Auch von René Berger findet man im Internet Kurzlebensläufe vor allem auf den verschiedenen Tatra-Seiten, sie wurden alle von René Berger verfasst und dann weiter bearbeitet oder ins Englische übersetzt. Bei meinen Recherchen zu seiner Schwester Heidi sowie zu seinem Vater Hans bin ich naheliegenderweise auch auf Infos zu René Berger gestossen und konnte daher ebenfalls einen Lebenslauf von René Berger schreiben, den ich dann mit Infos aus den verschiedenen Tatra-Seiten ergänzte, ohne allerdings alles abzuschreiben. Übernommen habe ich lediglich gewisse Aussagen, nicht aber den Text, den gönne ich den Tatra-Leuten. Zumindest hoffe ich, durch eine zeitlich saubere Reihenfolge seines Lebensweges einen vertieften Einblick in sein Tatra-Lebenswerk zu vermitteln.
Auch René Berger hat nie in Zürich-Seebach gelebt, doch wie Hans und Heidi hat er einen Teil seines Lebens in der Stadt Zürich in den Quartieren Aussersihl, Wipkingen, Hirschwiesen, Escher-Wyss und Schwamendingen verbracht (1955-1971) und weil sich bis heute noch kein Zürcher darum bemüht hat, diese Daten zusammenzutragen, tue ich es eben, genau so wie bei Heidi Berger und Hans Berger. So findet man die Leistungen der Familie Berger an einem einzigen Ort.
Die OGS ist eine historische Plattform, die sich hauptsächlich um die Geschichte des Quartiers Seebach kümmert, doch habe ich auch noch weitergehende Interessen in historischer Hinsicht verfolgt und Daten gesammelt, die auch ausserhalb Seebachs lagen. Und da ich diese nicht in meiner Klause versteckt halten, sondern allen interessierten Kreisen zugänglich machen möchte, erscheinen sie eben in der OGS-Seebach. Es ist vom Aufwand und von den Kosten her nämlich unmöglich, jedem Thema eine eigene Website zu widmen und daher habe ich schon früh begonnen, dafür die vorhandene und gut funktionierende Website ogs-seebach.ch zu benützen. Spassvögel haben schon gesagt, dass die OGS inzwischen eigentlich keine Website für die Geschichte Seebachs mehr sei, sondern eher ein Gemischtwarenladen. Das ist allerdings zu relativieren, denn über 80% meiner Beträge bestreffen weiterhin die Geschichte Seebachs und für den Rest schaue ich eben ein wenig über die Seebacher Grenzen hinaus. Ich verstehe aber Spass und kann damit gut leben und ich hoffe, meine Leser können das auch. Letztlich geht es ja nur um ein paar hundert zusätzliche Beiträge.
Der nachfolgende Lebenslauf von René Berger ist derzeit noch sehr unvollständig und wird es wohl auch bleiben. René Berger hat immer klar unterschieden zwischen seinem Tatra-Leben und seinem Familienleben. Sein Tatra-Leben war immer allen zugänglich, über sein Privatleben hat er eher wenig berichtet, ausser wenn auch seine Frau Jana mitbetroffen war. Auch ich halte mich daran. Daher wird der hier vorliegende Lebenslauf nur erweitert, wenn ich Neues in Erfahrung bringen kann, das mit Tatra oder mit seiner Arbeit als Restaurateur zu tun hat. Vieles wird aber offen bleiben, vor allem deshalb, weil René Berger noch Familienangehörige und Nachfahren hat, deren Privatsphäre ich nicht stören möchte. Berichtet wird daher vornehmlich über sein "Tatra-Leben" sowie etwas ausführlicher über die Zeit als er noch ledig war, also bis 1969.
Die Erfassung der 10 Bilder und zahlreichen Zeichnungen erfolgt nebenstehend schrittweise in den nächsten Wochen.
Der Beitrag wurde letztmals nachgeführt am 14.2.2023
Lebenslauf des René Bergers
René Berger war der Sohn von Hans und Huldi Berger. Er wurde am 16. Oktober 1939 vermutlich im Kantonsspital St. Gallen geboren. Seine Eltern hatten den Bürgerort Langnau im Emmental BE. Seine Grosseltern zogen schon früh weg von Gstaad BE und liessen sich im Kanton Thurgau nieder, wo auch sein Vater Hans Berger seine Jugendzeit verbrachte. Wo seine Eltern aber nach Renés Geburt lebten, ist noch nicht so ganz sicher. Es muss aber irgendwo in der Nähe der Stadt St. Gallen gewesen sein, vermutlich war es Amriswil TG, denn von dort stammt Huldi Hohermuth, die Frau von Hans Berger.
LKW-Garage des Vaters in Birsfelden
Sein Vater Hans Berger war ein sehr umtriebiger Mensch und wechselte seinen Wohnort immer wieder. Für die Jahre vor 1947 ist bekannt, dass er vorübergehend eine LKW-Garage in Birsfelden BL unterhielt. Sein Vater hatte damals noch sehr starke Bindungen an Gstaad BE und so war es nicht verwunderlich, dass die Eltern im Herbst 1947 wieder für ein paar Jahre nach Gstaad BE zurückkehrten. Was wohl der Auslöser war, bleibt vermutlich sein Geheimnis. Das älteste Foto, das ich bisher von René Berger fand, stammt aus dem Jahr 1948, als er als 9-jähriger Bub neben dem F-3-Rennwagen seines Vaters stand, in welchem seine Schwester Heidi sass. Mit diesem Rennwagen hat sein Vater an verschiedenen Autorennen nicht als Rennfahrer, sondern als Attraktion gedient, indem er die kleine Heidi in seinen Rennwagen setzte. Rennen gefahren ist er mit diesem Auto allerdings nicht. Sicher überliefert ist, dass er mit seinem F-3 beim "Grossen Preis der Ostschweiz" in Erlen TG im Jahre 1948 als Attraktion für das Publikum auftrat, indem nicht er, sondern wie erwähnt, seine 7 ½ Jahre alte Tochter Heidi im Rennwagen sass, natürlich nur im ausgestellten Rennwagen, nicht am Rennen selbst. Auf weitere Erinnerungen an den Thurgau bin ich bisher noch nicht gestossen.
Erstmals einen Tatra gesehen
Irgendwann hat René in Birsfelden BL erstmals einen Tatra gesehen und war über dessen Aussehen sehr erstaunt, denn das Auto sah sehr viel anders aus als die meisten übrigen Wagen. Das hat ihn so fasziniert, dass er fortan diesen Wagen, wann immer er einem solchen begegnete, ganz besondere Aufmerksamkeit widmete. Der Wagen war mit seiner Rückenfinne, seiner überdurchschnittlichen Länge, seinen nach vorne öffnenden Türen, der Einzelradaufhängung und seinem Motorengeräusch, das eher an einen der damaligen Flugzeugmotoren der Douglas DC-4 oder an die Lockheed Constellation erinnerte, derart anders, dass der Tatra für immer in seinem Gedächtnis haften blieb.
Der Vater kauft einen Tatraplan
Es vergingen danach ein paar Jahre, doch das besondere Interesse für die Tatra-Wagen hat ihn nicht mehr losgelassen. 1952, als René 13 Jahre alt war, entschied sich sein Vater, als er noch in Gstaad wohnte, einen Tatraplan T77 zu kaufen und zwar einen grasgrünen, ladenneuen. Er durfte mit, als es galt diesen Wagen abzuholen. Das war ein ganz besonderes Erlebnis für René, auch wenn die Heimfahrt infolge eines kleines Mangels am Wagen nicht gelang. Die Werkstatt hat den Mangel aber rasch beseitigt. Fortan genoss er es, wenn der Vater mit dem neuen Wagen ausfuhr und ihn mitnahm. Den Wagen hat Hans Berger offensichtlich im Berner Oberland gekauft und nicht direkt beim Importeur Ferdinand Schenk in Worblaufen BE. Erstaunlicherweise fand ich bisher keinen Hinweis, wie lange Renés Vater diesen Tatraplan gefahren hat. Auch René hat ihn nie mehr erwähnt.
Lehre in einer Bugatti-Garage
Im Frühling 1955 zog Renés Familie nach Zürich an die Zwinglistrasse 27 in Zürich-Aussersihl, wo er in der Bugatti-Garage Schmohl & Cie. an der Mühlebachstrasse 26 in Zürich-Seefeld gegen Ende April seine Lehre zum Automechaniker antrat. Sein Lehrmeister hiess Hans Schmohl. Dort lernte er zahlreiche Automarken kennen, nicht nur Bugatti, sondern alle gängigen Marken von damals. Dabei hatte er im 2. oder 3. Lehrjahr auch die Gelegenheit, an einem defekten Tatra T87 zu arbeiten und erneut spürte er die Faszination, welche von diesem Wagen ausging. Mit seinem Lehrmeister kam er aber recht gut zurecht, auch wenn dieser manchmal etwas streng sein konnte. Er trug es mit Fassung. Letztlich hat das ihm nur genützt.
Der eigene Tatra bleibt noch eine Weile ein Traum
Für den inzwischen fast 18-jährigen Lehrling René war nun klar: Der Tatra ist definitiv sein Traumwagen. Doch es vergingen noch einige Jahre, bis es so weit war: Als er endlich 18 Jahre alt war und Auto fahren durfte, hiessen seine ersten Wagen dann allerdings alles andere als Tatra, denn die waren ihm etwas zu teuer. Sein Portemonnaie war nämlich noch so schlank, wie das Salär eines Automechanikers. Zuletzt besass er immerhin einen VW-Hebmüller, ein zweisitziges Cabriolet auf der Plattform des VW Käfers, um den ihn manche Autofans beneidet haben dürften.
Für ein Jahr in ein Chambre séparée
René wohnte nach dem Lehrabschluss 1959 weiterhin bei seinen Eltern, doch die zogen kurz zuvor von der Zwinglistrasse 27 an die Berninastrasse 10 in Zürich-Hirschwiesen. Dort gefiel es ihnen aber nicht, sodass die Eltern in aller Eile eine neue Wohnung suchen mussten und dann an der Zschokkestrasse 38 in Zürich-Wipkingen landeten. Dort fehlte aber ein Zimmer, sodass René für die Dauer eines Jahres ganz in der Nähe an der Pfingstweidstrasse 59 in einem Chambre séparée wohnen musste. Da das Zimmer genügend nah bei den Eltern lag, kam er zum Abendessen regelmässig nach Hause, sodass sein Familienanschluss gewährleistet blieb. Danach fanden seine Eltern doch noch eine grössere Wohnung ganz in der Nähe und zogen an den Lehensteig 7 im gleichen Quartier und René kehrte nach einem knappen Jahr wieder zu seinen Eltern zurück. Er dürfte aufgeatmet haben, denn er war es gewohnt, in der Nähe seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Vater zu leben. Die Berger waren eben ausgesprochene Familienmenschen.
Endlich gab es eine Gelegenheit, einen Tatra zu erwerben
Den VW Hebmüller hat er stets vor dem Hause seiner Eltern geparkt. Eines Tages meldete sich ein Interessent, der unbedingt seinen VW Hebmüller kaufen wollte. Das war im Jahre 1960, ein knappes Jahr nachdem er seine Lehre beendet hatte. Er wohnte zu diesem Zeitpunkt weiterhin bei seinen Eltern am Lehensteig 7 in Wipkingen und hatte auch seinen 20. Geburtstag bereits hinter sich gebracht. Eigentlich wollte er den VW-Hebmüller gar nicht verkaufen, doch als der Interessent ihm einen Tatraplan mit Jahrgang 1952 im Austausch anbot, liess er sich erweichen und er vereinbarte einen Termin zur Besichtigung des Tratraplans. Es handelte sich um einen grasgrünen Wagen, so wie ihn sein Vater eine zeitlang fuhr.
Kauf des Tatraplans
Drei Tage später besichtigte er den Wagen. Er zauderte nicht lange und willigte in den Tausch per Handschlag ein, tauschte kurzerhand die Nummernschilder und die Wagenpapiere, fuhr seinen Traumwagen nach Hause und liess den VW Hebmüller zurück. Die Fahrt ging dann glatt über die Bühne.
Vorführen und Anmelden des T77
Nach enigen Tagen und ein paar Stunden Instandstellungsarbeit fuhr er den Tatraplan zum Vorführen aufs Stadtzürcher Strassenverkehrsamt an der Hirschwiesenstrasse. Der Experte liess den Wagen durch, auch wenn nicht alles so makellos war, wie es hätte sein sollen. Offenbar erkannte der Experte, dass René als Automechaniker dem Wagen gut schauen würde.
René blieb weiterhin bei seinen Eltern
Die Wohnung am Lehensteig 7 war den Bergers dann doch einen Tick zu nobel und zu teuer und so suchten die Eltern nach einer mindestens gleich grossen, aber etwas günstigeren Wohnung und fanden dann per 1. Oktober 1961 eine geräumige und gut ausgestattete Wohnung in Zürich-Schwamendingen an der Winterthurerstrasse 629. Das war dann das grosse Los. Alle waren nun sehr zufrieden, auch Heidi, Renés Schwester, die weiterhin bei den Eltern blieb, da sie noch mitten in der Ausbildung war.
Die Ersatzteilbeschaffung für den T77 war ein Problem
Nach dem Erwerb des Tratraplans musste er feststellen, dass die Versorgung mit Ersatzteilen für diesen Wagen, der schon eine Weile nicht mehr hergestellt wurde, nicht mehr so leicht war. Daher kam er auf die schlaue Idee, alte Tatrapläne T77 und T87, die nicht mehr in Betrieb waren aufzukaufen oder kostenlos abzuholen, zu zerlegen, ein eigenes Ersatzteillager zu bilden und Bauteile davon auch zu verkaufen, um die Kosten des Betriebs des Lagers so gering wie möglich zu halten. Später fuhr er dann für weitere Ersatzteile um 1963 nach Prag, wo er zufällig seine spätere Frau Jana Dvoracek kennen lernte.
Wegzug der Eltern
Nach 1963 zogen seine Eltern weg und René blieb mit seiner Schwester Heidi in der elterlichen Wohnung zurück. Heidi hatte inzwischen ihre Helikopter-Ausbildung fürs Erste abgeschlossen und René arbeitete weiterhin als Automechaniker. Beide waren beruflich sehr beansprucht und sie kamen sich in der grossen Wohnung kaum in die Quere. Zudem verstanden sich die beiden Geschwister hervorragend und beide wussten, günstiger als an der Winterthurerstrasse 629 konnten sie ihr Wohnproblem nicht lösen. Die Wohnung war damals für sie zentral gelegen und es gab genügend Parkplätze in der Nähe, auch wenn sie mal spät am Abend nach Hause kamen. Seine Schwester Heidi wohnte noch bis 1968 mit ihm in dieser Wohnung, auch wenn sie ihres Berufes wegen oft in einem Hotel übernachten musste. René arbeitete in dieser Zeit weiter als Automechaniker und beteiligte sich immer wieder an Rallyes. So kam es vor, dass die Wohnung auch mal für ein paar Tage leer stand.
Restaurantionsarbeiten an alten Tatras
Im Jahre 1984 schrieb er in einem Leserbrief in der Automobil-Revue, dass er sich seit mehr als 20 Jahren mit Tatras beschäftige, was man auch so interpretieren könnte, dass er rein rechnerisch schon im Alter von 25 Jahren begann, nicht nur seinen eigenen Tatra, sondern gelegentlich auch anderen Tatra-Fahrern den Wagen zu reparieren oder sonstwie Hilfeleistung zu erbringen. Allerdings ist die Bedeutung dieses Nebenverdienstes nicht bekannt. Sie stand auch nicht im Vordergrund, sondern vielmehr die Freude, wenn es ihm gelang einen defekten Tatra wieder zum Leben zu erwecken. Das war das Feuer, das er suchte.
Teilnahme an Rallyes
Die Ausfahrten und Rallyes an denen er teilnahm, fanden nicht nur in der Schweiz statt, sondern auch in vielen europäischen Ländern wie Deutschland, Österreich, Gossbritannien, Tschechien, Slowakei und in den Niederlanden. Bei den Ausfahrten in der Schweiz liess man auch Fahrer anderer Marken zu, doch blieben diese eher selten. Hauptsache war stets: Je älter desto besser. Auf den Tatra-Seiten findet man Bilder von solchen Ausfahrten, speziell von jenen in der Schweiz.
Ein schöner Tatra 1-603 lockte
Im Jahre 1969 hatte er dann die Gelegenheit, von Herrn Schenk jun. einen Tatra 1-603 mit Jahrgang 1958 zu erwerben. Grund des Verkaufs war, dass Ferdinand Schenk, der frühere Tatra-Importeur für die Schweiz in Worblaufen BE, verstorben war. So kam es zum Kauf, obwohl er gerade die Hochzeit mit Jana Dvoracek plante. René hat dann dem Herrn Schenk jun. eine Offerte abgegeben und erwähnt, dass er wegen der bevorstehenden Hochzeit nur knappe Mittel zur Verfügung habe, doch damit gab es keine Probleme, denn Herr Schenk jun. war voller Verständnis und wickelte das Geschäft sehr zuvorkommend ab. Dafür waren René und Jana dem Herrn Schenk bis zuletzt sehr dankbar, auch deshalb, weil sie nun ihre Hochzeitsreise nach Italien mit dem neuen weiss-roten Tatra 1-603 unternehmen konnten, der erst 11 Jahre alt war (Jahrgang 1958) und das Kennzeichen ZH-301'114 trug, jenes Nummernschild, welches er schon seit längerem hatte. Später haben die beiden mit diesem Wagen Westeuropa und auch Teile Osteuropas bereist.
Das Tatra-Register-Schweiz TRS
Auch die Erarbeitung eines Verzeichnisses aller in der Schweiz noch bekannten angemeldeten oder abgestellten Tatras war eine aufwändige Arbeit zwischen 1971 und 1980, die er zusammen mit Jana und dann auch mit weiteren Helfern besorgte. Dazu gründeten die beiden den Verein 'Tatra-Register-Schweiz' (TRS). Er blieb mit Jana noch bis gegen Ende 1971 an der Winterthurerstrasse 629. Erst dann zogen sie weg und verliessen die Stadt Zürich und auch die schöne Wohnung, weil es offenbar eine neue, noch bessere Lösung gab.
Eine eigene Autogarage
Er arbeitete weiterhin als Automechaniker, doch machte er sich irgendwann selbständig. Noch ist nicht klar, wann das war und ob das jene Garage war, die für das Jahr 1982 in Fällanden ZH gesichert ist. Diese Garage blieb dann für viele Jahre die Erwerbsgrundlage seiner Familie. Nebst Reparaturen besorgte er auch den Handel mit Autos, natürlich nicht nur mit Tatras. Die Tatras waren Hobby und Arbeit zugleich, alle anderen Autos waren Arbeit. Das ging dann so weiter bis 1999. Es ist aber bekannt, dass alle Tatras, welche René Berger restaurierte, einmalige Kunstwerke wurden und dass die Auftraggeber und Fahrer dieser Wagen mit seiner Arbeit in höchstem Masse zufrieden waren. Das kann nicht genügend hervorgehoben werden, denn wenn er einen restaurierten Wagen ablieferte, dann sah man ihm nichts davon an, weil er aussah wie neu!
René Bergers Familie
Die Bergers bekamen zwei Kinder und viel später dann auch noch Enkelkinder. Die wohnten anfänglich in der Schweiz, doch gehört das bereits in den Privatbereich, den ich nicht stören will. Sollten diese Berger-Nachfahren von sich aus mit der ogs-seebach.ch Fühlung aufnehmen, um Korrekturen oder noch mehr Infos zu liefern, dann steht dem nichts im Wege. Man melde sich unter "Kontakte" bei der ogs-seebach.ch! Es gibt allerdings noch einen Grund, warum ich mich freuen würde, etwas zu hören. Als Heidi Berger am 13.12.2004 starb, hinterliess sie als Altersheimbewohnerin zwar keine Möbel, aber sie besass noch alle ihre Aufzeichnungen in ihren bekannten Ordnern über ihre fliegerische Tätigkeit und einen Ordner voll Zeitungsausschnitte mit Berichten über ihre besonderen Leistungen mit Helikoptern. Diese paar Ordner wären sehr zielführend für einen noch weiter verbesserten Lebenslauf von Heidi Berger, der leider immer noch viele Lücken aufweist. Falls die Nachfahren von René Berger diese Ordner zufällig aufbewahrt haben sollten, dann würde ich aus verständlichen Gründen sehr gerne Kontakt aufnehmen mit den heutigen Inhabern.
Vorzeitiger Ruhestand und Auswanderung nach Tschechien
1999 beschlossen René und Jana, ihren etwas vorgelegten Ruhestand in Tschechien zu verbringen und veräusserten ihre alten Autos (Golf, Tatra 1-603 und das Corvair Cabrio). Den Tatra 1-603 bekam John Long aus den USA, der schon lange auf diesen Wagen spekulierte. 6 Jahre später verkaufte John Long diesen Tatra 1-603 dann weiter an Jeff Lane in Nashville, Tennessee, welcher dort ein Auto-Museum betreibt. Wer auf der Homepage des Lane Motor Museum etwas herumguckt, sieht dort Renés Wagen, so als wäre die Zeit still gestanden. Wer sich zufällig nach Nashville begibt und Freude hat an alten europäischen Wagen, nehme sich einen freien Tag und besichtige dieses Museum. Es lohnt sich!
Den Verein 'Tatra-Register-Schweiz' gaben sie in neue Hände, blieben aber mit diesem Verein über einen Chat bis zuletzt auch von Tschechien aus regelmässig in Kontakt. Man findet dort noch die entsprechenden Einträge im Gästebuch zu den Weihnachtstagen und zum Neujahr sowie zwei Gastbeiträge 'René Bergers Tatra-Leben' und 'René Berger - Mr. Tatra', auf denen der vorliegende Lebenslauf ebenfalls beruht. Sie wohnten gemäss Facebook in Pruhonice, einem kleinen Dorf in der Nähe von Prag.
René starb am 19. Januar 2021. Er konnte somit seinen Lebensabend noch über 20 Jahre geniessen. In Facebook findet man auch noch ein winziges Foto, wo man René und Jana zusammen mit zwei Enkelkindern sieht.
Ein kleiner Exkurs zu den Tatra-Autos und ihren Besonderheiten folgt in ansehbarer Zeit!
Der raketengetriebene Kinderrennwagen von Heidi
Heidis Raketenkinderrennwagen gelangte 1999 nach Amerika. Der "Young Switzerland" war nur noch als Karrosserieteil vorhanden, der "Berger Meteor" hingegen war noch mit dem meisten inneren Bauteilen vorhanden. Vermutlich hat er die Kinderrennwagen gleichzeit mit dem Tatra durch eine internationale Speditionsfirma nach Amerika verschifft. Alle seine drei Fahrzeuge sind heute im Lane Motor Museum in Nashville, Tennessee, ausgestellt, denn John Long hat seinen Tatra nach 6 Jahren an Jeff Lane weiterverkauft. Gemäss Derek Moore, dem Kurator des Lane Motor Museum in Nashville, Tennessee, wusste man im Oktober 2022, dass Renés Witwe Jana noch lebt, weil das Museum wegen des Tatras und dem Raketenrennauto von Heidi offenbar in gelegentlichem Kontakt blieben, so meine Vermutung.
Weitere Informationen
Der dortige Kurator des Museums hat mir inzwischen berichtet, dass seine Anfrage an Jana Berger ohne Antwort blieb, sodass ich in absehbarere Zeit selbst versuchen werde, mit Jana in Kontakt zu treten, entweder per e-mail, per Briefpost oder über Facebook. Denn es gibt für die Lebensläufe der Bergerfamilie noch ein paar offene Fragen, die wohl nur noch Jana beantworten könnte.
Alle von mir aufgefundenen Fotos zum Beitrag werden nach genauer Abklärung, was ich publizieren darf und wo ich rückfragen muss, dereinst hier nebenan publiziert. Sie folgen allerdings deutlich später, da ich das Hochladen der Fotos mit einer neuen Software zuerst noch lernen muss. Das ist aber noch für 2023 geplant.
Die Tatras im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern
Im Verkehrshaus der Schweiz gibt es nach meiner Einschätzung mindestens zwei bis drei Tatra-Fahrzeuge, eines stammt von René Berger, eines von der Erbengemeinschaft Ferdinand Schenk und ein drittes, von dem ich gar nichts weiss. Mehr dazu folgt im Laufe meiner genaueren Abklärungen!
Tatra-Erinnerungen des Verfassers im Schönauring
Im Schönauring in Zürich-Seebach wohnte um etwa 1954 ein gewisser Herr Kuhn in einem der drei grossen Wohnblöcke in der Mitte der Siedlung. Er besass einen mattgrauen Tatra 87, welcher von 1937-1939 und dann wieder von 1945-1950 gebaut wurde. Aufgrund der matten Farbe war Herr Kuhns Tatra 87 war vermutlich ein Vorkriegsmodell, welches er stets auf Höhe der REFH 26 bis 48 am Strassenrand stationierte. Der Wagen war ziemlich lang und hoch gebaut, sodass er auffiel. Noch mehr fiel er wegen seinen drei riesigen Scheinwerfern auf, welche an alte russische Dieselloks erinnerten und wohl ausgereicht hätten, das nähere Weltall auszuleuchten. Weiter fiel der Wagen wegen seinen beiden, hinter den Seitenfenstern befindlichen Luftansaughutzen auf, welche stark an einen Düsenjäger erinnerten und deren Aufgabe es war, bei hohen Geschwindigkeiten dem luftgekühlten Motor genügend Kühlung zu verpassen. Aber auch das doppelte Heckfenster mit den fixen Jalousien war ein Blickfang. Das sah man sonst bei keinen anderen Autos.
Am meisten aber fiel der Wagen wegen seiner grossen Rückenfinne auf. Der Tatra 87 war damals das einzige Auto weit und breit, welches offenbar für die erfolgreiche Geradeausfahrt eine Rückenfinne benötigte. Sie war wohl an die zwei Meter lang und erreichte an der höchsten Stelle so um 50 Zentimeter Höhe. Sie gab dem Auto bei hoher Geschwindigkeit tatsächlich mehr Seitenstabilität, reduzierte aber hauptsächlich den Luftwiderstand. Das ganze Auto wirkte irgendwie ganz anders, als alle übrigen Wagen, fast schon wie ein Flugzeug. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch das Geräusch des Motors, welches wie eine zum Start rollende Lockheed Constellation oder wie ein Douglas DC-4 klang. Der Motor war ein luftgekühlter, im Heck eingebauter 8-Zylinder-V-Motor mit drei Litern Hubraum und mit schlichten 75 PS Leistung.
Als Herr Kuhn den Wagen um 1953 kaufte und erstmals am Schönauring stationierte, brauchte er für Zuschauer nicht zu sorgen. Die strömten aus allen Richtungen ungefragt herbei und betrachteten das Auto mit Verwunderung, Verdatterung und Verblüffung. Es dürfte eine ganze Weile gedauert haben, bis sie alle fertig konsterniert waren. Als hätte sich jemand einer Buschtrommel bedient, kamen vor allem Kinder zu dem Wagen und gafften und gafften und gafften und konnten nicht lange genug ihre Augen auf das eigenwillige Aussehen des Autos richten. Bewundert wurden die grossen weissen Rundinstrumente, die Ledersitze und das Edelholz im Bereiche der Führerkanzel. Das Auto war als Neukauf sicher ziemlich teuer, doch Herr Kuhns Modell war schon ordentlich bejahrt und dürfte nicht mehr so unerschwinglich gewesen sein.
Ebenfalls eine grossartige Schau zog Herr Kuhn ab, wenn er sich anschickte, den Motor des eigenwillig wirkenden Autos in Schwung zu setzen. Genau wie Heinrich Pfister bei seinem Peugeot 402, bediente er sich dazu einer langen Kurbelstange, welche er im vorderen Kofferraum des Wagens immer mit sich führte. Ebenfalls genau wie Heinrich Pfister kurbelte er nun an der Kurbelstange, als gälte es, sein frisch gebügeltes Hemd vorzufeuchten. Ganz im Unterschied zu Heinrich Pfisters Peugeot, geruhte der Tatra jedoch, nicht gleich bei der ersten Kurbeldrehung anzuspringen. Vielmehr zählte der Wagen auf die Geduld und die grenzenlose Kraft seines Fahrers und beliebte erst, so beim vierten oder fünften Versuch laut spotzend anzuspringen. Es ist eben ein Unterschied, einen Vierzylinder-Reihenmotor oder einen Achtzylinder-V-Motor von Hand anzuwerfen. Einmal in Schwung gesetzt, dauerte es dann noch ein Weilchen, bis der Motor einen gleichmässig runden Lauf annahm. So hatte Herr Kuhn schön Zeit, seine Kurbelstange wieder im Kofferraum zu verstauen, seine nasse Stirn abzuwischen und hinter dem Steuer Platz zu nehmen. Beim erstmaligen Gasgeben konnte es geschehen, dass im Auspuff noch unverbranntes Gemisch mit lautem Knall nachverbrannte. Das gehörte bei seinem Auto schon fast zum täglichen Ritual. Auf diese Weise erfuhren an die tausend Leute gleichzeitig, dass Herr Kuhn jetzt zur Arbeit fuhr.
Bevor es aber zur Arbeit ging, musste er eine Runde um den Schönauring herum fahren, denn wenden konnte man auf der schmalen Strasse nicht. Falls ihm Kinder beim Anwerfen zuschauten, dann rannten diese dem Wohnblock 63-67 entlang und beobachteten Herrn Kuhn und sein Auto beim Vorbeifahren auf der anderen Seite des Schönaurings. Auf diese Runde freuten sich die Kinder stets ganz besonders, denn der Klang des Motors war unbeschreiblich. Einmal in Fahrt tönte er nicht mehr wie ein viermotoriges Verkehsflugzeug beim Rollen, sondern eher wie ein schwerer Panzer, dem man den Auspuff etwas zuhält.
Wer den Originalklang des Motors hören möchte, schaue sich die paar Kurzfilme auf Youtube an. Leider findet sich dort allerdings nur ein einziger Tatra 87 mit Rückenfinne, der Rest sind neuere Versionen des Typs Tatra 603, doch der allgemeine Eindruck ist ganz ähnlich. Die OGS wünscht viel Spass!
Wer noch mehr über die Tatra-Gemeinschaft erfahren will, findet unter den nachfolgenden Websites weitere Infos:
- René Berger's Tatra Life, Kees Smit, Tatra World.nl - Tatra.ch - Wikipedia Tatra 87 - "Tatra T77: Mit guter Aerodynamik, perfekt restauriert" (das grüne Modell, welches auch René Berger fuhr)
Quellen: - eigene - René Berger's Tatra Life, Kees Smit, Tatra World.nl - Automobil-Revue 1982/4, Archiv Kees Smit - Tatra.ch - Archiv Dr. E. Stöcklin (Detailinfos) - Adressbücher der Stadt Zürich von 1954-1971 - Werner Broger (Renés Cousin), indirekt über Infos zu Hans und Heidi Berger