Der klassische Schinken-Käse-Hörnli-Auflauf ist ein gesamtschweizerisches Rezept und in allen Sprachregionen heimisch. Das Rezept findet sich sogar über die Landesgrenzen hinweg im gesamten alemannischen, kaum aber im lateinischen Sprachraum. Mit dem alemannischen Sprachraum sind ausserhalb der Schweiz speziell auch das Elsass, Südbaden, Schwaben, Allgäu, Vorarlberg und Liechtenstein gemeint.
Das hier vorliegende, von der klassischen Form etwas abweichende Rezept, hat eindeutig hiesige Wurzeln, stammt es doch aus meinem Bekanntenkreis. Allerdings sind inzwischen weit über 30 Jahre vergangen, seit ich dieses Gericht letztmals in Baden AG von Theresia Mösli vorgesetzt bekam, sodass es im Laufe der Jahre durch mich wohl ein paar unmerkliche Änderungen und Anpassungen erfuhr. Es gibt für dieses Gericht kein Originalrezept, sondern mindestens viele hundert Varianten.
Aufläufe scheinen heute bei den jüngeren Leuten und in der modernen Küche nicht mehr der ganz grosse Renner zu sein. Da zum Glück auch jüngere Leute aber irgendwann älter werden, kommen sie gerne wieder auf Omas Aufläufe zurück. So ist der Lauf der Geschichte, seit Generationen! Das nachfolgende, derzeit als veraltet betrachtete Gericht wird von mir aber nichtsdestotrotz weiter gepflegt und es gibt glücklicherweise immer wieder auch jüngere Gäste, welche es mögen und mich ermuntern, es weiterhin zu kochen und zu publizieren.
Als ich im Jahr 2002 eine Halbüberwinterung in Pythagorion auf der griechischen Insel Samos verbrachte, wohnte ich bei der Tochter einer guten Seebacher Bekannten. Und weil ich gerne kochte, genoss ich recht grosse Freiheiten in der Küche und die Mutter zweier Töchter hatte nichts dagegen, wenn ich ihr die Arbeit in der Küche abnahm. Als ich eines Tages den Schinken-Käse-Hörnli-Auflauf zubereitete, waren alle gleichermassen begeistert über die Abwechslung und griffen kräftig zu. Dieses zeigt, dass Aufläufe alemannischer Machart über die Landesgrenzen hinweg zu erfreuen vermögen, selbst viel weiter im Süden, wo man ohne die originalen Zutaten auskommen musste!
Zutaten für 4 Personen:
- 500 g Eierhörnli - 1 mittelgrosse Zwiebel, in sehr feine Würfelchen geschnitten, nicht gehackt! - 3 Knoblauchzehen, feinblättrig geschnitten, nicht gehackt und nicht gepresst! - 30 g Butter, zum Einbuttern der Auflaufform, zum Dünsten und zum Belegen - 200 g Hinterschinken, in 1 cm² grosse Plättchen geschnitten, es eignen sich auch fertig zugeschnittene Würfelchen - 3 Eier - 3 dl Rahm - 80 g Parmesan oder Grana Padano, frisch gerieben - schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen - 20 Basilikumblätter oder Liebstöckelblätter (Idee nicht von den Möslis!) - Muskat - Cayenne-Pfeffer, massvoll - Salz
Vorbereitung
- In einer grossen Kasserole drei Liter Wasser zugedeckt erhitzen.
Zubereitung
- Sobald das Wasser zu sieden beginnt, salzen (ca. 9 g/Liter) und die Hörnli dazugeben. Mit einer Holzkelle immer wieder rühren, damit sie nicht zusammen kleben. Regelmässig kosten, bis sie al dente sind. Ein Tropfsieb passender Grösse in den Schüttstein stellen. Al-dente-gekochte Hörnli in das Tropfsieb schütten. Hörnli gut abtropfen lassen. Energiebewusste Leute fangen das heisse Wasser im Winter in einer Schüssel auf, decken sie zu und lassen sie in der Küche auskühlen. Sie wirkt dann wie eine kleine Heizung (Idee nicht von den Möslis!).
- In einer beschichteten Bratpfanne die fein geschnittenen Zwiebeln in wenig Butter sehr langsam andünsten bis sie schön goldgelb sind. Dazu darf man ihnen gerne 20 bis 30 Minuten Zeit lassen. Dann den gescheibelten Knoblauch und den Schinken dazugeben und noch ein paar wenige Minuten mit dünsten.
- Eine Auflaufform einbuttern (ich benütze eine uralte aus Jenaer Glas) und die Hörnli lagenweise mit der gedünsteten Schinken-Zwiebel-Knoblauch-Mischung und dem geriebenen Käse auffüllen. Die Eier zusammen mit dem Rahm, Salz, Muskat und Cayenne-Pfeffer gut verquirlen und gleichmässig über die Hörnli giessen. Die restliche Butter in kleinen Stückli über die Hörnli verteilen.
- Nicht zugedeckt in den kalten Backofen stellen und während 20 Minuten auf 200°C überbacken, dann die Temperatur auf 180° C zurückstellen und nach etwa 35 Minuten herausnehmen, etwas abkühlen lassen und servieren. Der Verzicht auf das Vorheizen des Backofens hilft mit, Strom zu sparen. Da aber jeder Backofen wieder etwas andere Backzeiten benötigt, sollten Sie Erfahrungen sammeln und Notizen machen.
Garnitur:
- Jedermann würzt seine Portion nach Belieben mit schwarzem Pfeffer und etwas geschnittenen Basilikum- und/oder Liebstöckelblättern.
- Als Beilage reicht ein grüner Salat.
Ergänzende Bemerkungen:
1. Dazu passt ein guter Schweizer Landwein, sowohl roter wie weisser, Süssmost, Mineralwasser oder ganz einfach Hahnenburger.
2. Das Rezept eignet sich auch für das schmalere Budget. In der Sparvariante reduziert man den Schinkenanteil oder nimmt Cervelats statt Schinken, Milch statt Rahm, günstigeren Käse usw. Da der Käse bei diesem Gericht eine wichtige Rolle spielt, sollte man beim Ausweichen auf günstigeren Käse einen würzigen wählen, z. B. Raclette-Käse, den man immer wieder recht preisgünstig in 500-Gramm-Packungen erhält. Eine erfahrene Hausfrau schafft es auch so, daraus ein Festessen zuzubereiten.
3. Damit das Rezept ein Erfolg wird, ist es wichtig, dass alle Zutaten miteinander harmonieren, vor allem auch die Würze. Das braucht etwas Übung, daher empfiehlt es sich, zuerst mit einer kleinen Auflaufform zu üben und die Zutaten sehr präzise zu wägen und sich Notizen zu machen.
4. Man ist gut beraten, die obigen Mengen je nach Grösse der Kinderschar eher reichlich zu bemessen, denn wenn der Auflauf gelingt, dann ist die Schüssel rasch geleert!
5. Liebstöckelblätter bekommt man kaum noch bei den Grossverteilern, denn siese haben es ab etwa 2010 schrittweise aus dem Sortiment genommen. Auch bei den heutigen Köchen ist es leider aus der Mode gekommen ist. Dadurch geht die Weitergabe des Wissens um dieses hervorragende Küchenkraut verloren. Es ist daher ratsam, sich eine solche Staude im Frühjahr rechtzeitig in einem Gartenzentrum zu besorgen und im eigenen Krautgarten zu halten. Liebstöckel gedeiht auch in einem grossen Pflanztrog auf dem Balkon, muss dann aber im Winter etwas vor der Kälte isoliert werden. Ausserdem leiden solche Stöcke meist an Engerlingen und an Blattläusen, die sich immer wieder einschleichen. Man ist also gut beraten, wenn man sein Liebstöckelkraut sehr gut beobachtet.
Die Blätter des Krauts lassen sich sehr vielfältig verwenden, insbesondere zusammen mit flachblättrigem Peterli und/oder mit Basilikum: Beim Pesto, in Suppen, zum Kartoffelsalat, zu Braten, Marinaden usw. Liebstöckel ist ein sehr aromatisches Kraut. Mehr darüber findet man im Beitrag Liebstöckel!