Der ursprünglich mit grossem Pomp angekündigten Eisenbahnverbindung von Winterhur über Baden nach Aarau/Zofingen war leider kein grosser Erfolg beschieden. Die ersten Streckenabschnitte, welche in Betrieb gingen, brachten zu wenig neues Geld ein und so kam es, dass die sehr knapp mit Kapital bedachte Nationalbahn 1878 in Konkurs ging. Sie war sozusagen als Volksbahn gedacht und hatte letztlich keine Chance gegen die Nordostbahn, welcher man Herrenbahn sagte. Die Nordostbahn wurde dann Erbin der Nationalbahn und übernahm die Strecke, welche über Seebach führte. Der Logik gehorchend blieb ihr lange Zeit nur ein bescheidenes Dasein übrig und es verkehrten tagsüber gerade mal 6 Zugpaare auf der Strecke. Grund war der, dass die Streckenführung der Linie nicht mehr über Kloten erfolgte, sondern über Ã?rlikon und da es von Seebach aus kein Gleis in Richtung Ã?rlikon gab, fuhren die Züge auf dem Gleis Richtung Kloten und wendeten dann im Gebiet Oberhauser Ried um dann weiter nach Ã?rlikon oder umgekehrt zu fahren.
Eines Tages, genau gesagt am 8. Januar 1885, war der Zug von Wettingen her in Verzug und gerade daran, zu wenden und auf das Gleis Richtung Ã?rlikon zu fahren, als der Winterthurerzug in voller Fahrt heran brauste und in die rangierende Komposition von Wettingen prallte. Das geschah um 7.30 Uhr am Morgen. Lokführer des rasch heranfahrenden Zuges war ein Herr Wildi. Soviel ist noch überliefert. Der schnell fahrende Lokführer machte geltend, dass der Rauch seiner Lokomotive vor ihm hergetrieben sei, sodass er die rangierende Lok nicht sehen konnte. Ausserdem stellte das Signal von Offen erst in dem Moment auf geschlossen, als er daran vorbei sauste.
Die Unglücksstätte bot ein Bild des Grauens. Ein Güterwagen des Wettingerzuges wurde dabei völlig zerstört, ein Personenwagen wurde umgeworfen. Hingegen blieb die Lok des heranfahrenden Zugs unversehrt auf den Gleisen. Zahlreiche Fahrgäste wurden verletzt und mussten mit Pferdefuhrwerken ins Spital von Zürich gebracht werden. Ein Bremser namens Müller von Frauenfeld erlitt schwerste Fussverletzungen sowie mittelschwere am Brustkasten. Der Schaden am Roll- und Zugmaterial war beträchtlich.
In einem der Güterwagen wurden Käselaibe transportiert, welche zum Teil in alle Richtungen davon rollten und vereinzelt unversehrt blieben. Einige Käselaibe blieben jedoch trotz aller Suche unauffindbar. Es ist zu vermuten, dass sich Schaulustige die zerbrochenen und damit leichter wegzutragenden Laibteile angeeignet und nach Hause getragen haben. Das war weiter nicht schwierig, da das Unglück auf Höhe der Schärenmoosstrasse passierte.
Quellen: - OGS-eigene - Reinhard Ochsner in den Seebacher Nachrichten April 1956 - Von der Nationalbahn zur Flughafenlinie, 1977, 54-56