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• Wüst AG
• Industrie – Maschinen – historisch
• Die Firma hiess ursprünglich 'Fabrik für elektrische Unternehmungen, C. Wüst & Cie.' und wurde 1899 gegründet. Um 1900 wurde das Wort 'Unternehmungen' durch 'Industrie' ausgewechselt. Sie wurde von Caspar Wüst gegründet und zwar an der Schaffhauserstrasse 468, damals noch Zürcherstrasse genannt. Um 1908 hat er die Firma erneut leicht umbenannt in Wüst AG, da er sie von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft umgewandelt hatte. Die Ergänzung 'Fabrik für elektrische Industrie' entfiel.
  
  Da und dort wurde die Firma auch als Wüest geschrieben. Ganz streng genommen führte Caspar Wüst seinen Namen noch in einer dritten Variante als Wuest, denn so war seine Fabrik auf dem Dach angeschrieben. Die Irritationen um die korrekte Schreibweise seines Namens ist darauf zurück zu führen, dass es in Seebach beide Namensvarianten gab. Eine kleine Broschüre der Firma Wüst AG aus dem Jahre 1908, von welcher Erich Lang der OGS ein Kopie schenkte, verrät nun mit Sicherheit, dass sich Caspar Wüst in korrektem Deutsch Wüst schrieb. Andere Schreibweisen sind als Dialektvarianten zu betrachten. Die OGS besitzt auch eine kolorierte Postkarte von seiner Fabrik und dort stand, wie schon erwähnt, Wuest in grossen Lettern auf dem Dach. Da sein Handwerker die Ü-Zeichen aber nicht in der Luft aufhängen konnte, darf angenommen werden, dass er das Problem mit dem Umlaut «ue» auf seine Weise elegant gelöst, damit aber die Irritationen um Wüsts Namen weiter geschürt hat.
  
  Die Firma beschäftigte zwischen 1905 und 1908 rund 350 (!) Arbeiter und Angestellte und hatte ein Zweigbüro in Paris an der Avenue de la République 58. In diesem Büro arbeitet auch Ing. Hugo Siegfried, welcher die Tochter Martha von Caspar Wüst heiratete. Die Siegfrieds hatten zwei Kinder namens Ilse und Ines, wobei Ines die jüngere sich heute noch daran erinnert, wie der Vater von seinem Aufenthalt in Paris erzählte. Ferner hatte die Firma Vertretungen in Baku, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Madrid, Nizza, Strassburg, Triest, Warschau und Wien und lieferte ihre Aufzüge in alle Welt. In welchem Zeitraum die Umwandlung in eine AG ganz genau erfolgte, konnte noch nicht geklärt werden. Es scheint am ehesten im Jahre 1908 gewesen zu sein, dem Jahr des Erscheinens der neuen Aufzugskatalog. Von diesem Katalog ist noch ein weiteres Original im Stadtarchiv vorhanden.
  
  Über die Produktion der Firma in den frühen Jahren siehe unter Fabrik für elektrische Unternehmungen. Als wohl prominentester Mitarbeiter in der Abteilung «Zahnräder und Getriebe» beschäftigte Caspar Wüest den später recht berühmt gewordenen Max Maag, welcher ein paar Jahre später die Firma «Maag-Zahnräder AG» gründete. Max Maag war kein gebürtiger Seebacher, sondern wurde in Dorf am Irchel geboren, ist in Schwamendingen aufgewachsen und machte seine Mechanikerlehre bei der Maschinenfabrik Örlikon (MFO). 1905 trat er in die Caspar Wüst & Cie. ein, wo er als Zahnradspezialist bald feststellte, dass man dort noch relativ altmodische Arbeitsmethoden verwendete, die er zu modernisieren gedachte, aber auf viel Widerstand seitens seiner Mitarbeiter stiess. Letztlich bekam er mit seinen Ideen aber Recht und Caspar Wüst hat nach recht kurzer Zeit bemerkt, wes' geistig' Kind er da eingestellt hatte und war gewillt, ihn zu fördern.
  
  Der beträchtliche Aufwand, den die Firma für ihren internationalen Auftritt, die Lizenzvergabe usw. betreiben musste, haben dann auch die Mittel der AG überfordert und es kam zur Liquidation, da Caspar Wüst seitens der Banken nur wenig Unterstützung genoss, weil diese auch mit der Konkurrenz verbandelt war. Die Liquidation endete in einer Neustrukturierung der Firma durch eine finanzielle Sanierung mithilfe die SKA und mit dem neuen Namen Aufzüge- und Räderfabrik Seebach. Die Sanierung dauerte bis 1910 und in der letzten Phase wurde Caspar Wüst quasi 'kalt gestellt', ganz nach der Regel: Wer zahlt, befiehlt!
  
  Max Maag wollte danach Chef der Zahnradabteilung werden. Die neuen Gebieter der Fabrik sahen dafür aber einen anderen Mann vor und daher verliess Max Maag Seebach wieder und arbeitete zwei weitere Jahre bei der MFO, um sich danach selbständig zu machen. Weiteres über Maag, Max, Dr. h.c. siehe unter dessen Eintrag!
  
  Die Maschinenfabrik Wüst AG, vormals Wüst & Cie. als kurzlebige Übergangsfirma wurde in «Unser Seebach» 1983 unter dem Beitrag «Streiflichter auf Industrie und Gewerbe im alten Seebach» nicht separat behandelt, da ja schon die Fabrik für elektrische Industrie und die Nachfolgefirma Aufzüge- und Räderfabrik Seebach behandelt wurden. Dank den Unterlagen von Paul Aschwanden, der OGS übergeben durch Kurt Wirth, wäre das hiermit nachgeholt. Die bisherigen Angaben fussen auf einem Bericht in der Personalzeitung der Firma Kissling zu ihrer Firmengeischichte sowie auf einem Bericht über über Max Maag, wonach dieser bis August 1909 dort arbeitete.
  
  Die Umbenennung der Firma in Aufzüge- & Räderfabrik Seebach (ARSAG) erfolgte 1910. In dieser Firma war Caspar Wüst nicht mehr vertreten. Die ARSAG benützte aber noch eine Zeit lang das Anhängsel «vormals C. Wüst & Cie.». ARSAG SEEBACH war die Telegrammadresse der Firma. Diese Firma wurde in «Unser Seebach» zwar erwähnt, jedoch in der Weise, als wäre es eine neu gegründete Firma. In Wirklichkeit war es aber die neu strukturierte alte Wüst & Cie. bzw. Wüst AG.
  
  Von dieser Firma sind noch die Namen von einigen ganz wenigen Mitarbeitern bekannt:
  
  - Caspar Wüst, Ing., Direktor, Villa Selina, Zürichstrasse 421 (1899-1909)
  - Max Maag, Konstrukteur für Pfeilradfräsmaschinen (1908-Aug. 1908)
  - Heinrich Egli, Elektro-Ingenieur, Sonnenberg 297, (1909, 1913, 1931)
  - Hugo Siegfried, Elektro-Ingenieur, (um 1905-1912)
  
  Das sind herzlich wenige Namen, wenn man bedenkt, dass die Fabrik in ihren besten Zeiten 350 Mitarbeiter hatte!
  
  Fazit: Die alte Caspar Wüst & Cie. ist nicht gänzlich untergegangen, sondern lebte über die Wüst AG, die Aufzüge- und Räderfabrik Seebach (ARSAG), die Maschinenbau AG, die Schweizerischen Wagons- und Aufzügefabrik und die Schindler Aufzüge Ebikon sowie die Albert Glutz & Co. und die spätere L. Kissling & Co. AG und durch die Werkzeugmaschinenfabrik Örlikon teilweise bis heute weiter, wenn auch sehr zersplittert. Das wird auch dadurch konkretisiert, dass sich die heutige Firma Schindler mit dem Hinweis, dass sie «ihren» Hammetschwandlift am Bürgenstock 1990 generalrevidiert habe, sehr ausdrücklich bestätigt. Etwas leisere Töne gab das andere wichtige Standbein der Caspar Wüst & Cie., nämlich der Getriebebau, von sich, welcher über die Aufzüge- und Räderfabrik Seebach (ARSAG), die Maschinenbau AG, die Albert Glutz & Co. zur L. Kissling & Co. AG wurde und sogar in Seebach verblieb. Sowohl die Firmen Schindler wie auch Kissling gibt es heute noch und sie sind weiterhin dem Liftbau bezw. dem Gebtriebebau verbunden.
  
  Dieser Bericht fusst auf zahlreichen fragmentarischen Unterlagen und muss vermutlich noch in einzelnen Punkten überarbeitet und ergänzt werden. Dies erfolgt laufend, sobald die OGS neue Unterlagen findet oder erhält.
  
  Nebenstehend einige Seiten aus der Werbebroschüre, wo man die damaligen Kunden der Wüst AG ersehen kann.
  
  
  Nachtrag
  
  Die OGS bekam vom Betreiber der Website www.berninabahn.ch die Einwilligung, den nachfolgenden Beitrag zu kopieren:
  
  "Beim Bau dieses Erstklass-Hotels stellte sich das Problem, wie auf einfache Weise die Kurgäste zu dem zirka 30 Meter tiefer liegenden Eisfeld, beziehungsweise zu den Tennisplätzen gelangen konnten. Die Firma C. Wüst & Cie. in Seebach hat im Jahre 1907 zu diesem Zweck einen Schrägaufzug erstellt, der bei einer schrägen Länge von 70 bis 75 Metern einen Höhenunterschied von 30 Metern bei Steigungen von 34 bis 60 Grad überwand.
  
  Wie aus der nebenstehenden Abbildung zu ersehen ist, waren zwei parabolische Fahrbahnträger in Fachwerkkonstruktionen mit einem Gleisabstand von 2000 mm errichtet worden, die wenige Meter über dem gewachsenen Boden auf den Fundamenten der Endpunkte und fünf Zwischenstützen ruhten.
  
  Zwischen diesen Fahrbahnträgern war eine Kabine für sechs Personen pendelnd aufgehängt. Der Antrieb erfolgte durch einen Drehstrommotor, 240V / 50 Hz, mit zirka 25 PS Antriebsleistung. Die Fahrgeschwindigkeit wird mit 0,75 m/sec angegeben.
  
  Zum Gewichtsausgleich war in einem vertikalen Schacht ein Gegengewicht vorhanden, dessen Weg zirka ¼ desjenigen der Kabine betrug.
  
  Leider war es nicht möglich, weitere Angaben über diese interessante Anlage zu bekommen. Herr Andrea Badrutt, der Seniorbesitzer des Hotels Palace, dem auch die Photo zu verdanken ist, konnte lediglich noch ermitteln, dass bereits 1922/23 die Anlage wieder abgebrochen wurde. Ob technische Mängel oder wirtschaftliche Überlegungen zu diesem Abbruch führten, war nicht mehr zu erfahren.
  
  Quelle: Walter Hefti, Schienenseilbahnen in aller Welt
  Dank an D. Honegger für das zur Verfügung stellen des Materials"
  
  
  
  Quellen:
  - Reinhard Ochsner
  - Paul Aschwanden, über die Vorstadt und Kurt Wirth
  - Jan Dumno, Wiesbaden
  - Erich und Gret Lang-Siegfried
  - Adressbuch von Seebach 1913
  - Bericht in der Personalzeitung der Firma Kissling zur eigenen Frühgeschichte
  - Ines Meyer-Siegfried, Enkelin von Caspar Wüst

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Wüst AG (1908-A) Titelblatt der Werbebroschüre der Wüst AG aus der Zeit von 1908. Da die OGS diese Broschüre als wertvolles Relikt der Seebacher Industriegeschichte betrachtet, wird sie hier, soweit die Seiten als Repros verfügbar sind, aufgeführt. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-B) Die weltweite Vertreterliste der Wüst AG. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-F) Beginn der Aufzählung aller bisher ausgeführten Liftbauten nach Ortsnamen. Hier Arth bis Baden. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-G) Badenweiler bis Basel.Hier ist der Schräglift des Palace-Hotels in St. Moritz zu sehen. Ganz am Schluss des Beirtags gibt es noch eine Vergrösserung mit mehr Details. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-H) Basel. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-I) Basel bis Bern. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-J) Bern bis Biel. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-K) Bischofszell bis Broc. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-L) Brunnen bis Buenos Aires. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-M) Buenos Aires. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-P) Bürglen bis Chamonix. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-Q) Chateau d'Oex bis Divonne. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-S) Herisau bis Lausanne. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-T) Lausanne bis Lenzerheide. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-Y) Mailand bis Oran. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-Z) Paris. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-ZA) Paris bis Rochefort s. Mer. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-ZC) Rom bis San Sebastian. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-ZK) Zug bis Zürich. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-ZL) Zürich. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-ZM) Zürich. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-ZN) Zürich bis Zürich-Altstetten. © Erich und Gret Lang-Siegfried

Wüst AG (1908-ZO) Hier sieht man den bogenförmigen Schräglift in seiner ganzen Länge. © www.berninabahn.ch/Andrea Badrutt

Wüst AG (1908-ZP) Ganz links unten der Schräglift. © www.berninabahn.ch/Wehrliverlag

Wüst AG (1908-ZQ) Hier sieht man das Palace-Hotel in St. Moritz. © www.berninabahn.ch

Wüst AG (1908-ZQ) Hier sieht man die Kabine als Ausschnittvergrösserung. © Erich und Gret Lang-Siegfried