Binzmühlestrasse 28 (1950). Eigentümer und Betreiber der Kantine war Primo Amaducci-Rimbocchi, Kantinier, ursprünglich Binzmühlestrasse 9 (1931). Das Haus in welchem er seine Kantine betrieb, trug die alte Assek-Nr. 1D, neu 513. Es war zusammengebaut mit dem Hausteil 512, Binzmühlestrasse 30. Das Haus wurde bereits 1820 erbaut und 1959 abgetragen. Seine Frau hiess Virginia. Sie betätigte sich in Ergänzung zur Tätigkeit ihres Mannes als Kostgeberin, woraus klar geschlossen werden kann, dass das Lokal «da Nani» vor allem der Verköstigung diente. Noch unklar ist, ob seine Kantine schon von Anfang an als Restaurant «da Nani» auftrat, oder ob diese Bezeichnung erst später hinzu kam. Die Fotos im Baugeschichtlichen Archiv Zürich zeigen beide Varianten: Es gibt eine Aufnahme, auf welcher man 'da Nani' lesen kann. Dieses Schild befand sich beim Restaurant. Es gibt aber auch eine Foto, wo man an der Hausfront bei der Friesstrasse 'Cantine Amaducci' lesen kann.
Unter Kostgeberei verstand man in jener Zeit, dass die Gäste sich verpflichteten, regelmässig zum Essen zu erscheinen und dafür einen Fixpreis pro Woche oder Monat zahlten. Die Kantine galt somit als Kostgeberei. Damit war Primo Amaducci eher ein Koch als ein Wirt, während seine Frau in erster Linie eine Serviertochter war. Seine Hauptkundschaft waren die italienischen Gastarbeiter und später immer mehr die niedergelassenen Italiener. In dieser Hinsicht glich sein Betrieb am ehesten jenem von Antonio Bertolaso und Battista Crosara, siehe dort! Damit sich die Gäste wohl fühlten und vor allem an den Wochenenden länger blieben, gab es auch eine Bocciabahn, welche auch fotografisch festgehalten wurde. Primo Amaducci war übrigens sein eigener Herr und Meister, denn der Hausteil in welchem sein Restaurant untergebracht war, gehörte ihm höchst persönlich. Das verrät das Adressbuch von 1913.
Jedermann nannte sein Restaurant kurz «Amaducci». Der eigentliche Name des Lokals war aber «da Nani», allerdings wurde es vermutlich erst nach 1931 so genannt. Erst später wandelte sich die Kantine allmählich in ein Restaurant. Er konnte nämlich kochen und zwar richtig gut und typisch italienisch, einfach und preiswert! Diese Rechnung ist für ihn stets aufgegangen und damit hatte es sich. Seine langjährige Serviertochter hiess Helga Bickel und war die Schwester des bekannten und erfolgreichen Fussballinternationalen Fredy Bickel.
Der Wirt war eingewandert aus Muniei bei Feltre, Italien, vor 1900. Er hatte zwei Kinder. Sein Sohn, ebenfalls Primo genannt, führte später in Örlikon das Restaurant «Henne». Seine Tochter führte später das Restaurant «Eisenbahn», ebenfalls in Örlikon.
Primo Amaducci soll als Gast anscheinend oder angeblich einmal Benito Mussolini beherbergt haben, als dieser am 1. Mai 1913 in Zürich eine flammende Rede hielt. Damals hatte das natürlich noch nicht viel zu bedeuten, denn Benito Mussolini war während der Zeit, als er immer wieder in der Schweiz war, sei es, um zu arbeiten oder einfach nur, um eine Rede zu halten, eine noch wenig bekannte Person. Zürich besuchte er nur, um die obige Rede zu halten, doch soll er dann gut eine Woche hier geblieben sein. In seinen Memoiren ist von diesem Zürcher Aufenthalt nichts vermerkt, was vermuten lässt, dass er in der Tat keine Bedeutung hatte.
Das Restaurant «da Nani» war damals äusserst populär, nicht nur bei den italienischen Einwanderern, sondern auch bei der einheimischen Bevölkerung, vermutlich nicht nur wegen dem guten Essen, sondern auch wegen der echt italienischen Atmosphäre. Dabei gab es das einfachste Gericht jeden Tag, das waren seine Spaghetti alla napoletana, auch Spaghetti al pomodoro genannt. Damit diese auch stets den richtigen Geschmack hatten und an Italienität nichts zu wünschen übrig liessen, hatte er einen Lieferanten, welcher in der Lage war, fast ganzjährig immer frischen Basilikum zu liefern! Es war ein Marktfahrer, welcher auf dem Örliker Markt einen Stand betrieb. Sein Name war nicht mehr zu eruieren. Gab es einmal keinen frischen Basilikum, dann half er sich mit Liebstöckel aus und mischte wohl auch noch etwas glattbrlättrigen Peterli dazu. Darüber gehen die Meinungen auseinander.
Auch sein offener Tischwein in Korbflaschen und seine einfachen, grünen Salate ebenso wie sein Mailänder Risotto waren sprichwörtlich gut. Der Salami war ebenfalls ein erlesenes Produkt und kam von Citterio, was nicht eben billig war, aber eben richtig italienisch. Dies alles schilderten schon ziemlich alte Seebacher mit Rührung.
Das Restaurant wurde 1958 infolge Abbruchs geschlossen, da es einem Hochhaus Platz machen musste. Unter dem neuen Namen «Hochhaus» wurde es dann von A. Polesana-Amaducci weiter betrieben, woraus geschlossen werden kann, dass seine Tochter einen richtigen Italiener heiratete, der genau wie der Vater gut kochen konnte.
Marcel Fisler, der ganz in der Nähe wohnte, erinnert sich noch an das Restaurant nach der Metzgerei Huber: "Dann folgte das Amaducci an der Ecke zur Binzmühlestrasse. Der unserer Strasse zugewandte Hausteil war Wohnhaus, der dem Bahndamm zugekehrte das Restaurant Amaducci. Im kleinen Vorgarten an der Friesstrasse baute im Dezember ein Christbaumverkäufer seine Bäume auf. Manchmal durfte ich ihm helfen. Unten, im Restaurant, hörte man kaum Deutsch; in der Regel wurde Italienisch gesprochen. Giusis Vater war regelmässiger Gast, wie die meisten Italiener und Tessiner der Nachbarschaft.
Zur Gartenwirtschaft unter den Bäumen am Bahndamm, mit Kiesboden und langen, granitenen Tischen und Bänken, gehörte auch eine Bocciabahn. Giusi und ich sassen häufig dort und schauten fasziniert zu, wie die Freizeitcracks ihre Künste zelebrierten. Es war schon beeindruckend, wie treffsicher sie waren, wenn es galt eine gegnerische Kugel wegzuknallen und mit wie viel Gefühl und Sanftheit diese rauen Bauarbeiter ihre eigene Kugel platzierten. Und das Ganze war ständig begleitet von lautstarken Kommentaren und Rufen. Bald verstand ich auch was es bedeutete, wenn die Kugel 'lungo' oder 'corto' war und welches der 'Pallino' war wusste ich natürlich auch."
Quellen: - Alois Rigert - Kurt Wirth sen. - Seebacher Nachrichten Januar 1955 - Max Denzler - Robert Kübler - OGS-eigene - Adressbuch von Seebach 1931 - Adressbuch der Stadt Zürich 1950 - René Peter (Hinweis auf die Serviertochter) - Marcel Fisler (die letzten zwei Abschnitte)