Primarlehrer und Seebacher Chronist. Geboren am 22.12.1898 in Örlikon, gest. am 8.5.1980. Reinhard Ochsner war das einzige Kind des Örliker Lehrers Reinhold Ochsner. Von seinem Vater stammen 5 gezeichnete Örliker Gemeindepläne aus früherer Zeit, welche Sie in der OGS Seebach unter dem Stichwort Gemeindepläne betrachten können. Reinhard war also so etwas wie vorbelastet. Er ist in Örlikon aufgewachsen und besuchte dort die Primar- und Sekundarschule und das Lehrerseminar. Die RS absolvierte er in Herisau. 1918 bekam er die erste Verweserstelle in Teufen ZH. 1922 heiratete er Rosa Gerteis, Tochter des Seebacher Gemeindeweibels. Sie hatten zwei Söhne: Reinhard jun. (1924) und Heinz (1929). Von 1922 bis 1927 unterrichtete Reinhard Ochsner in Eschlikon ZH und 1927-1933 in Adliswil ZH.
1933 kehrte er nach Seebach zurück an das Kirchenfeld 15, arbeitete aber in Örlikon als Primarlehrer der 7. und 8. Klasse. Erst danach wechselte er nach Seebach und unterrichtete bis zur Pensionierung im Schulhaus Buhn, dann jeweils die 4. bis 6. Klasse. Reinhard Ochsner galt als allseits beliebter, hingebungs- und temperamentvoller Lehrer. Er hatte die Besonderheit, mit seinen Augen nervös zu zwinkern. Seine natürliche Ausstrahlung erledigte 90% der üblichen Sorgen eines Lehrers auf das Eleganteste. Den Rest erledigte er dann von Hand. Damit sind aber nicht Prügel gemeint. Obwohl es damals noch üblich war, den Kindern zur Strafe Tatzen oder Ohrfeigen zu erteilen oder sie sonst wie zu züchtigen, so war das dank dem oben zitierten Prinzip bei ihm meistens nicht nötig.
Mit seinem spannenden Unterricht weckte er bei allen seinen Schülern so viel Interesse, dass es nur selten vorkam, jemanden strafen zu müssen. Wenn es trotz allem doch einmal so weit kam, dann zog er die Buben an den kurzen Haaren vor dem Ohr. Das tat zwar dem Betroffenen recht weh, aber es wirkte auf die anderen Schüler nicht wie eine Prügelei. Unaufmerksame Schüler fragte er immer wieder: "Bisch im Bild?". Einmal traute sich ein Schüler zu erwidern: "Nein, im Rahmen!" Das führte dann zu einer flüchtigen Ohrfeige. Bekannt geworden ist auch, dass Reinhard Ochsner wegen seiner Ruhe auch absichtlich in Harnisch gebracht wurde. Das kam gelegentlich im Turnunterricht vor. Erregte man ihn dort über Gebühr, dann drohte er auch schon mal mit der Hochsprunglatte, welche er den unartigen Schülern wie ein Speer entgegen hielt.
Er hatte auch einmal einen schönen Schäferhund namens Rex, welcher leider beim Überqueren der Seebacherstrasse von einem Autofahrer angefahren wurde und verstarb. Darüber hat Reinhard Ochsner noch lange getrauert.
1961 verstarb seine Frau. Nach seiner Pensionierung 1963 betreute er als Aushilfslehrer noch eine Weile weiterhin Schulklassen. Dann trat er endgültig zurück. Reinhard Ochsner litt unter dem Alleinsein sehr, bis er 1967 Anna Wohlwend kennen lernte und nochmals heiratete. Er war seit 1935 im Männerchor tätig und zwar bis ins hohe Alter und nicht etwa als Kassier, sondern als Sänger mit kräftiger Stimme. Von 1942 bis 1971 war er auch im Vorstand des QVS tätig, wobei er zuletzt als Protokollaktuar wirkte. Nach seinem Rücktritt aus dem Vorstand wurde er zum Ehrenmitglied ernannt.
Leider war sein Lebensabend nicht frei von Altersgebrechen, was dem leidenschaftlichen Spaziergänger zusetzte. Am 6.5.1980 stürzte er und erlitt einen Oberschenkelbruch. Nach der Operation, die er scheinbar gut überstand, verstarb er unerwartet 2 Tage später. Er soll friedlich eingeschlafen sein. Reinhard Ochsner trug in den 1940er Jahren den Übernamen Öche, in den 1950er Jahren war dann eher Knorrli üblich. Dieser Name kam zustande, weil zu seinem Exkursionsprogramms auch ein Besuch der Nährmittelfabrik Knorr gehörte, wo die Schüler ein Knorrli erhielten. Es war damals üblich, bekannte Firmen in der näheren und weiteren Umgebung zu besuchen. Auch die Mineralquelle Eglisau, die Suppenfabrik Maggi und andere gehörten dazu. Allerdings waren die Lehrer frei, welche Firmen sie besuchten.
Reinhard Ochsner galt als schneller Wanderer. Seine Wandergeschwindigkeit betrug nach vielfacher Überlieferung etwa 6.4 km/h, war also so hoch angesetzt, dass man ausser Atem kam, wenn man mit ihm beim Gehen sprechen wollte. Er meinte dann jeweils, dass man beim Gehen besser die Landschaft geniesse, als zu schwätzen.
Als Chronist verfasste er folgende Werke über Seebach, alle in den Seebacher Nachrichten, der NZZ und im Tagi veröffentlicht:
- Vom Rösslitram über die ZOS, Seebacher Nachrichten 1951 - Grosse Seebacher Chronik, Seebacher Nachrichten 1952 - 60 Jahre QVS, Seebacher Nachrichten 1953 - Der Spaziergang des Monats, in 4 Folgen, Seebacher Nachrichten 1953 - Vom Dorf zum Stadtquartier Tages-Anzeiger 7.1954 - Die Geschichte von Seebach, 1880-1910, Seebacher Nachrichten 1955-57 - Vom dörflichen Seebach zum städt. Wohnquartier, Seebacher Nachrichten 1957 - Ein altes Schulhaus verschwindet, Seebacher Nachrichten 1958 - Aus der Geschichte der Schule Seebach, Seebacher Nachrichten 1958 - Um unseren Bahnhof, 6 Folgen, Seebacher Nachrichten 1959 - Seebach vor 50 Jahren, Seebacher Nachrichten 1960 - Wie Seebach zu seinem Bahnhof kam, Seebacher Nachrichten 1960 - Der Tannenhof in Seebach, Seebacher Nachrichten 1964 - Kennen Sie Seebach?, Seebacher Nachrichten 1968 - Kleine Seebacher Geschichte, Seebacher Nachrichten 1970
Mit Sicherheit ist diese Aufzählung unvollständig, das entspräche ganz dem Wesen dieses Lehrers. Er hat nämlich stets mehr geleistet, als man gemeinhin dachte.
Achtung: Klassenfotos können beim Staatsarchiv des Kantons Zürich, unter Klassenfotoarchiv jederzeit on line nachbestellt werden!
Quellen: - Tagespresse - Max Lehmann - Ernst Roth (Übername Öche) - Seebacher Nachrichten - Andreas Frei (Übername Knorrli, Besuch von Knorr, Schulhaus) - OGS-eigene (übriges)