einen kleinen Motorradmotor ausgetauscht, mit welchen Heidi das Gas beliebig steuern konnte. Gesichert ist es noch nicht, aber ich gehe davon aus, dass er auf den Einbau eines Getriebes verzichtet hat, sodass der Rennwagen dann ganz ähnlich wie ein Kart gestartet und gefahren werden konnte, vermutlich mit der gleichen Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h.
Die Öffnung für das Schubrohr des Raketenmotors liess Hans Berger offen, auch wenn sie nicht mehr benötigt wurde. Leider ist der alte 'Raketenmotor', der dieses Auto ursprünglich antrieb, verloren gegangen. Doch der ursprüngliche Prototyp "Young Switzerland" ging nicht verloren, denn diesen Rennwagen hat Hans Berger zwar völlig ausgeweidet, um die meisten Teile im Meteor weiterzuverwenden, wie etwa das Steuerrad, der Sitz, die Pedalerie, die Bremsen usw. Den ausgeweideten Wagen hat er aber nicht abgewrackt und ins Alteisen gegeben, sondern bis 1969 aufbewahrt. Sowohl der "Young Switzerland" wie auch der 'Berger Meteor' hat er 1969 vor seiner Abreise in das Tessin seinem Sohn René zur Aufbewahrung übergeben. Erst als René Berger 1999 seine Auswanderung nach Tschechien plante, hat dieser die beiden Kinderrennwagen nach Amerika an Jeff Lanes Motor Museum verkauft. Allerdings erfuhren die Rennwagen keine weitere Pflege mehr. Sie wurden lediglich gelagert und litten in diesen 46 Jahren 'ein wenig' am Zahn der Zeit. Im Laufe der Jahre ging das rechte Vorderrad des Meteors verloren und auch die Pneus verrotteten. Beim "Young Switzerland" blieb ausser der Karosserie nicht mehr viel übrig. Die nicht mehr ganz neuwertigen Zustände der Rennwagen ist mit Sicherheit nicht auf Unfälle von Heidi zurückzuführen, sondern allein auf die Vernachlässigung der späteren Pflege. Für René Berger war es vermutlich nicht vordringlich, die beiden Wagen für viel Geld fachmännisch einzumotten.
Das Schicksal des Kinderrennwagens
Der "Meteor" mit dem Motorradmotor wurde noch bis etwa 1953 gelegentlich von Heidi gefahren, allerdings nicht bei Rennen, denn für diesen Fahrzeugtyp gab es damals gar keine Rennkategorie, da er ein Einzelstück war. Nach 1953 blieben beide Rennwagen noch bis 1969 in väterlicher Obhut. Als Hans Berger 1969 in das Tessin umzog, gelangten sie in die Obhut von René Berger, der vermutlich schon um 1980 herum seine eigene Garage eröffnete. Das blieb so, bis er beide Wagen im Jahr 1999 an Jeff Lane in Nashville, Tennessee, verkaufte und den Erlös mit Heidi teilte. Das war in jenem Jahr, als er seine Autogarage in Fällanden ZH schloss, seine schönen Tatras verkaufte und mit seiner Frau Jana nach Tschechien auswanderte. Da werde ich beim Kurator des Lane Motor Museums, Herrn Derek Moore, noch nachfragen, wie die Übergabe genau ablief. Ich vermute, dass der Verkauf brieflich und telefonisch erfolgte und der Versand zusammen mit dem Tatra 1-603 durch eine international tätige Speditionsfirma erfolgte.
Erwerb des Privatpilotenbrevets
Ebenfalls noch 1947 erwarb Hans Berger das Privatpiloten-Brevet, indem er bei einem Fluglehrer in Saanen Flugstunden nahm danach die Prüfung bestand. Das hat er offenbar in kürzester Zeit zustande gebracht und erst noch in einer Jahreszeit, wo es damals schon früh schneite, denn der Flugplatz liegt auf rund 1000 m.ü.M.
Gründung des Aero-Clubs Saanen-Gstaad
Hans Berger gilt auch als Initiator der Gründung dieses Aero-Clubs. Ob er weiterhin auch den Segelflug betrieb, wird nirgends erwähnt, denn seit er das Brevet 1935 erwarb, findet sich nie ein Hinweis dazu. Sportflugzeuge soll er hingegen ab 1948 eine zeitlang geflogen sein, vermutlich bis etwa 1954. Mit der Gründung des Aero-Clubs verfolgte er aber eher das Ziel, Zugang zu den zahlreichen Motorflugzeugen zu bekommen, welche in Saanen stationiert waren. Das heisst, er versuchte sich als Flugzeugmechaniker einen kleinen Nebenerwerb zu sichern und es hat auch funktioniert. Vermutlich war seine Autowerkstätte als Neugründung im ländlichen Gstaad noch nicht genügend ausgelastet. Da muss ich noch vertiefter nachforschen. Mehr folgt.
Trotz Wegzug weiterhin mit dem Thurgau verbunden
Auch nach seinem Wegzug von Amriswil wurde er bei Autorennen oft im Thurgau gesehen, dem langen Abfahrtsweg zum Trotz. Dies bestätigte sich dann ganz besondern, als er zu Attraktionszwecken mit einem Eigenbau eines Formel 3-Rennwagens im Thurgau mehrmals gesichtet wurde.
Formel-3-Rennwagen
Hans Berger baute diesen Formel-3-Wagen so ganz nebenbei, sodass er nun auch als 'Autohersteller' wahrgenommen wurde. Sein Wagen hiess «Berger Jupiter» und als er ihn 1948 fertiggestellt hatte, durfte die 7½-jährige Heidi für ein Foto ans Steuer sitzen. Man sieht auf diesem Foto Heidi mit der gleichen Schutzkleidung wie im Raketenauto, was belegt, dass es um 1948 gewesen sein musste. Ihr Bruder René steht neben dem Wagen, doch hat er sein Gesicht zufälligerweise leider mit der Hand verdeckt. Mit diesem Wagen als Blickfang durfte Heidi dann das Internationale Rundstreckenrennen von Erlen «Preis der Ostschweiz» vermutlich 1948 eröffnen, indem sie im Formel-3-Rennwagen Platz nahm, allerdings nicht fahrender- sondern nur sitzenderweise. Mehr zu diesem Wagen konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen, insbesondere nicht, ob Hans Berger diesen Wagen für einen Rennfahrer oder für sich selbst gebaut hat. Jedenfalls wurde auch dieser richtige Rennwagen auf dem Flugplatz Saanen-Gstaad in zahlreichen Probefahrten getestet, natürlich nicht von Heidi, die war damals noch zu jung dafür, sondern von Hans Berger. Immerhin findet man von diesem Auto noch ein Foto unter «http://www.license-plates.ch/ch-hersteller.htm»!
Amphibien-Helikopter, noch ohne sichere Bezeichnung
Das Projekt soll aus dem Jahr 1952 stammen. Dieses eines Amphibien-Helikopters trägt keine Bezeichnung. Bisher sind ausser der Zeichnung im Internet keine Daten bekannt. Es wurde in der Luftfahrtzeitschrift «Der Flieger» in der März-Ausgabe 1964 beschrieben, so liest man es in einem Forum namens www.secretprojects.com.uk vom 20. April 2013. Es trug die Fantasie-Immatrikulation HB-MOA. In Wikipedia wird es nicht aufgeführt, doch könnte es sich um das Projekt BX-25 handeln. Beide Projekte werden nämlich als turbinengetriebene Helikopter beschrieben. Mit grosser Wahrscheinlichkeit findet man aber mehr im Verkehrshaus Luzern und zwar in der 'Sammlung Eduard Stocker'. Das werde ich noch im Januar 2023 besuchen. Eduard Stocker hat schon vor um 1940 mit dem Sammeln von Flugzeugtypen begonnen, sodass man in seiner Sammlung sicher fündig wird. Dieses Projekt wurde nie gebaut und wäre für eine Privatperson auch nie realisierbar gewesen, denn dazu hätte er Millionen an Geldern und eine erfahrene Flugzeugfabrik gebraucht. Möglichweise hat Hans Berger mit diesem Projekt aber nicht nur seiner Fantasie freien Lauf gelassen, sondern wohl eher ein Projekt ausgearbeitet, welcher ein paar seiner besonderen Ideen enthielt, um dann später einen grossen Hersteller zu finden, der es realisiert hätte.
Kauf eines Tatraplans T77
Eigentlich würde es zu weit führen, in einem Lebenslauf auch noch alle Autos aufzuführen, welche der Beschriebene gefahren oder gekauft hat, doch bei diesem Auto mache ich eine kleine Ausnahme, denn mit dem Kauf eines Tatraplans im Jahre 1952 hat Hans Berger bei seinem Sohn René den zweiten Grundstein für sein weiteres Leben gelegt. Der Kauf dieses Wagens erfolgte noch im Berner Oberland, doch die Garage, wo er den Wagen kaufte, ist noch nicht ermittelt. Importeur der Tatras für die Schweiz war Ferdinand Schenk in Worblaufen BE. Es war eine Eigenschaft von Hans Berger, bei seinen Kindern immer wieder Marksteine zu setzen, nach denen sie sich dann orientieren konnten. Der Kauf dieses Tatraplans war für René ein solcher Markstein. Alles weitere über diesen Tatraplan erfährt man im Lebenslauf des René Bergers in der ogs-seebach.ch unter dem Suchbegriff "Berger, René, Schweizer Tatra-Restaurateur". Es ist noch nicht ermittelt, wie lange er den Tatraplan fuhr, denn sein Sohn René hat sich später nie dazu geäussert.
Berger BXH-200
Dieser Helikopter-Entwurf stammt gemäss dem Heli-Archiv von Mario Bazzani aus der Zeit um 1953. Es war ein zweiplätziger Helikopter mit Turbinenantrieb. Es gibt davon eine Zeichnung mit der Fantasie-Immatrikulation HB-YVI. Bis jetzt konnte ich noch keine technischen Daten oder einen Dreiseitenriss finden. Auch dieses Modell blieb ein Projekt. Es trug auch die Bezeichnung BX-200.
Reisen nach Frankreich
Das notwendige Wissen, wie man einen Helikopter baut, hat er sich bei mehreren Besuchen in Frankreich erworben. Werner Broger gab weitere Hinweise. Es leif folgendermassen: Da Hans Berger die Absicht hatte, dereinst seine Ideen für neue Helikopter auch zu verwirklichen, besuchte er während den Schulferien seiner Kinder mehrere Male Frankreich, wo er bei verschiedenen Helikopterfirmen wie Société Nationale de Construction Aéronautique Sud-Ouest und Société Nationale de Construction Aéronautique Sud-Est etc. sich ein Bild vom Bau eines Helikopters machen konnte und auch in gewisse Techniken eingewiesen wurde. Da er seit 1948 das Privatpilotenbrevet besass, erfolgten diese Reisen immer mit einer gemieteten und für diese Reisen geeigneten 2-4-plätzigen Sportmaschine. Dabei startete er stets von Saanen aus, allerdings nur wenn es das Wetter erlaubte. Auf diese Weise kam er auf sinnvolle Art zu seinen Flugstunden, die er brauchte, um sein Brevet zu behalten. Und damit es ihm bei diesen Reisen nicht zu langweilig wurde, nahm er immer eines seiner Kinder mit, das war dann meist Heidi, da René sich nicht so fürs Fliegen, sondern vielmehr für Autos interessierte. So hat er schrittweise seine Tochter schon früh für die Fliegerei motiviert. In welchen Jahren das war, ist nicht überliefert, doch von der Logik her dürfte es zwischen 1951 bis 1954 gewesen sein, am ehesten in jener Zeit als Heidi die Primarschule besuchte.
Wegzug von Gstaad nach Zürich im März 1955
Hans Berger zog dann im Früjahr 1955 nach Zürich, das berichtete sein Sohn René, da dieser damals in der letzten Bugatti-Werkstätte seine Automechaniker-Lehre antreten konnte. Hans Berger hatte drei gute Gründe, 1955 von Gstaad wegzuziehenn: 1. Er wollte, dass sein Sohn René in einer erstklassigen Autogarage seine Automechanikerlehre absolvieren konnte und das war war in Gstaad nicht möglich. 2. Seine Tochter Heidi beendete im März ihre Primarschule und es stand der Wechsel in die Sekundarschule an. Er wollte, dass seine Tochter diese Schule in einer Stadt absolvierte, wo sie anschliessend auch einge gute Chance hatte, eine anständige Ausbildung zu erlangen. Drittens warf der Betrieb seiner Autowerkstätte nicht jenen Ertrag ab, den er sich erhofft hatte. Durch den Verkauf seiner Liegenschaft samt Werkstatt erlangte er genügend Kapital, dass er in Zürich einen Neustart wagen konnte. Mit seiner Frau Huldi war er diesbezüglich einig.
Ende März zogen die Bergers nach Zürich-Aussersihl an die Zwinglistrasse 27. Das ist mit dem entsprechenden Eintrag im Adressbuch nachgewiesen. Seine Tochter Heidi trat gegen Ende April 1955 in die Sekundarschule über und wurde der Lehrerin Anna Käser-Peter im Schulhaus Feld zugeteilt. Aussersihl gehörte zum Schulkreis Limmat. Heidi bestand die 4-wöchige Probezeit ohne Probleme und besuchte zusätzlich auch noch die 3. Sekundarklasse bei Lehrer E. Maurer. Im März 1958 beendete sie ihre Schulpflicht. Von dieser Schulzeit gibt es noch 2 Klassenfotos, sodass nun noch zwei weitere Kinderfotos von Heidi zur Verfügung stehen. Sohn René begann seine Lehre in der Bugatti-Garage Schmohl & Cie. an der Mühlebachbachstrasse 26 in Zürich-Seefeld. Sein Lehrmeister war Hans Schmohl und er fand sich dort rasch zurecht und beendete die Mechanikerlehre 1959 erfolreich.
Die Familie Berger zog bald danach von der Zwinglistrasse 27 nach Zürich 11/57 (Hirschwiesen) an die Berninastrasse 10 in eine etwas grössere Wohnung, doch schienen sie dort nicht zufrieden gewesen zu sein, denn schon 1959 wechselten sie an die Zschokkestrasse 38 in Zürich 10/37 (Wipkingen). Diese Wohnung war ganz offensichtlich nur ein Notnagel, denn sie war zu klein, sodass René vorübergehend an die Pfingstweidstrasse 59 in Zürich 5 (Industriequartier) in ein Zimmer ausweichen musste, die ganz in der Nähe lag.
Noch 1960 zogen die Bergers dann an den Lehensteig 7 in Zürich 10/37 (Wipkingen) ganz in der Nähe, wo sie wieder alle beisammen wohnen konnten. Doch passte ihnen die neue Wohnung ebenfalls nicht, obwohl sie an einer ruhigen und bevorzugten Lage war. Sie war vermutlich etwas zu teuer oder zu nobel. 1961 zogen sie dann in eine geräumige Wohnung an der Winterthurstrasse 629 in Zürich 11/51 (Schwamendingen). Da gefiel es ihnen und sie blieben dann ziemlich lange.
Weiterhin Ferien in Gstaad
Auch nach dem Wegzug aus Gstaad in Richtung Zürich betrachteten die Bergers noch sehr lange Gstaad als ihre zweite Heimat und verbrachten ihre Ferien oft dort, um alte Familien- und Freundeskreise zu besuchen und die schöne Landschaft mitten in den Bergen zu geniessen.
Gründung der Firma Berger AG
Noch vor 1960 muss Hans Berger sein eigenes Helikopter-Brevet erworben haben, doch findet man dazu keinerlei Infos. Er gründete kurz vor Ende 1960 die Firma Berger AG, Handelsgesellschaft, Generalvertetung, Import, Transit, Export an der Löwenstrasse 40 in Zürich 1 und als Privatadresse nannte er die Mühlebachstrasse 174. So der Eintrag im Adressbuch der Stadt Zürich per 1.1.1961. Dieses Domizil war somit nicht identisch mit seiner Werkstätte, wo er weiterhin seinen Autohandel und den Werkstattbetrieb abwickelte. Wer an der Mühlebachstrasse 174 gemeint war, muss ich noch abklären, vermutlich war das die Adresse seines Treuhänders. Keine leichte Aufgabe nach über 60 Jahren. Auf seinem Brantly B-2 nannte er seine Helikopter-Firma aber 'Berger-Helicopter Zurich'.
Der Grund, warum sich Hans Berger 1961 dafür entschied, den Brantly B-2 zu beschaffen, war der dass seine Tochter in Deutschland auf diesem Heli die Prüfung machte und dass es damals in Deutschland hiess, der Brantly sei wegen seines sehr günstigen Preises und seiner Zuverlässigkeit der künftige Volkshelikopter. Zuvor gab es keine so günstigen Helis. Diese Vorhersage hat sich dann für ganz Europa nicht bestätigt und Hans Berger konnte trotz alleiniger Generalvertetung für die Schweiz und Liechtenstein in den 1960er Jahren nur 2 Maschinen für je knapp Fr. 100'000.-- verkaufen. Für zwei weitere hat er die Immatrikulationen HB-XBA und HB-XBB reserviert, doch kam es nicht zur Übernahme, da sich keine Käufer mehr fanden, vermutlich weil die Maschine für gewerbliche Zwecke eher zu klein war.
Private Helikopterbesitzer gab es damals in der Schweiz nicht viele, denn um 1961 gab es erst deren 56 Piloten, wobei die meisten den Helikopter vor allem beruflich flogen. Es herrschte kein grosser Bedarf für ein solches Modell. Die Maschine wurde weltweit zwar viele hundert Mal verkauft, doch pro Land ergab das nur wenige Maschinen. Immerhin verdiente Hans Berger aber am Verkauf der Ersatzteile für die Wartung während vieler Jahre dennoch etwas Geld mit dieser Vertretung.
Es gibt eine Foto mit einem Brantly-Helikopter und ganz links davon sieht man einen Teil eines gelblich gefärbten Hauses. Die Bildlegende lautete "Der Helikopter vor seinem Haus". Im Hintergrund der Foto erkennt man den Hügelzug des Zürichbergs, was vermuten lässt, dass Hans Berger seine Werkstätte in der Gegend um Dübendorf und Umgebung angesiedelt hatte. Das erklärt auch, warum ich seine Werkstätte in den Adressbüchern von Zürich nie fand. Dort entwickelte und flog er ab März 1961 auch seinen BX-50 Eigenbau-Helikopter.
Berger BX-50 und BX-50A
Die Entwicklung des BX-50 begann noch in den späten 1950er Jahren. Es sollte ein nochmals deutlich billigerer Helikopter werden als der Brantly B-2. Im Heli-Archiv von Mario Bazzani steht, dass Hans Berger sein Helikopterbrevet für Privatpiloten im Jahre 1963 erlangte, doch kann diese Jahreszahl so nicht stimmen. Vielleicht erweiterte oder erneuerte er in diesem Jahr sein Heli-Brevet, welches er schon ein paar Jahre früher erworben hatte, vermutlich in den späten 1950er Jahren, denn da die Erprobung des Eigenbau-Helikopters BX-50 schon im März 1961 erfolgte, hätte ihm sonst das notwendige Helikopter-Brevet gefehlt.
Er bekam aber vom eidgenössischen Luftamt die Bewilligung, seinen BX-50 im Fluge zu testen. Er trug zwar ganz klein, aber doch gut lesbar die Immatrikulation HB-XBC, doch findet sich diese Kennung nur für eine Aerospatiale AS350 Ecureuil, was eigentlich viele Fragen aufwirft. Der kleine Einsitzer BX-50, machte seinen Erstflug am 16. März 1961. Er hatte einen Dreiblattrotor und ein Räderfahrwerk. Bei der weiteren Erprobung erlitt der Prototyp einen nicht näher beschriebenen Unfall, bei dem Hans Berger aber nicht verletzt wurde, doch am Heli war einiges 'verbogen'. Die Ursache des Unfalls ist nicht bekannt, doch war sie nicht so gravierender Art. denn mit verhältnismässig kleinem Geldeinsatz konnte er die nötigen Verändernungen nach Absprache mit dem Eidg. Luftamt vornehmen und danach flog die Maschine gut.
Jenes Foto, welches ihn im BX-50 vor einem Fabrikbau im Fluge zeigte, stammt aus dem Jahr 1963 und zeigt den umgebauten Helikopter, das erkennt man am neuen Zweiblattrotor anstelle des alten Dreiblattrotors und am Kufenfahrwerk anstelle des früheren Räderfahrwerks. Wenn ein Leser diesen Fabrikbau erkennt, möge er sich melden, denn das war Hans Bergers Werkstätte, deren genauer Standort ich immer noch suche. Im Hintergrund erkennt man eine Bergkuppe, die ans Zürcher Oberland oder an die Albiskette erinnert.
Hans Berger hat seien BX-50 nach dem Umbau auf BX-50A umbenannt und noch eine Weile weiter geflogen und ihn danach still gelegt. Das Heli-Archiv schreibt denn auch, dass es Hans Berger war, der beide Varianten selbst einflog. Hans Berger erlangte sein Helikopterbrevet auf dem ehemaligen Helikopterlandeplatz Hummerich (er wurde ca. 1974 geschlossen) bei der Ortschaft Kruft in der Eifel in Deutschland. Der Name seiner Flugschule wird nirgends erwähnt. Den kleinen BX-50A hätte er für Fr. 22'000.-- in Serie bauen lassen können, so hat er es berechnet, doch fanden sich keine Interessenten, da er offenbar nicht genügend Werbung machte. Daher beendete er die weitere Erprobung. Den Motor hat er ausgebaut und verkauft, denn der Continental C90 war mit seinen 85 PS ein sehr gefragter Motor und er hatte erst wenige Stunden Laufzeit hinter sich. Einige Teile legte er an Lager und der Rest ging ins Alteisen, so habe ich es noch in Erinnerung. Wikipedia hat in ihrer Beschreibung einige Dinge verwechselt und den Unfall viel zu gravierend beschrieben. Der Schaden betrug nur einige tausend Franken und da war ein besserer Rotor und ein neues Kufenfahrwerk inbegriffen.
Hans und Huldi trennen sich
Leider hat sich Hans Berger in dieser Zeit etwas gar viel mit dem Bau seines Helikopters und mit der Generalvertretung für die Brantly B2 herumgeschlagen und durfte gleichzeitig auch seine Werkstätte nicht zu lange dem Schicksal überlassen, sodass das Familienleben während einiger Zeit wohl eindeutig zu kurz kam. Im Jahre 1963 trennten sich Hans und seine Frau Huldi. Hans Berger zog von Zürich weg. Huldi blieb mit ihren bereits erwachsenen Kindern René und Heidi noch ein Jahr an der Winterthurerstrasse 629. Wohin Hans damals zog ist noch nicht bekannt, doch meine Vermutung ist, dass er wahrscheinlich vorübergehend in seiner Werkstätte ein Wohn-Provisorium einrichtete. Etwas später im Jahr 1964 zog Huldi Hohermuth nach der Scheidung zurück nach Amriswil, wo sie herstammte und zwar an die Bahnhofstrasse. Da hatte sie noch nahe Verwandte. Sie brauchte diese Kontakte, denn ihre Kinder Heidi und René waren beruflich immer viel weg, sodass sie sich in der Schwamendinger Wohnung tagsüber etwas einsam fühlte. Werner Broger erinnert sich noch, dass seine Tante in Amriswil im gleichen Wohnblock wie Huldi wohnte und da diese beiden sich sehr gut verstanden waren sie oft beisammen. Huldi erreichte ein hohes Alter von über 90 Jahren und starb 2000 oder kurz danach. Die letzten Jahre verbrachte sie in einem Pflegeheim. Heidi hat betont, dass ihr sowohl Vater wie Mutter sehr wichtig blieben, auch nach der Trennung.
Heidi und René blieben weiterhin in der Wohnung an der Winterthurerstrasse 629 in Zürich-Schwamendingen. Heidi arbeitete als Heli-Pilotin in Sitterdorf TG und wenn sie erst spät Feierabend hatte, übernachtet sie bei Verwnadten und später bei der Mutter im nahen Amriswil, ansonsten kam sie mit ihrem Auto zurück nach Schwamendingen.
Rückkehr von Hans Berger nach Zürich
Hans Berger kehrte im Laufe von 1965 wieder nach Zürich zurück und wohnte dann an der Mürtschenstrasse 33 in Zürich 9/48 (Altstetten). Er gab als Beruf nicht mehr Konstrukteur, sondern Helikopterpilot an. Wo er als Helikopterpilot beschäftigt wurde, ist noch offen und einen eigenen Helikopter hatte er keinen mehr. Sein BX-50A war zu diesem Zeitpunkt bereits abgebrochen und seine beiden Brantly B-2 waren schon lange verkauft. Der Aufenthalt in Zürich hat offenbar nur kurz gedauert, denn er wohnte bereits ab 1967 nicht mehr in Zürich. Sein Aufenthalt ist danach bis Ende 1969 noch nicht ermittelt, lag aber wohl weiterhin in einem Vorort von Zürich, denn er betrieb noch so lange den Ersatzteilbedarf für den einzigen verbliebenen Brantly-Helikopter und ein wenig dürfte er weiterhin mit Sportwagen gehandelt haben. Nur den echten Mechanikerbetrieb mit einer aufwändigen Werkstatt hat er schrittweise abgebaut.
Berger BK-300
Das Datum der Entwicklung dieses Helikoptermodells ist unbekannt, doch scheint es eine Entwicklung der 1960er Jahre gewesen zu sein. Vom BX-300, auch BK-300 genannt gibt es zur Zeit nur eine Zeichnung und einen Dreiseitenriss. Auf der Zeichnung trägt das Modell die Fantasie-Immatrikulation HB-XBB. Das vorgesehene Triebwerk war eine Oredon III Turbine.
Neue Lebenspartnerin
1967 lernte Hans Berger die Ilka Vogel kennen, mit welcher er dann zusammenzog. Sie soll ebenfalls das Privatpilotenbrevet für Helikopter besessen haben.
Als Rentner im Tessin
Noch im Jahre 1969 schloss er seine Werkstätte im Kanton Zürich gänzlich und zog im Alter von 57 Jahren vorzeitig als Pensionär (in Unruhe) nach Gudo TI in der Nähe von Bellinzona. Er wohnte dort zusammen mit seiner neuen Lebenspartnerin Ilka in einem kleinen Rustico, den er allerdings nicht besass, sondern langfristig mietete. Den überlebenden Brantly B-2 hat die Scania SA im Jahre 1970 Hans Berger angeboten. Er bekam ihn für Fr. 15'000.-- und verkaufte ihn dann nach Deutschland weiter, wo er als D-HOBC weiterberieben wurde.
Gründung des Fliegermuseums Magadino
Bald nach dem Umzug gründete er ganz nahe beim Flugplatz Magadino ein Luftfahrtmuseum, wo er nebst besonderen Automotoren auch Flugzeugmotoren, Werkzeugmaschinen, Helikopter-Rotoren und weiteres Ausstellungsgut aufbewahrte. Den grossen Raum hat er gemietet und viele Jahre lang gepflegt. Es hatte feste Öffnungszeiten. Nach dem Tod seiner Partnerin Ilka konzentrierte er sich vermehrt auf die Entwicklung des Berger BX-111 und auf das gelegentliche Fliegen mit den BX-110, sodass er fast keine Zeit mehr fand für sein Meseum. Er hat es danach aufgelöst, allerdings auch, weil es nicht besonders fleissig besucht wurde. Nebenan folgt im Frühling noch eine Foto, wo man das Museums von aussen sieht. Mehr dazu folgt noch, denn das Museum wurde auch von einem anderen Museum in den USA besonders hervorgehoben.
Berger BX-110
Der Berger BX-110 war ein Prototyp eines Leichthubschraubers, den er in den frühen 1970er Jahren im Tessin entwickelte und baute. Viele seiner Erfahrungen, die er mit seinem BX-50 machte, flossen auch in die Entwicklung des neuen Modells. Es hatte seinen Erstflug im Jahre 1974, wurde aber schon am 15. August 1973 im Luftfahrtregister angemeldet. Das einzige Exemplar mit der Immatrikulation HB-YAK wurde von ihm in Eigenregie gebaut. Die kleinener Teile stellte er in seiner kleinen Werkstätte im Rustico her, die grösseren Teile liess er anfertigen. Als Perfektonist war es für ihn selbstverständlich, dass er sogar die speziellen Schrauben, welche es für den BX-110 brauchte, selbst herstellte! Der Heli wurde von einem Wankelmotor angetrieben und blieb bis 1994 im schweizerischen Zivilregister eingetragen. Es handelte sich um einen konventionellen Leichthubschrauber, bei dem Pilot und Passagier nebeneinander unter einer grossen Plexiglashaube sassen und der Heckrotor an einem Rohrausleger befestigt war. Das Triebwerk und die Treibstofftanks befanden sich hinter der Kabine, und der dreiblättrige Hauptrotor hatte klappbare Blätter. Das Fahrwerk war ursprünglich ein Kufenfahrwerk, doch rüstete er es auf Räder um, damit er bei seinem Haus landen und den Heli nach dem zusammenklappen des Rotors von Hand hinter sein Haus rollen und so kostengünstig abstellen konnte.
Anfänglich wurde das Flugzeug von einem umgebauten NSU Ro 80 Wankelmotor angetrieben, doch verursachte ihm dieses Triebwerk noch zu viele Probleme. Später rüstete er den Helikopter vorübergehend mit einer BMW 6012 Turbine aus, doch die erwies sich als zu heikel und zu teuer für den Betrieb. Danach versuchte er es mit einem weiteren, umgebauten Wankelmotor, diesmal aus einem Mazda RX-7. Dieser sehr gut ausgereifte Motor erwies sich dann als perfekte Lösung. Erst beim letztgenannten Umbau wurde gleichzeitig das Fahrwerk auf Dreiradkonfiguration umgestellt. Von beiden Varianten gibt es Fotos.
Seine Partnerin Ilka ist manchmal auch mit den BX-110 geflogen. Er selber hat aber in seinen letzten Jahren auf das Fliegen verzichtet, doch muss es nach 1980 noch einen weitren Piloten gegeben haben, der ihn bewegte, denn er wurde bis zum Tode von Hans Berger flugtüchtig gehalten. Gelänge es heute noch, diesen dritten Piloten ausfindig zu machen, könnte man das Schicksal des BX-110 vielleicht noch besser erforschen. Dafür ist es vermutlich bereits zu spät.
Technische Daten de BX-110:
Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h (109 mph, 95 kn) Zuladung: 1 Pilot, 1 Passagier Länge: 6.05 m (19 ft 10 in) Höhe: 2.57 m (8 ft 5 in) Leergewicht: 400 kg (880 lb) Abfluggewicht: 720 kg (1,590 lb) Antrieb: Mazda RX-7 Automotor, 86 kW (115 hp) Hauptrotordurchmesser: 7.40 m (24 ft 3 in) Hauptrotorfläche: 43.0 m2 (463 sq ft) Maximale Flughöhe: 2,800 m (9,184 ft) Steigrate: 4.0 m/s (790 ft/min) Erstflug: 3. Juni 1974 Immatrikulation: HB-YAK Aus dem Register gestrichen am: 11. Oktober 1994
Das Schicksal des BX-110
Als Walter Broger den Hans Berger einmal fragte, was er nun, nachdem er den BX-110 ihn nicht mehr flog, antwortete er, dass er einen guten Bekannten kenne, der ihn gerne in seinem Garten aufstellen möchte. Daher zog sich Walter Berger mit seiner Idee zurück, den Helikopter ebenfalls übernehmen zu wollen, nicht zum Fliegen, als Erinneung in einem gedeckten Unterstand als Austellungsobjekt. Platz hätte er gehabt. Und weil Hans sich diesbezüglich nicht mehr meldete, unterblieb eine weitere Information.
Das Schicksal des Helikopters ist nach dem 1993 in aller Eile erfolgten Wegzug von Hans Berger von Gudo nach Vira (Gamborogno) daher noch unbekannt. Der Helikopter stand bis zu seinem Wegzug aus Gudo weiterhin hinter dem Wohnhaus. In der kurzen Zeit, die noch zur Verfügung stand, um für den guten Heli eine ordentliche Lösung zu suchen, konnte der gesundheitlich schon sehr angeschlagene Hans nichts mehr ausrichten, sodass zu befürchten ist, dass er durch einen Alteisenhändler fachkundig verwertet wurde. Durch die Streichung aus dem Luftfahrtregister am 11. Oktober 1994 wird diese Vermutung bestärkt.
Veteranen-Motorräder
Hans Berger unterhielt auch eine kleine Sammlung antiker Motorräder, darunter findet man auch jene kleine 250er Maschine mit welcher Heidi bei ihren Besuchen im Tessin jeweils kurze Probefahrten machte. Eine Foto davon zeigte Bruno Schaller in seinem Beitrag in der August-Ausgabe der Aero-Revue 1986. Leider ist die Foto zu unscharf, um den Namen am Tank zu lesen.
Ein Zwölfzylinder-Töff mit quer eingebautem Sternmotor
Zur Sammlung des Hans Bergers gehörte auch ein Motorrad mit einem Zwölfzylinder-Sternmotor (!). Das war kein Veteran, sondern ein Eigenbau eines begnadeten Konstrukteurs, höchstwahrscheinlich aus Italien. Diesen Töff beabsichtigte Hans Berger seinerzeit, dem Verkehrshaus Luzern zu übergeben. Trotz aller meiner Vesuche im Internet, dieses Motorrad ausfindig zu machen, bin ich zu keinem Resultat gelangt. Es muss sich somit um eine Einzelanfertigung gehandelt haben, welche nie auf den Strassen zum Fahren gekommen ist, denn sonst wäre das Motorrad heute im Internet mit Sicherheit auffindebar. Bei meinen Besuchen in Luzern habe ich diese Maschine auch nie gesehen. Werner Broger ist aber überzeugt, dass er sie auch tatsächlich an das Verkehrshaus übergab. Es müsste ein gewaltiges Ding gewesen sein mit einem Gewicht von 500 kg, denn der Wuppertaler Frank Ohle baute um 2012 eine Maschine mit quer eingebautem Sternmotor namens 'Roter Baron' und die hatte nur 9 Zylinder und sah furchterregend aus. Sie wog 350 kg, hatte 150 PS und einen Hubraum von 3.6 Litern.
Werner Broger erinnert sich auch noch, dass er höchstpersönlich (vermutlich mit einem Helfer) das Riesending nach der Lieferung von der Hauptstrasse zum Rustico von Hans Berger hochschob. Das war zwar nur eine mässige Steigung, doch bei dem Gewicht sicher eine Schweissarbeit. Er war rot gestrichen und dürfte wie schon erwähnt, aus Italien stammen. Wer ihn herstellte und über das Schicksal des Töffs ist weiter nichts bekannt. Es kann vermutet werden, dass das Verkehrshaus diesen Töf nur eine beschränkte Zeit ausstellte und dann an einen neuen Interessenten weitergegeben hat. Das würde erklären, warum ich ihn bei meinen Besuchen nicht sah.
Das kleine Heidi-Museum
Im Rustico gab es auch noch genügend Platz, sodass Hans und Ilka dort ein kleines Museum einrichten konnten, welches viele Erinnerungsstücke an Heidis beste Heli-Zeit enthielt. Auch darüber berichtete Bruno Schaller in der August-Ausgabe der Aero-Revue 1986.
Ilkas früher Tod
Hans Bergers Lebenspartnerin Ilka verstarb sehr überraschend bereits um 1980 herum, sodass Hans danach etwas einsamer wurde und selbst kochen musste. Weil ihm aber das italienische Ambiente sehr zusagte, dürfte er die wichtigsten Tessiner und die lombardischen Gerichte ohne Probleme selbst zubereitet haben. Und wenn nicht, dann ging er ebens ins nahe Grotto und liess sicivh vom Fachmann bedienen. Zudem ist bekannt, dass er Wein praktisch nur zum Essen trank und da er vor allem den Wein aus der Gegend und auch aus den norditalienischen Provinzen besonders mochte, war das Kochen oder Besuch des Grottos quasi eine zwingende Notwendigkeit.
Völlig allein gelassen wurde er aber nie, denn immerhin besuchten ihn seine beiden Kinder Heidi und René regelmässig. Auch seine beiden Enkelkinder sollen dort gesehen worden sein. Heidi durfte bei ihren Besuchen nicht nur den kleinen 250er Einzylinder, sondern auch den einen oder anderen Töff-Veteran des Vaters ein wenig ausfahren. Allerdings war sie keine passionierte Fahrerin, sie huldigte da eher der Familientradition. Sie war jedoch technisch sehr begabt und ging mit allem Gerät, das man ihr anvertraute, sehr sorgfältig und gefühlvoll um.
Um seine Einsamkeit etwas zu lindern, vertiefte sich Hans Berger immer stärker in ein neues Helikopter-Projekt, welches er BX-111 nannte.
Berger BX-111
Dieser hatte einen doppelten, gegenläufigen Rotor und war als Schnellflugheli gedacht. Ab einer Geschwindigkeit von 150 km/h wären die Rotoren vom Antriebsmotor entkuppelt worden und hätten dann frei in der Luftstömung gedreht, so wie bei einem Gyrokopter, wärend die Motorleistung dann ganz auf einen ummantelten Druckpropeller übertragen worden wäre. Den Zeichnungen zufolge hat er dabei zwei Varianten erwogen: Eine mit ummanteltem und eine mit offenem Druckpropeller. Als das Projekt um 1986 schon weit fortgeschritten war, offerierte er es an allfällige Interessenten. Dazu gehörte auch die Firma McDonnell-Douglas, die ernsthaftes Interesse gezeigt haben soll, doch zogen sich die Verhandlungen für eine Übernahme des Projekts endlos in die Länge. Der Verkauf seines fast vollendeten Projektes hätte ihm einen schönen Batzen eingebracht, doch verstarb er leider 1994, bevor es so weit war. Da der BX-111 nur aus einem dicken Ordner voller Papier und einer grossen Zeichnungsmappe bestand, dürfte er nach seinem Tod wohl unbemerkt und unerkannt im Altpapier gelandet sein. Das kann als sicher angenommen werden, denn wenn seine Pläne in profunde Hände gelangt wären, sähen die heutigen Helikopter etwas anders aus.
Ein verkanntes Genie, ein Pionier
Berger war zwar nicht arm, aber für seine vielen Helikopter-Projekte hätten seine eigenen Mittel nie gereicht. Da ging es ihm wohl mehr darum, seinen Ideen etwas freien Lauf zu lassen, wobei er wohl hoffte, bei Interesse jemanden zu finden, welcher seine Projekte gegen Bezahlung übernommen hätte. Wegen seinen vielen Ideen nannte ihn Mario Bazzani, der Herausgeber der Webseite www.heli-archive.ch zurecht «einen wahren Vulkan von Ideen».
Werner Broger, sein nächster Verwandter in seitlicher Linie, hat es schon sehr lange beobachtet, dass Hans Bergers Ideen ganz klar von einem Pioniergeist geprägt waren. Man betrachte nur einmal seine Projekte etwas genauer und man entdeckt bei ihm viele neue Ideen, am meisten sicher beim BX-111. Vor allem die Idee, einen Helikopter im Schnellflug als Tragschauber fliegen zu lassen enthält heute noch viel Potential. Die Maschine flöge leiser und bräuchte weniger Treibstoff. Leider haben das viele Fachleute, die es eigentlich hätten merken müssen, nicht erkannt, welches Genie hinter den meisten Projekten stand. Man beurteilte ihn allein an seinen beiden Billig-Projekten BX-50/50A und BX-110 und nahm ihn bloss als Bastler von kleinen Eigenbauten wahr.
Das traurige Ende eines genialen Konstrukteurs
Hans Berger hat insgesamt 6 Helikopter entworfen und zwei davon konnte er auch bauen, weil es kleine, konventionelle Fluggeräte waren. Beide erwiesen sich als solide und sehr flugtauglich. Seine beschränkten Mittel und das mangelnde Interesse an seinen übrigen Entwürfen, die eine grosse Firma mit genügende Finanzkraft erfordert hätten, hinderten ihn, noch erfolgreicher zu sein. Sein BX-111 Schnellflughelikopter wies geniale Ideen auf, welche das Zeug gehabt hätten, die Helikopter wirtschaftlicher und schneller zu machen, doch wurde er zum Zeitpunkt, als er diese Ideen hätte verwirklichen können, alleine gelasssen und er war altersbedingt nicht mehr genügend agil, einen Hersteller zu suchen, der sie verwirklicht hätte. Und mit Warten kam er auch nicht weiter. Dass sein bis ins letzte Details ausgearbeitetes Projekt BX-111 ignoriert wurde, stellt jenen Helikopterherstellern, die immerhin bei ihm vorbeischauten und sich hochinteressiert zeigten, allerdings kein gutes Zeugnis aus.
Hans Berger lebte bis fast zuletzt in Gudo TI, doch ausgerechnet als es ihm altershalber und gesundheitsbedingt schlechter ging, musste er den Rustico eiligst verlassen, den er gute 25 Jahre bewohnen konnte. Es hiess, dass der Besitzer dringenden Eigenbedarf geltend machte. So wurde das Haus von seinen Kindern notfallmässig geräumt und weil alles sehr schnell gehen musste, konnte nicht mehr alles gerettet werden. Vieles wurde durch eine Räumungsfirma abgeholt und landete in Brockenhäusern oder in der Schuttmulde. Noch unbekannt ist, was mit dem BX-110 geschah, welcher hinter dem Hause stand. Er wurde am 11. Oktober 1994 aus dem Register gelöscht. Das Raketenauto war von der Räumung nicht betroffen. Es wurde gar nie in das Tessin gebracht, sondern blieb in René Bergers Autogarage. Was mit seinen Veteranen-Motorrädern geschah, ist noch nicht ermittelt, doch landeten diese über die Entsorgungsfirma mit Sicherheit bei Liebhabern. Hans Berger verbrachte seine letzten Lebenswochen noch in einer winzigen Wohnung in Vira (Gamborogno) und verstarb am 16. August 1994, von der Welt schon weitgehend vergessen.
Damit dieser geniale Mensch namens Hans Berger nicht völlig in Vergessenheit gerät: Dafür habe ich mit Hilfe von Werner Broger und vielen weiteren Helfern diesen Lebenslauf verfasst und wir haben ganz bewusst ein wenig versucht, auch seinem menschlichen Wesen ein Gesicht zu geben. Und es sei nochmals daran erinnert: Hans Berger fehlten in seinem Leben nur zwei Dinge: Ein Haufen Geld und eine grosse Helikopterfabrik. Hätte Hans Berger die Möglichkeiten gehabt, wie sie anderen Helikopterkonstrukteure hatten, dann sähen die Helikopter von heute wahrscheinlich ein wenig anders aus. Und ich wiederhole einen Satz von Mario Bazzani vom Heli-Archive: Hans Berger war ein wahrer Vulkan von Ideen!
Liste der Wohnorte des Hans Bergers
Hans Bergers Wohnorte sind zurzeit nur lückenhaft gesichert:
1912: geboren im Berner Oberland, vermutlich in Gstaad, der Bürgerort war aber gemäss seinem Sohn René Berger Langnau i. E., er verrät das in Facebook.
1912-1916 Gstaad BE 1916-3? TG, aber wo (?) 193?- (?): Amriswil TG (?) - 1947: Birsfelden BL 1947-1955: Gstaad BE 1955-63: Stadt Zürich 1963-65: unbekannt, vermutlich in einem Vorort von Zürich 1965-1966: Stadt Zürich 1966-1969 unbekannt, vermutlich in einem Vorort von Zürich 1969-1994: Gudo TI, (Un)Ruhestand 1994: Vira (Gamborogno) TI
- Weitere Recherchen sind noch am Laufen.
- Es sind zahlreiche Fotos vorhanden, doch muss ich auch hier noch einige Abklärungen vornehmen, was ich zeigen darf und wo ich noch das Einverständnis einholen muss. Die Fotos folgen also um einiges später, da ich das Hochladen von Fotos mit einer neuen Software erst wieder lernen muss.
Quellen: - OGS-eigene Erinnerungen - Werner Brogers Erinnerungen als enger Verwandter - René Berger, Sohn, in Tatra-TRS - Mario Bazzani mit seinem Heli-Archiv - Hans Berger, Aero-Revue November 1991 - Bruno Schaller, Aero-Revue August 1986 - http://www.license-plates.ch/ch-hersteller, htm, 2 Fotos - Wikipedia, unter Berger Helicopter - www.secretprojects.com.uk - Adressbücher der Stadt Zürich 1954-1969 - Lane Motor Museum, Nashville, Tennessee: Infos und 3 Fotos vom Berger Meteor