Die Kindergärtnerin Frau Else Frei vom Kindergarten Schönauring ging mit ihren Schülern recht oft an die frische Luft, meist in Richtung Schwandenholz. Das musste wegen den gelegentlich vorbei fahrenden Autos geordnet erfolgen und zwar schön in Zweierreihen. Erst ab der Köschenrütibrücke sagte sie dann zu den Kindern: "So, jetzt seid ihr frei!" Dann sprangen die Kinder einfach ungeordnet dem Waidhofweg entlang. Ausser einem, der nahm sie für einmal allzu wörtlich und verschwand unter dem Köschenrütibrüggli beim Wasserfall am Katzenbach. Das war, wie peinlich, ich selbst. Beim Absteigen zum Bach hinunter wurde mir schon mulmig wegen meines Übermutes. Doch schien es mir jetzt zu spät, um zurück zu kehren und so beschloss ich, am Wasserfall etwas zu spielen.
Es ging dann ziemlich lange, bis Frau Frei mit ihren Kindern wieder den Heimweg antrat und beim Köschenrütibrüggli vorbei kam. Als sie vom Waldweg her in die Köschenrütistrasse einbog, stieg ich ganz heimlich wieder das Bord hinauf, sodass sie mich nicht sehen konnte. Ich fügte mich ganz diskret wieder in die Zweierreihe ein, war jetzt aber allein. Einige Buben bewunderten mich zwar, doch hatte der Stolz auf meinen Mut ein rasches Ende: Frau Frei kontrollierte ihre Kinderschar und bemerkte, dass ich wieder dabei war. Scheinbar hat sie gleich bemerkt, dass ich verschwand oder dann hat sie durch Äusserungen der Kinder Wind bekommen. Nun hielt sie die Kinder unter der Eiche an, kam auf mich zu und fragte mich mit sanfter Stimme, warum ich die Klasse verlassen hätte. Ich sagte daraufhin ziemlich kleinlaut, dass sie ja gesagt habe, wir hätten jetzt frei. Sie antwortete dann nur noch, dass sie das nicht so gemeint habe und ich das doch hätte wissen müssen. Dann ging sie wieder zu den vordersten Schüler und gab das Zeichen zur Rückkehr in den Kindergarten.
Dort erzählte sie mir, dass die ganze Klasse im Wald Vanille- und Schoggiwaffeln bekommen hätte und dass beide Packungen aufgegessen seien. Das wurmte mich ganz besonders. Nach Schulschluss kam sie mit mir nach Hause. Ich wohnte gleich gegenüber dem Kindergarten am Schönauring 52. Ich musste meiner Mutter rufen und Frau Frei erzählte ihr alles und ging dann weiter. Zur Strafe musste ich abends eine Stunde früher ins Bett und bekam zusätzlich noch die Leviten gelesen mit dem Vermerk, dass es im Wiederholungsfalle Füdlitätsch gäbe.