OGS Seebach - Beitrag

Bombenkrater
Ereignisse – Unglück – historisch
Seebach war in der Nacht vom 17. zum 18. Mai 1943, kurz nach 23 Uhr Ziel eines Sprengbombenabwurfs britischer Flieger, die von Nordosten nach Südwesten das Quartier überflogen. Eine erste Bombe landete im Eichrain auf Rümlanger Gebiet und verursachte dort einen grossen Krater im Wald, der sich bald mit Wasser füllte und für längere Zeit ein Waldseeli bildete.

Eine zweite Bombe landete knapp am Strassenrand des oberen Eichrainweges, 60 m vom Restaurant Waldegg entfernt, explodierte jedoch nicht. Der Aufschlagort dieser Bombe lag ebenfalls noch auf Rümlanger Boden, etwa 2-3 m von der Strasse entfernt. Nach der erforderlichen Wartezeit wurde der Blindgänger von Truppen auf einer eiligst erbauten Holzrampe den Todeshang hinunter befördert und am Waldrand des Eichrains nahe der Strasse Tempelhof-Glattbrugg zur Explosion gebracht. Von dieser Explosion sind noch Splitter in der Privatsammlung von Alb. Meier vorhanden. Er war es auch, welcher der OGS die Details zur Explosion dieses Blindgängers lieferte.

Eine dritte Bombe fiel auf den Buchwiesen-Schlittelhang, gemäss Hans Kaspar Schaffner sehr nahe an den Treibbeeten seines Vaters und gemäss Werner Schönenberger sehr nahe bei seinem Haus und gemäss Alfred Wettstein eher näher bei seinem Haus. Eine Foto in der Basler «National-Zeitung» macht es aber klar: Im Hintergrund ist deutlich der Asphof zu erkennen, sodass die Bombe doch näher beim Asphof nieder ging. Die gleiche Aufnahme fand sich auch im «Gelben Helftli». Der Krater war halb so gross wie der Aushub für ein EFH und mehrere Meter tief. Splitter flogen mehrere hundert Meter weit. Einzelne Dreckklumpen erreichten Distanzen von 400 m. Echte Schäden entstanden nur an den Häusern von Wettstein, Schönenberger, Schaffner und am Asphof, wo Teile des Dachstocks oder Ziegel ersetzt werden mussten. Der Besitzer dieses Hauses erhielt als einziger keine Entschädigung durch die Briten, da er Deutscher war und angeblich in der Wehrmacht diente. Bei Ernst Schaffner gingen zahlreiche Gläser der Treibbeete in die Brüche. In der Zeitung «Der Gärtnermeister» vom 22.5.1943 erfährt man dann, dass der Bombenkrater exakt 15 m von der Grenze der Gärtnerei niederging. Dazu muss man wissen, dass die Gärtnerei einen Zipfel Land besass, welcher unterhalb des Asphofes bis an den Schlittelhang reichte. Siehe Gemeindeplan vom Juni 1932!

Alfred Wettstein hat seither «britische» Ziegel auf seinem Dach, wie er sagte. Damit meinte er wohl die von den Briten bezahlten «neuen» Ziegel. Da Alfred Wettstein zum Zeitpunkt des Ereignisses im Aktivdienst war, hat sich sein Nachbar Werner Schönenberger darum gekümmert, dass Frau Wettstein wieder ein trockenes Dach bekam. Weitere Schäden entstanden an einer Stromleitung, wo vier Kabel durchtrennt wurden. Kleine Lehmknollen flogen bis zum Haus Hochstrasser hinter der Schwelli und klebten dort an der Hauswand. Dies ist die nachgewiesene 400 m-Distanz, welche weiter oben erwähnt ist. Das Bombenloch war viele Tage lang Anziehungspunkt für Schaulustige. Es wurde bald darauf mit anderem Aushubmaterial wieder zugeschüttet. Die genaue Lage des Bombenlochs war 112 m vom damaligen Wohnhaus der Gärtnerei Schaffner, 32 m von der Rümlangstrasse und etwa 87 m vom Haus Schönenberger und 112 m von Haus Wettstein entfernt. Auch von dieser Bombe sind in der privaten Sammlung von Hans Kaspar Schaffner noch Splitter vorhanden. Siehe Foto nebenan!

Eine vierte Bombe fiel ein eine Minute später auf den Bahndamm der Linie Seebach-Affoltern und zwar genau beim Eintritt der Bahnlinie in das Hürstholz, unweit der Bahnunterführung der Seebacherstrasse. Diese Bombe war ein Blindgänger, der nach der notwendigen Wartezeit abtransportiert und am Waldrand zur Explosion gebracht wurde. Die Garbe erreichte eine Höhe von 120 m. Siehe Fotos!

Die genaue Stelle des ehemaligen Bombenkraters kann in trockenen Sommern leicht erkannt werden, denn bei wenig Niederschlag verfärbt sich das dortige Gras schneller gelblichbraun. Grund ist der Umstand, dass das Loch mit Aushubmaterial wieder aufgefüllt wurde. Der Untergrund bestand aber ursprünglich schon in geringer Tiefe zumeist aus Kalkmergel, welcher einen Stauhorizont bildete. Das bedeutet, dass über dem unversehrten Teil der Wiese das Wasser weniger schnell in die Tiefe versickert. Somit bleibt dort das Gras länger grün.

Hans Kaspar Schaffner vermutete, dass die britischen Piloten wohl dachten, seine Glashäuser wären eine Fabrik. Dies scheint naheliegend, doch da die erste Bombe bereits im Eichholz auf Glattbrugger Boden fiel, wiederspricht dies etwas dieser Annahme. Möglicherweise haben die Piloten oder besser die Bombenschützen ihre eigenen Gründe gehabt, die vier Bomben fallen zu lassen. Man hörte nämlich, dass diese die Bombenlast einfach los werden wollten, nachdem sie feststellten, dass sie sich verflogen hatten. Immerhin mussten sie ja wieder den ganzen Weg zurück nach England fliegen. Diese Information stammt allerdings nicht vom britischen Verteidigungsministerium, sondern vom Seebacher Volksmund.

Die amtliche Darstellung lieferte dann der Tages-Anzeiger in seiner Ausgabe Nr. 116: "In der Nacht zum 18. Mai 1943 überflogen fremde Flugzeuge in grosser Höhe die Ostschweiz in westlicher Richtung nördlich der Linie St. Gallen-Zürich-Koblenz. In der Ostschweiz wurde Fliegeralarm gegeben. An der Stadtgrenze von Zürich wurden zwei Sprengbomben abgeworfen. Die eine Sprengbombe fiel in der Nähe der Strassenkreuzung Rümlang-Leimgrubenstrasse nieder, beschädigte eine Gärtnerei und zertrümmerte die Fensterscheiben der umliegenden Häuser. Eine elektrische Hochspannungsleitung wurde niedergerissen und beschädigt. Personen kamen keine zu Schaden. Ein Blindgänger ging auf der Eisenbahnlinie Seebach-Affoltern-Wettingen nieder, ohne zu explodieren. Eine Untersuchung ist im Gang. Zens.-No. VI 12 606 S". Wie man leicht feststellt, ist auch die amtliche Darstellung unvollständig, lefert aber immerhin Angaben über die Flugrichtung und den Hinweis, dass es mehr als ein Flugzeug war. Die Seebacher Ohrenzeugen berichteten aber nur von einem Flugzeug.

Quellen:
- Der Gärtnermeister, 22.5.1943 (Hans Kaspar Schaffner)
- National-Zeitung, 19.5.1943 (Eva Jenny Hauck)
- Schweizerische Allgemeine Zeitung, Mai 1943 (Hans Kaspar Schaffner)
- Alb. Meier, alt Förster, Rümlang (Bombensplitter)
- Frau Kuster, Wirtin, Restaurant Waldegg (Bombenkrater Eichrain)
- Alfred Wettstein, Glasschleifer ('britische' Ziegel)
- Hans Kaspar Schaffner (Bombensplitter)
- Alwin Hochstrasser (Lehmklumpen an der Hauswand)
- Werner Schönenberger (Dachreparatur Wettstein)
- Ernst Benninger (Stromkabel)
- OGS-eigene

Bombenkrater (1943)

Der noch offene Krater am Buchwiesenhang.

Bombenkrater (1943)

Hier sieht man die gleiche Foto von der Explosion der Bombe im Hürst. Diese Foto fand sich in einer Ausgabe des «Gärtnermeisters», welche Hans Kaspar Schaffner glücklicherweise aufbewahrte. Diese Foto war zwar weniger scharf, dafür noch gut erhalten.

Bombenkrater (1943)

Auf diesem Ausschnitt aus dem Gemeindeplan von 1932 sieht man rot punktiert die Liegenschaft der Gärtnerei von Ernst Schaffner. Der Standort des Bombenkraters befindet sich beim roten Kreuz.

Bombenkrater (2002)

Auf dieser Wiese ganz rechts schlug die Bombe ein.

Bombenkrater (2002)

Noch immer ist auf halber Höhe des Abhangs der ehemalige Bobenkrater durch eine schwache Verfärbung zu erkennen. Wenn man es weiss.

Bombenkrater (2003)

Ein Bombensplitter jenes Blindgängers, der am Eichrainweg einschlug und dann vom Militär im Eichholz gezündet wurde. Er wurde von Alb. Meier im Bärenbohl aufbewahrt.

Bombenkrater (2004)

Zwei Bombensplitter von jener Bombe, welche am Buchwiesenhang einschlug und explodierte. Diese Bombensplitter hat Hans Kaspar Schaffner in seiner Gärtnerei gefunden und für die Nachwelt aufbewahrt.

Bombenkrater (2010)

Am westlichen Waldrand des Eichholzes etwa in der Mitte dieses Bildes nördlich des Todeshangs bei der Waldegg und dem Tempelhof wurde der 1. Blingänger von der Armee zur Explosion gebracht.

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