Zigarrengeschäft. Der Laden befand sich an der Hertensteinstrasse 10. Wohnhaft gewesen war Albert Barth an der Katzenbachstrasse 193. Sein Geschäft lag direkt neben der Bäckerei Hermann Hippin, vormals Raduner. Albert Barth war fast blind und dennoch war er imstande, seinen Laden völlig selbständig zu führen. Das gelang ihm dank seiner Frau. Neben Zigarren verkaufte er natürlich noch alle anderen Raucherwaren, was auch Benzin-Feuerzeuge, Zündhölzli, Fidibusse, Zigarrenschneider, Ronsonol, Ersatz-Feuersteine, Pfeifen, Pfeifentabak, Pfeifenputzer, Pfeifenständer usw. einschloss.
Obwohl man damit nicht reich werden konnte, konnte er überleben. Da mein Vater Pfeifen- und Stumpenraucher war, konnte ich ab und an zum Einkaufen mitgehen. Die dunkelblauen Amsterdamer-Beutel durfte ich sogar als kleiner Junge schon selbständig «posten», auch die gelben Mary-Long-Päckli für die Mutter. Bei den Zigaretten hatte Barth kein Vollsortiment, sondern er führte nur teure Marken wie Turmac in allen Farben usw. sowie die Massenware von Turmac, wie Parisienne und die bereits erwähnten Mary Long usw.. Er betrieb auch keinen eigentlichen Kiosk. Dafür hatte er jede Menge Zeit, den geniessenden Raucher ausgedehnt zu beraten.
Für mich war der Besuch im Barth'schen Zigarrengeschäft stets ein Erlebnis, denn es roch so richtig schön fein von den vielen Tabaken. Manchmal liess mich Barth auch an den offenen Tabak-Musterdosen riechen. Das war dann schon eine frühe Form des Schnüffelns. Ich habe trotz dieser «Einführung» das richtige Rauchen nie gelernt, obwohl ich es sieben Jahre lang versuchte. Riechen und Rauchen war eben zweierlei. Noch heute rieche ich gerne an frisch geöffnetem Pfeifentabak.
Barths Nachfolgerin wurde im November 1955 dann Marie Lind von der Hertensteinstrasse 6. Albert Barth zog in ein neues Geschäft an die Friesstrasse 22, wo er sich mehr Umsatz erhoffte. Gleichzeitig erweiterte er sein Angebot um Papeterieartikel und Zeitschriften. Im April 1959 übergab er das Geschäft alters- und gesundheitsbedingt an A. & M. Rimensberger.
Marcel Fisler schreibt ergänzend zu den Barths:
"Um das Jahr 1954/55 zog das Ehepaar Barth an der Friesstrasse 22 ein. Sie übernahmen eine Wohnung und eröffneten im Ladenlokal ein Tabakgeschäft. Dort habe ich meine ersten Zigaretten gekauft. Zuerst noch offene, 5 Rappen das Stück, später dann Pakete und noch später ganze Stangen. Ein Paket Zigaretten kostete einen Franken. Parisienne gab es in einer ungewöhnlichen Packung mit quadratischem Querschnitt. Weit verbreitet waren auch Stella Filter, Mary Long und Brunette. Zigaretten wurden offensichtlich mit Frauen assoziiert; davon zeugen nicht nur die Namen der populärsten Marken, sondern auch die hübschen Fräuleins, die von den Packungen lachten.
Im Laden bediente meist der blinde Herr Barth. Mit faszinierender Präzision holte er die richtige Packung aus dem grossen Regal hinter sich. Nie tat er einen Missgriff. Und dann das Geld! Er erkannte selbst Banknoten ohne einen einzigen Irrtum in all den Jahren. Und damals waren sie noch nicht mit Blindenschrift versehen. Mich erkannte er allein am kurzen Â?Grüezi Herr BarthÂ?, wenn ich den Laden betrat."
Quellen: - OGS-eigene - Robert Berger-Wirz - Seebacher Nachrichten 8/1959 - Marcel Fisler (zu den Barths)