In den frühen 1950er Jahren gab es auch einen Stör-Kaffeehändler, welcher ab und zu in Seebach seine Runden machte. Das war mit Sicherheit in den Jahren 1953 bis 1955. Der Mann hiess Bébié, seinen Vornamen habe ich längst vergessen. Er hatte seine Firma in Wallisellen. Er betrieb nicht nur den Handel mit Kaffee, sondern auch mit Tee und belieferte Restaurants, Cafés und Tea Rooms, aber auch Privatpersonen mit Kaffeebohnen und Tee. Allerdings betrieb er die Stör nur dann, wenn er gerade nicht ausgelastet war und er ging nicht wie ein Vertreter von Haustür zu Haustür, sondern er belieferte nur ausgewählte Privatpersonen aufgrund von Empfehlungen seiner Kunden. Ob er auch eine Rösterei betrieb, ist mir nicht bekannt.
Herr Bébié schenkte jeder Privatperson, die ihm eine neue Kundin oder einen neuen Kunden vermitteln konnte, eine 250g-Packung Kaffee oder oder eine entsprechende Menge Tee. Davon konnte meine Mutter mehrmals profitieren, weil sie ihm immer wieder Adressen von Interessentinnen lieferte. Er hatte sein Verkaufslokal in einem älteren Wohnhaus im Zentrum von Wallisellen. Das weiss ich noch, weil meine Mutter mich einmal auf dem Packträger ihres Velos mit nach Wallisellen nahm, als sie die Monatsrechnung für den bezogenen Kaffee bezahlen musste. Damals war es noch durchaus üblich, dass man monatlich zahlte, ähnlich wie beim Milchmann oder beim Bäcker oder beim Konsum Verein Zürich. Und man zahlte bar, nicht mit Posteinzahlungsschein.
Das Verkaufslokal des Herrn Bébié war ein grosser Raum mit einer auffällig hohen Decke und an den Wänden standen viele braune Schränke mit zahlreichen Schubladen. In diesen Schubladen lagerten die unzähligen Sorten Kaffee und Tee, welche er in seinem Sortiment führte. Da ich mich sehr interessiert zeigte, öffnete er für mich mehrere Schubladen und erfasste mit einer speziellen Kaffeeschaufel die gerösteten Bohnen und liess mich daran riechen. Es roch jedesmal ein wenig anders, aber immer sehr intensiv.
Meine Mutter kaufte stets den Narok-Kaffee. Das Kilo kostete damals knapp Fr. 10.--, was relativ teuer war, doch im LVZ kostete die 250g-Packung Fr. 2.80 und das Nescafé-Tübli 25 Rappen, was also teurer war als der Kauf von grösseren Mengen bei Herrn Bébié. Er war ein ziemlich strenger Mann, denn meine Mutter erzählte mir, dass er Kunden, die nicht pünktlich zahlten, nicht mehr belieferte. Mehrmals musste ich noch bis 1955 immer wenn Zahltag war, mit dem Velo der Mutter nach Wallisellen fahren und die Rechnung begleichen. Wie er die Ware auslieferte, ist mir allerdings nicht mehr bekannt, doch dürfte er sie mit einem Auto ausgeliefert haben, wenn er seine Kunden besuchte. Wir konnten erst bei Herrn Bébié Kaffee kaufen, als 1953 der Grossvater zu uns in den Schönauring zog und ein handbetriebenes Kaffeemahlwerk mitbrachte, denn Herr Bébié lieferte die Kaffeebohnen ungemahlen. So hatten wir täglich frisch gemahlenen Kaffee.
Sehr schöne und eindrückliche Bilder, welche meinen damaligen Kindheits-Eindruck gut vermitteln, findet man in Google Bilder unter dem Stichwort 'Kaffeebohnen'!