Nicht unbedingt immer nur kurios, aber doch eigenwillig bis sehr eigenwillig wirken in Seebach die Gepflogenheiten der Strassen- und Wegbenennung. Die OGS konnte im Laufe der Zeit über ein Dutzend solcher Eigenwilligkeiten beobachten und hat sie hier etwas geordnet. Die Kommentare sind nicht als blosse Kritik zu verstehen, sondern sind einfach ein wenig satirisch oder auch mal etwas boshaft gemeint.
Für Seebach war der radikalste Einschnitt sicher der 1.1.1934, als es Teil der Stadt Zürich wurde und alle in Zürich bereits vorhandenen oder zum Verwechseln ähnlich klingenden Strassennamen geändert werden mussten. Das wurde notwendig, weil die in Zürich bereits existierenden Strassennamen natürlich Vorrang hatten. Mit der Neubenennung begann man schon vor der Eingemeindung. Zuletzt wurden dann noch die Schilder ausgewechselt. Nachdem alle Strassen und Wege, welche dem Seebacher Gemeinderat gerade in den Sinn kamen, mit den Stadtbehörden abgeglichen waren, nannte die Stadt dann diejenigen Strassen, welche Seebach bis zum 1.1.1934 umzubenennen hatte. Die Freiheit, wie die Strassen neu zu benennen seien, lag natürlich noch beim alten Seebacher Gemeinderat. Dieser bekam eine aktuelle Liste aller Strassennamen Zürichs und hatte bei der Neubenennung darauf zu achten, dass er keine Namen wählte, die schon vergeben waren. Ausserdem bekam er auch eine Liste all jener Namen, welche in den anderen Gemeinden, die zu Zürich kamen, schon vorhanden waren. Hier musste Seebach sich mit den betroffenen Gemeinden direkt verständigen. Dies geschah meist über die Polizeistellen.
Nachdem der Gemeinderat diese «Schwerarbeit» nach mehreren Korrekturen beendet hatte, prüfte die Stadt die neuen Namenvorschläge und segnete sie ab, sodass am 9.9.1933 eine Liste der neuen Strassennamen veröffentlicht werden konnte.
1. Kuriosum
Auf dem Strassenverzeichnis fehlten offensichtlich zahlreiche Strassennamen, welche dem überlasteten Gemeinderat durch die Lappen gingen, denn er besass offensichtlich kein vollständig nachgeführtes Verzeichnis. Fast alle Feldwege, welche bereits seit Jahrzehnten Namen trugen, wurden überhaupt nicht übernommen und verloren dadurch per 1.1.1934 ihren einstmals vom Volksmund gebildeten Namen. Der Grund war einfach der, dass sich der Gemeinderat auf die wichtigen Strassen beschränkte, dabei gerne auch einige vergass und die Bezeichnung der Feldwege der Stadt überliess. Das war verständlich angesichts der Mehrarbeit, welche die Eingemeindung brachte. Die nachfolgende Liste aller Strassen und Wege, welche der Gemeinderat nicht nannte, ist noch unvollständig.
Immer wieder trifft die OGS auf weitere Namen:
- Bennenriedweg (von Holzkorporation Seebach bestätigt) - Buchholzweiherweg (mit Gemeindeplan belegt, heute Heugabelweg) - Buchholzweg (mit Stadtplan 1934 belegt) - Eichrainweg Nr. 2 (in Gemeindeplänen, Stadtplänen belegt) - Felsenbergweg - Grubenholzweg, auch Grubenackerweg genannnt - Hüttisweg (mit Gemeindeplan v. 1932 belegt) - Kronenwegli (mit Gemeindeplan belegt) - Leimgrübelweg (mit Gemeindeplan belegt) - Lucul-Strasse - Rosenstrasse (mit Gemeindeplan belegt) - Schärenfeldstrasse (fotografisch belegt) - Schürhölzlistrasse (in Gemeinde- und Stadtplänen belegt) - Staudenbühlweg (im Gemeindeplan von 1915 belegt) - Tiergartenstrasse (fotografisch belegt) - Weiherweg (fotografisch belegt) - Weisshau (fotografisch belegt) - Widumweg (mit Gemeindeplan belegt) - Zihlackerweg (mit Gemeindeplan belegt) - Zürcherstrasse, heute Schaffhauserstrasse (!). Der löbl. Gemeinderat hat tatsächlich die wichtigste Strasse Seebachs in der Liste vergessen! - etc.
Die Zürcherstrasse, welche auf Schaffhauserstrasse umbenannt wurde, fehlte ebenfalls auf der Liste, obwohl es doch die wichtigste Strasse Seebachs war! Das ist einigermassen erstaunlich. Es zeigt, dass man offenbar sehr in Eile war, denn anders kann das Fehlen dieser Strasse nicht erklärt werden. Das Fehlen dieses Strassennamens scheint dann aber in Zürich bemerkt worden zu sein!
Zum Weisshau ist überliefert: Der Weisshau(weg), welcher seit etwa 1880 besteht und seit 1915 vom Lindenbänkli bis zur Neunbrunnenstrasse (damals noch Weiherstrasse) nachgewiesen ist, trug seinen Namen aus Sicht der Gemeinde offiziell, ging aber unter. Das «Missgeschick» bemerkte man erst mit Verspätung, sodass die wenigen Anwohner bis 1936 warten mussten, bis der Name offiziell wurde, den er schon rund 50 Jahre zuvor trug. Das bestätigten der OGS etliche ältere Seebacher, die dort wohnten und ab 1.1.1934 keine korrekte Adresse mehr hatten.
Ebenfalls überliefert ist, dass die als gekieste Strasse seit 1920 benützte Schärenfeldstrasse vergessen ging. Das wurde dann von der Stadt 1935 nachgeholt, allerdings mit dem Nachteil, dass die Stadt dann das Gattungswort «Strasse» wegliess, weil es gerade Mode wurde, den Strassen nun alte Flurnamen zu geben. So wurde aus der Strasse ein Feld!
2. Kuriosum
Es gibt auch Strassen, die in dieser Übergangsphase ihren Namen nur ganz kurzfristig trugen, wie etwa die Globusstrasse im Grubenholzquartier, die Bühlwiesengasse oder die Dunkelgasse auf der Buhn. Die Globusstrasse wurde offiziell als neu benannte Strasse zeitgleich angekündigt, von der Stadt aber nach Rücksprache mit der Strassenbenennungskommission nicht akzeptiert. Sie musste noch vor Ende 1934 in Steffenstrasse umbenannt werden, weil man damals in der Stadt den Grundsatz verfolgte, dass Strassen nicht nach Firmen benannt werden sollen. Frühere oder spätere Ausnahmen wie Brown-Boveri-Strasse oder Escher-Wyss-Platz scheinen diese Regel zu bestätigen. Beim Warenhaus Globus hingegen wurde kein Auge zugedrückt.
Die Bühlwiesengasse wurde schon nach einem Jahr umbenannt, ohne dass darüber etwas zu finden war. Die Dunkelgasse wurde nach 10 Jahren in Sonnenrain umbenannt, ebenfalls ohne dass darüber etwas zu finden wäre.
3. Kuriosum
Nachdem die Stadt feststellte, dass die vom Gemeinderat erwähnte Bölsterlistrasse eine Privatstrasse war, verweigerte man ihr das Strassenschild und strich sie noch vor dem 1.1.1934 wieder aus dem offiziellen Strassenverzeichnis.
4. Kuriosum
Ausserdem kümmerte sich die Strassenbenennungskommission der Stadt eher wenig um die Namen der Privatstrassen, wie etwa die Bölsterlistrasse oder den Buchholzweiherweg. Gelegentlich kam es durch Handänderung eines Grundstücks auch vor, dass eine vormals öffentliche Strasse Privatstrasse wurde, obwohl sie weiterhin im Besitz der Stadt blieb, wie etwa die Heumattstrasse, die namenlos wurde.
5. Kuriosum
Private Seitenstrassen, so breit und lang sie auch sein mochten, erhielten in aller Regel keinen eignen Namen. Folgende offiziellen Strassen besitzen private Seitenstrassen ohne eigenen Namen:
Solche Strassen wurden einfach als Teil der zuführenden Strassen betrachtet.
6. In Einzelteile zerlegte Strassen
Ein Unikum ist hier die Birchstrasse, die in vier (!) nicht zusammenhängende Abschnitte unterteilt ist. Sie war ein Relikt aus der Stadtplanungszeit, als man noch von einer Gartenstadt träumte.
Ebenfalls zerlegt wurde die Frohbühlstrasse, weil man diese östlich der Glatttalstrasse überbaute und der leicht versetzten Ersatzstrasse einen neuen Namen gab. Dadurch blieb ein Zipfel von der Ausserdorfstrasse bis zur Glatttalstrasse von der restlichen Frohbühlstrasse abgeschnitten. Dieses Problem hat man so gelöst, dass man dem Zipfel den gleichen Namen gab, wie dem neu erstellten Kolbenacker (gemeint ist hier die Strasse), womit dann die historische Frohbühlstrasse zu einer kümmerlichen Sackgasse verkam, welche man per Wagen nur noch von Glattbrugg her erreichen kann!
7. Offiziell beschriftete Privatstrassen
Ein weiteres Kuriosum sind die Ettenfeldstrasse, der Sandacker, die Mattackerstrasse (vorderer Teil), der Bühleggweg und die Rickenstrasse. Alle fünf sind Privatstrassen, wobei dies bei zweien eine Tafel am Anfang der Strasse klar verkündet. Dennoch erhielten sie offizielle Strassenschilder, dies offenbar, weil an ihr Leute wohnen, die ja eine Adresse benötigen. Seltsamerweise hat man diese nicht, wie sonst üblich, der Schaffhauserstrasse zugeschlagen. Am Bühleggweg wohnt allerdings niemand und trotzdem trägt der Weg einen offiziellen Namen.
8. Nicht beschriftete Strassen und Wege
Das Nichtbeschriften von Wegen und Privatstrassen ist, wie schon erwähnt, in Seebach völlig üblich, selbst dann, wenn die Wege auf einem Wegrecht basieren. Strassenschilder sollten aber der Orientierung dienen und einheitlich angeschrieben sein. Es scheint so, dass die Stadt in einer privaten Siedlung nicht gewillt ist, jedem Weg einen Namen zuzuteilen. So ist das historisch belegte Verbindungswegli von der Honigstrasse zur Ausserdorfstrasse nicht angeschrieben. Auch fast alle Verbindungswege im Mattackergebiet, in den Schwandenwiesen, im Kolbenacker, in den Buchwiesen usw. sind namenlos. Kurios ist auch der Umstand, dass der Buchwiesenweg, welcher mit einer kleinen Feier eingeweiht und mit diesem Namen versehen wurde, erst etwa mit grösserer Verspätung sein Strassenschild bekam.
An der Käshaldenstrasse gibt es eine ziemlich lange Sackgasse, die zu einer grossen Siedlung führt, aber wegen ihrer Privatheit unbenannt bleibt. Alle Adressen der dort stehenden zahlreichen Wohnblöcke werden nach jener teils weit entfernten Strasse benannt, von der die Privatstrasse abzweigt. Als Privatstrasse bekam sie keinen Namen, sondern wird einfach zur Käshaldenstrasse gezählt. Für einen Ortsfremden ist das nicht gerade sehr angenehm, denn er sucht am Anfang einer Strasse ein Strassenschild, um sich zu orientieren. Ob eine Strasse privat oder öffentlich ist, kann er nicht unbedingt riechen und es interessiert ihn auch nicht. Es liegt auch ein Widerspruch gegenüber dem Sandacker vor, der Privatstrasse ist und dennoch ein offizielles Strassenschild trägt. Mit der Logik bei der Käshaldenstrasse müsste der Sandacker unter Schaffhauserstrasse laufen, wie schon weiter oben erwähnt.
9. Teilweise namenlose Strassen und Wege
Das fand man lange Zeit zum Beispiel beim Schönauweg, welcher bis in die Buchwiesen hinein führt, aber buchwiesenseitig erst rund 40 Jahre später doch noch angeschrieben wurde. Im Strassennamenbuch der Stadt Zürich von 1999, wird das Ende des Schönauwegs aber klar mit Buchwiesen 22 angegeben und es war ja indirekt die Stadt, welche dieses Buch drucken liess. Das besondere an dieser Strasse kommt aber noch: Der Schönauweg ist ab der Einmündung in die Buchwiesen (gemeint ist hier die Strasse) als Schönauweg angeschrieben, das zeigt die Strassentafel unmissverständlich an, aber die dort Wohnenden haben die Adresse Buchwiesen 24-42. Dennoch enden die kurzen Gehwege von der Haustür zur Strasse alle am Schönauweg. Sie wohnen also am Schönauweg, tragen aber die Adresse Buchwiesen. Extremer geht's nicht mehr!
Ein gleiches Beispiel findet man am Riedgrabenweg, wo sich der Eingang eines Geschäftshauses befindet, dessen Firmen aber alle die Adresse Hagenholzstrasse tragen.
Ein anderes Beispiel ist die Schürhölzlistrasse, welche von Oberhausen her über das früher freie Ried und über den Katzenbach bis an die Schärenmoosstrasse führt. Sie ist in Seebach zwar angeschrieben, doch meint ein Schild ergänzend: In 60 Metern (!), obwohl die Strasse dort tatsächlich besteht und 2006 die alte Brücke durch eine nicht ganz billige, prächtige neue ersetzt wurde. Etwas viel Aufwand für eine Strasse, der man keinen Namen zubilligt. Es gibt Dokumente aus den 1950er Jahren, wo die Strasse den Namen auch in Zürich noch offiziell trug. Er wurde erst später aufgehoben, obwohl es an dem Weg bis vor wenigen Jahren zwei Einfamilienhäuser gab. Diese teilte man dann einfach der Schärenmoosstrasse zu, obwohl sie gar nicht an der Schärenmoosstrasse standen, sondern nur in der Nähe.
10. Vergammelter Weg mit offiziellem Strassenschild
Genau umgekehrt ist es beim bereits einmal erwähnten Bühleggweg. Diesem wurde um 1975 sein Südabschnitt gekappt und etwa im Jahre 2000 auch der Nordabschnitt von der Stoffelstrasse her. Nun ist der Bühleggweg völlig nutzlos, da er im Hintergarten eines Privathauses endet und nicht mehr durchgehend ist und auch nicht befahren werden darf. Der Weg ist jetzt als Privatstrasse angeschrieben, mit einem Fahrverbot belegt, aber er trägt ein Strassenschild wie die Schaffhauserstrasse. Ein bisschen viel Ehre für einen 70 m langen, seit 50 Jahren nicht mehr neu geteerten Weg, der im Prinzip nur noch die Funktion eines Plattenwegli durchen einen Gemüsegarten hat.
11. Dolenweg
Ein weiteres Kuriosum ist der heutige Dohlenweg, der vor der Eingemeindung per 1.1.1934 von Birkenstrasse auf Dolenweg umbenannt wurde. Sie lesen richtig: Dolenweg! Welcher Ort benennt seine Strassen nach einem Abzugsgraben oder ums ganz hochdeutsch zu sagen, nach einem Schlammfang? Meinte der Gemeinderat da wirklich «Schlammfangweg» oder hat er den Rabenvogel mit dem Schlammfang verwechselt, weil beides fürs Ohr genau gleich tönt, das eine aber mit Dehnungs-h, das andere ohne geschrieben wird? Wer's nicht glaubt, lese doch in «Unser Seebach» auf Seite 155 das Strassenverzeichnis durch. Es ist eine echte Kopie des amtlichen Erlasses!
Kurt Wirth hat zumindest den leisen Verdacht, dass die damaligen Behörden tatsächlich Dolen gemeint haben könnten, denn die Strasse liegt über dem kanalisierten Binzmühlebach und es hat dort mindestens zwei Dolen, die zum Bach hinunter führen. Falls diese Vermutung zutreffen sollte, dann hätte die Stadt den Namen willkürlich geändert, vielleicht ohne sich der Willkür bewusst gewesen zu sein, einfach in der Annahme, dass es seebachseits ein Schreibfehler gewesen wäre. Das wäre noch zu klären, aber kurios ist es auf jeden Fall. Mehr dazu siehe unter Schlammfangweg oder so?!
12. Amputierte Strassennamen
Ein Kuriosum, welches eine Modeerscheinung in der ganzen Stadt war, verkörpert eine grössere Zahl von Strassen und Wege in Seebach, denen obwohl sie befestigte Strassen oder Wege sind, das Gattungswort Strasse, Gasse, Weg oder Ring fehlt. Siehe dazu den Eintrag Amputierte Strassennamen! Diese Gewohnheit ist vielleicht gut gemeint und soll alte Flurnamen so erhalten, wie sie einmal lauteten. Andererseits sieht man in den Buchwiesen keine Wiesen und keine Buchen, sodass man sie besser Buchwiesenstrasse genannt hätte. Was stört ist der Umstand, dass man mit solchen Bezeichnungen Fluren vortäuscht, die es gar nicht gibt und das ist euphemisch. Seien wir doch ehrlich! Bezeichnen wir die Dinge so wie sie sind! Erhalten wir einerseits die alten Flurnamen und nennen die Strassen Strasse usw.!
13. Verballhornte Strassennamen
Ein Kuriosum ist die Neunbrunnenstrasse. Seit 1407 ist die Flur Neubrunnen nachweislich so benannt, teils allerdings in recht abenteuerlichen Schreibweisen wie Nüwenbrunnen, Nübrunnen, Neubrunnen, Nöibrune, Nübrunn, Nüwbrunnen usw. Als diese Strasse 1932 im Zuge der bevorstehenden Eingemeindung von Weiherstrasse umbenannt werden musste, erhielt sie vom Seebacher Gemeinderat einen Namen, der ganz offensichtlich nicht historisch begründet war, sondern auf einer Legende beruhte, wonach die Neubrunnenquelle aus insgesamt neun Quellen gesprudelt haben soll, bevor man sie fasste. Da die Herren vom damaligen Gemeinderat 1933 keine Möglichkeit mehr hatten, bei der 1895 gefassten Quelle nachzuzählen, verliessen sie sich auf die volkstümliche Auslegung, die von neun Quellen ausging, vielleicht aber auch, weil sie nicht mehr zwischen neun (nüü) und neu (nüü) unterscheiden konnten. Der für diesen kleinen Patzer verantwortliche Gemeinderat war kein geringerer als der bekannte Lehrer A. Gnehm, wie man einen Gemeinderatsprotokoll vom 26.7.1932 auf Seite 156 entnehmen kann. Der alte Dialektausdruck Neubrunnen war 1933 bereits fast ausgestorben. Und so kam es zur Bildung einer Neunbrunnenstrasse. Dies ist die freundliche Vermutung. Tröstlich ist, dass die Quelle den Namen Neubrunnen schon seit über 700 oder vielleicht sogar schon seit 1000 Jahren trägt. So neu war die Quelle 1932 dann doch nicht mehr.
Ein weiteres Beispiel ist die Frohbühlstrasse, welche 1425 Vulochstrasse hiess und sukzessive zu Fulochstrasse, Volochstrasse, Frohlochstrasse und um 1924 zur Frohbühlstrasse wurde. Als solche wurde sie dann von Stadtplanern und Architekten quasi erwürgt und zu einem seebachseitig kurzen Fussgängerweg degradiert. Die Frohbühlstrasse war zwar keine Hauptverkehrsstrasse, aber sie war eine im Laufe von über 1000 Jahren historisch entstandene direkte Verbindungsstrasse zwischen dem Ausserdorf und Glattbrugg, die einfach so der Gestaltungslaune geopfert wurde. Es scheint hier so zu sein, dass auch das zuständige städtische Amt sich der historischen Verantwortung schlicht nicht bewusst war. Dieses Amt hätte es aber wissen müssen, denn eine 1000 Jahre alte Strasse hat eine übergeordnete Bedeutung. Hier hat man dem Quartier Seebach glattwegs ein Stück Geschichte zerstört, dabei hätte die Erhaltung des historischen Strassenzugs gar nichts gekostet!
14. Vögelistrassen
In Seebach gibt es vor allem im Gebiet Bühl drei Strassen, die alle 1933 nach Vögeln benannt wurden, zuvor aber andere Namen trugen. Es gab über diese neuen Strassennamen damals allerlei Diskussionen bei den Anbetroffenen. Einige Anwohner waren nicht so glücklich über die gewählten Namen. Leider wurde diese Kritik viel zu leise geäussert, sodass sie den hohen Gemeinderat nicht erschütterte, denn der war froh, den städtischen Auftrag endlich erledigt zu haben.
Nachträglich hörte die OGS dann doch noch den hoffentlich wahren Grund dieser Strassennamen. Jener Gemeinderat, es war A. Gnehm, welcher die Aufgabe fasste, einigen Strassen neue Namen zu geben, erzählte zu Hause von dem Auftrag, worauf sein Sohn ein Vogelhandbuch nahm und dem Vater begann, nette Vogelnamen vorzulesen, welche dieser notierte und so die Vögelistrassen schuf. Der Ausdruck Vögelistrasse hatte also einen tieferen Grund.
Zu den Benennungen der Vögelistrassen hat sich in Seebach nie viel Widerstand geregt, da es ja nur drei Namen waren. Es kursierten neben der echten Geschichte aber auch zahlreiche weitere Gerüchte, wonach diejenigen welche die Namen vorschlugen, diese Vorschläge in einem Restaurant entwickelt hätten und bei der Namenvergabe nebenbei bereits sehr stark mit der Verkostung eines Fasses voll Reben beschäftigt waren. Die OGS möchte den anbetroffenen, redlichen Gemeinderäten, welche für die Namengebung verantwortlich waren, natürlich nichts unterschieben. Und gleiches tat dann der Gesamtgemeinderat, der die Vorschläge am 26.7.1932 gut hiess, wie man in einem Gemeinderatprotokoll auf Seite 156 nachlesen kann. Insgesamt ging es um 36 Namen, da gingen die drei Vogelnamen natürlich völlig unter.
15. Korrekte Beschriftung der Strassen
Da die deutsche Sprache eine lebendige Sprache ist und die korrekte Orthografie dieser Sprache gerade deshalb öfter mal ändert, ergibt sich ein Problem bei der jeweils gerade gültigen korrekten Beschriftung der Strassenschilder. Strassenschilder erreichen nämlich gut und gerne 50 Lebensjahre oder mehr, während man dies von den Orthografieregeln nicht immer sagen kann. So kommt es, dass die Caspar-Wüst-Strasse noch bis 2007 nicht korrekt angeschrieben war, da die Schilder montiert wurden, als noch die alten Schreibregeln galten.
Da das Schild noch in gutem Zustand war, wollte die Stadt vermutlich ihr Geld für Dringenderes ausgeben, als für neue Schilder, allein wegen des kleinen Bindestrichs. Sie war übrigens nicht die einzige Strasse in Seebach, welche solche harmlosen Orthografiefehler enthielt. Neuere Schilder wie etwa der Marie-Curie-Platz sind aber korrekt beschriftet. Inzwischen wurden in Seebach alle Strassenschilder den neuen Schreibregeln angepasst, soweit das die OGS beobachten konnte.
Bei der Glatttalstrasse hingegen hätte die Stadt keine neuen Schilder zu montieren brauchen, obwohl man sie eigentlich mit drei «t» schreiben müsste, denn in den Fussnoten zu den Rechtschreiberegeln steht, dass hiervon Eigennamen ausgenommen seien und dazu zählen auch Namen, welche sich auf geografische Begriffe stützen und Glatttal gilt als ein geografischer Begriff. Diese Interpretation ist allerdings etwas an den Haaren herbeigezogen, denn die Glatttalstrasse selber ist kein Eigenname, sondern ein Strassenname, bei dem ein Eigenname sekundär übertragen wurde. Mit einer solchen Interpretation der Duden'schen Regeln wäre die Stadt eigentlich frei, ihre Strassen so anzuschreiben, wie es ihr gefällt, ganz wie der Jäger aus Kurpfalz. Im Falle der Glatttalstrasse hat sie sich dann an die neuen Schreibregeln gehalten und auf die Ausnahmen in den Fussnoten verzichtet. Nun steht das Strassenschild aber im Widerspruch zur nahen Glatttalbahn, die ihre Trams noch 'altmodisch' anschreibt.
16. Verschupftes Kind
Der Gugelweg ist in allen Stadtplänen seit 1934 stets namenlos eingetragen, in städtischen Grundbuchplänen aber auch schon als Gugelweg angeschrieben worden. Daraus folgert man, dass es den Weg zwar gibt und dass er so heisst, aber dennoch nicht anerkannt ist. Nun, es ist so, dass der Gugelweg ein vom Volksmund vermutlich schon im vorletzten Jahrhundert benannter Weg ist, dessen Namen dann von der Holzkorporation Seebach (HKS) weiter gepflegt wurde. Dabei dürften jenem Zeichner eines Detailplanes von Seebach aus dem Jahre 1978 (?) die Strassen- und Wegnamen des offiziellen Zürichs und jene der HKS etwas durcheinander geraten sein. Der Gugelweg bekam 1999 im Gegensatz zu zahlreichen anderen Wegen in der gleichen Gegend keinen offiziellen Flurwegnamen, was wohl daran lag, dass der Weg inzwischen vom Feldweg zu einem Trampelpfad verkommen ist. Das könnte sich ändern, wenn der alte Weg dereinst als Jogging-Pfad ausgebaut wird. Inzwischen ist das geklärt: Der Gugelweg darf seinen Namen behalten, das hat der Stadtrat 2008 beschlossen und publiziert.
17. Schmidgasse
Der Gemeindegeometer von 1915, Theodor Baumgartner, schrieb in seinem Gemeindeplan von Seebach die Schmidgasse nur mit «i». Gleiches tat sein Nachfolger Robert Deppeler, welcher auch 1932 die Strasse immer noch als Schmidgasse anschrieb. Die beiden Adressbücher von Seebach von 1913 und 1931 schrieben jedoch stets Schmiedgasse mit «ie», ebenso der Gemeinderat im Jahr 1933, als er am 9. September dieses Jahres seine neue Strassennamenliste publizierte. Der Gemeinderat und die beiden Gemeindegeometer arbeiteten oder tagten im gleichen Haus und merkten 17 Jahre lang nicht, dass entweder der Geometer oder dann der Gemeinderat den Strassennamen falsch schrieb. Beim Gemeinderat kann man das verstehen, denn er stemmte sich seit je gegen die Vergabe von Strassennamen und zögerte diese solange wie möglich hinaus. Auch bei der Einführung von Hausnummern gab es das gleiche Spiel. Sie wurden bis 1925 hinausgezögert. Da waren Orte wie Wagadugu und Timbuktu wahrscheinlich schneller.
Fazit
Als zeitweiser Bewohner von Seebach vertrete ich die Ansicht, dass alle Strassen und Wege beschriftet werden sollten. Bei Privatstrassen unter Kostenbeteiligung des Besitzers. Dann wäre allen gedient. Es braucht auch nicht jeder Kiesweg nach einem irischen Krimiautor oder einer Emmentaler Volksschauspielerin oder einem weltberühmten amerikanischen Fliegerhelden benannt zu werden. Es gäbe genügend verdiente Seebacherinnen und Seebacher, die man leider gerne vergisst.
Es ist noch anzufügen, dass etliche der oben dargestellten Kuriositäten auch dadurch zu Stande kamen, dass die Überlieferung im Laufe der Zeit gewisse Genauigkeitsmängel aufweist und auch nicht jede Erzählung zum vollen Nennwert genommen werden darf. So gesehen, ist die Aufzählung nicht als ein Vorwurf an die Räte und Ämter zu verstehen, sondern eben wie es der Titel sagt, als «Kurioses zu den Strassennamen Seebachs». Die OGS hofft, dass sich der Leser, welcher es bis hierher geschafft hat, köstlich amüsiert hat.
Quellen: - Ernst Benninger 2001, 81 - Strassennamenbuch der Stadt Zürich, Guyer 1970, 111 - OGS-eigene