Glasschleiferei. Rümlangstrasse 27, später 39. Alte Assek-Nr. 115, neu 34. Haus erbaut um 1844. Alfred Wettstein (1918-2004) war verheiratet. Das Paar hatte zwei Kinder, einen Buben, welcher lange Zeit in ganz in der Nähe wohnte und ein Mädchen namens Susanne. Im Hause der Wettsteins wohnte 1931 auch ein Gotthilf Wettstein-Morf. Er wird im Adressbuch noch als Landwirt bezeichnet, war aber auch Schreiner. Im Hause wohnte zudem noch Walter Wettstein, von Beruf Glasschleifer. Im Adressbuch von 1931 wird Alfred Wettstein nicht erwähnt, weil er noch nicht volljährig war. Gotthilf Wettstein-Morf war der Vater von Alfred. Er war der Sohn des Jakob Wettstein aus der Waid. Walter dürfte ein Bruder oder ein Onkel von Alfred gewesen sein. Das ist noch nicht geklärt. Gotthilf Wettstein wird 1913 als Eigentümer des Hauses genannt.
Alfred Wettstein besass um 1948 das 14. Auto in Seebach, einen DKW, rot-schwarz mit Zweitaktmotor, welcher damals stets ein kleines, blaues Räuchlein hinter sich herzog und je nach verwendetem Motorenöl recht angenehm oder dann sehr streng roch. Alfred Wettsteins Wagen wurde gut gepflegt und bekam anständiges Ã?l und daher blieb er bei mir in guter Erinnerung. Sein Wagen hatte einen angenehmen, hellen, singenden, tuckernden Ton. Das war noch bis weit in die 1950er Jahre so.
In den letzten 19 Jahren seines Lebens betrieb er seine Glasschleiferei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Dennoch besass er so viel Glas, dass er noch ein- oder zwei Jahre ohne Zukäufe hätte weiterarbeiten können. Das Gehen machte immer mehr Probleme, insbesondere das Treppensteigen. Seine treu sorgende Gattin half ihm zuletzt regelmässig beim Bewältigen der steilen Treppe im Haus, obwohl auch sie mit den Beinen Sorgen hatte. Zuletzt bekam er auch noch Schwierigkeiten mit den Augen.
Alfred Wettstein mochte die Autos und unternahm als junger Mann zusammen mit anderen Seebachern Autofahrten bis nach Spanien, was damals als Abenteuer galt. Später hat er versucht, ein paar Autos vor dem Schrotthändler zu retten. Da er keine genügend grosse, geeignete Halle hatte, parkte er einen Teil der Wagen ums Haus herum, wo sie langsam vor sich hin rosteten und wovon man sich ab und zu ein Bild machen konnte. Neben dem Rost sorgten auch Vandalen durch Aufschlitzen von Pneus und Zerkratzen der Autos dafür, dass er die Freude an den Fahrzeugen irgendwann verlor. Zum Schluss parkte dort noch ein Lastwagen, welcher aber so schnell rostete, dass man ihm dabei zuschauen konnte. Zuletzt musste sich Alfred Wettstein beeilen, ihn wegschleppen zu lassen, solange er noch rollfähig war.
Alfred Wettstein verstarb im Winter 2004/5. Er hat in seinen letzten Jahren der OGS äusserst viele, sehr detaillierte landschaftliche Eigenarten aus seiner Wohngegend anvertraut, dank denen es möglich geworden ist, viele Beiträge in der OGS Seebach erheblich plastischer zu schildern.
Alfred Wettsteins Haus wurde nach seinen eigenen Aussagen 1844 erbaut, was mit der Wildkarte von 1850 übereinstimmt, denn das Haus ist dort eingezeichnet. Im rekonstruierten Dorfplan von 1798 von Emil Rütti in «Unser Seebach» ist es noch nicht eingezeichnet. Alfred Wettsteins Gewerbe wurde übrigens in «Unser Seebach» vergessen, obwohl er die Aufnahmekriterien erfüllte, doch in seiner Bescheidenheit hat er das nicht einmal bemerkt.
Beim Bombenabwurf von 1943 durch einen britischen Bomber wurde auch sein Haus beschädigt, speziell im Dachbereich. Dachdecker Hänggi von der Glatttalstrasse 27 soll die Reparatur erledigt und die britische Regierung den Schaden bezahlt haben. Wettstein hat immer wieder ganz verschmitzt gemeint, dass er «britische» Ziegel auf dem Dach habe.
Ausserdem pflegte er schon um 1950 das Filmen als Steckenpferd. Unter anderem hat er auch Aufnahmen von Seebach gemacht, welche er zu einem Streifen über Seebach zusammengefasst hat. Eine Kopie dieses Filmes befindet sich im Besitz von Ehrenpräsident Kurt Wirth des Quartierverein Seebach (QVS), welcher ein paar Kopien anfertigen liess. Fredi Wettsteins Frau hat Jahrgang 1922 und lebte 2006 immer noch im angestammten Haus.
Quellen: - «Unser Seebach 1983, Seite 19 - Alfred Wettstein - Montagshock alter Seebacher in der Ziegelhütte
Alfred Wettsteins DKW war weinrot und schwarz und stand während vieler Jahre vor dem Hause. Diesen Wagen mochte er ganz besonders, weil er sehr fein zu fahren war.