OGS Seebach - Beitrag

Heider, Jakob II
Landwirtschaft – Landwirte von 1900 - heute – historisch
1919-2002. Das Bauernhaus der Heiders wurde um 1847 erstellt, nachdem der erste Hof aus dem Jahre 1680 am 2.9.1846 abbrannte. Die Heiders zogen 1923 von Hettlingen hierher und besitzen die Liegenschaft seit drei Generationen. Nach dem Bau der Siedlung «In der Lengg» reduzierte sich sein Land auf sechs Hektaren. Der Hof wurde bis 1977 noch von Jakob Heider II landwirtschaftlich betrieben. Dann musste er notgedrungen die Landwirtschaft aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Jakob Heider verstarb im Alter von etwa 83 Jahren im Winter 2002/2003.

Neben meinen Erinnerungen an das Betreten seiner mit hohem Gras bewachsenen Wiesen blieb ein weiteres Erlebnis in Erinnerung, welches sich anlässlich der Holzgant zutrug. Er hatte nach der Gant den Auftrag, das von den Käufern ersteigerte Holz vom Wald zum neuen Besitzer zu karren. Dazu benützte er seinen Köpfli-Traktor und einen vierrädrigen Holzwagen mit Gummirädern. Jakob Heider II blieb deshalb in Erinnerung, weil er bei der Rückfahrt in den Wald, jeweils ein paar Buben und manchmal auch einem mutigen Mädchen erlaubte, auf die Ladebrücke zu sitzen und mit in den Wald zurück zu fahren. Zu diesem Glück kamen nur jene, welche ganz zufällig in der Nähe eines Holzkäufers wohnten. Ein einziges Mal hatte ich dieses Glück und noch heute wundere ich mich, mit welchem Tempo Jakob Heider II dem Katzenbach entlang fuhr. Das lag eben nicht nur an seinem rassigen Charakter, sondern zu einem guten Teil auch an dem tollen Traktor.

Jakob Heider II hatte im Gebiet Chilerain noch bis in die frühen 1960er Jahre mehrere Usterapfelbäume. Er gehörte zu jenen Bauern, die es verstanden, das Wissen um die Existenz seiner Usterapfelbäume vor einem grösseren Publikum, gemeint sich hier Lausbuben und rauflustige Mädchen, zu verheimlichen, was seine Netto-Erträge enorm gesteigert haben dürfte, denn Usteräpfel waren damals so ziemlich das Süsseste und bei den Buben und Mädchen nach den Kirschen das Begehrteste, was man naschen konnte, vor allem bei jenen Besitzern, die den Lausbuben bekannt waren. Jakob Heider I und II gehörten jedenfalls nicht dazu. Ihr Trick bestand darin, dass sie die Usterapfelbäume ziemlich genau in der Mitte des Chilrains und eher näher beim Bauernhaus hatten, also weit weg von allen Wegen.

Jakob Heider hatte die Gewohnheit, genau wie sein Vater jene Buben, welche durch das hohe Gras seiner Wiesen trampelten, sehr lautstark anzubrüllen. Es gehörte zu seiner Taktik, die Lautstärke als Schreckmittel gegen Buben einzusetzen, was ihm auch immer wieder gelungen ist. So gesehen, war seine laute Stimme schon eher Strategie. Wer ihm aber nichts aus seinem Baumgarten stahl und sein Gras erst betrat, wenn es frisch gemäht war, mit dem war er ein ganz umgänglicher Mensch.

Er nahm auch gerne an den «Rendez-vous»-Anlässen von Robert und Klär Kübler teil und trat auch einmal als Redner auf, wenn es galt, aus der Seebacher Bauerngeschichte etwas zu erzählen. Ausserdem entdeckte er schon als ziemlich junger Mann seine Freude am Fotografieren und besass viele Jahre lang eine Voigtländer, welche damals einen hervorragenden Ruf als zuverlässige Kamera hatte. Anfänglich brachte er seine Negative zu Foto Kalan, später dann zu Foto Nicca. Seine beste Zeit waren die 1930er bis 1950er Jahre. Nach 1970 hat er das Hobby dann nicht mehr pflegen können, weil ihm das Gehen immer mehr Beschwerden bereitete.

Als ich den Jakob Heider II in seinem fortgeschrittenen Alter wieder sah, war er bereits an ein Elektrowägeli gebunden. Er benützte es, um seine schmerzenden Knochen nicht unnötig zu belasten. Kurze Strecken konnte er aber zu Fuss gehen, sogar ohne Stock. Er war sehr erfreut, als ich mich für das Bauerntum interessierte und wurde dann recht gesprächig und umgänglich und zeigte mir mit sichtlichem Stolz seinen revidierten Köpfli-Traktor. Ausserdem gab er noch einige Hinweise zu alten Seebacher Kochgewohnheiten.

Auf die Frage, warum man das Pferd Max nicht behalten habe, meinte er, dass sein Vater und später er den Pferdestall benötigten, um den Traktor dort einzustellen. Mehr Platz gab es auf dem Hof nicht. Das Pferd hätte aber einen anständigen Platz bekommen für sein Gnadenbrot, darauf hätten die Heiders dann schon gut geachtet.

Quelle:
- Jakob Heider II und III
- Werner Schönenberger
- OGS-eigene

Jakob Heider II (1934)

Eine frühe Foto von Jakob Heider II, aufgenommen in den Lenggwiesen. Jakob Heider I, der Vater, schoss diese mit der Kamera seines Sohnes. Im Hintergrund rechts die Amoreiche und links das Schwandenholz.

Jakob Heider II (1969)

Nach der Beendigung der Bauarbeiten an der Telefonzentrale durfte Jakob Heider II einmal auf das Dach steigen, um ein paar Fotos von der Umgebung zu machen. Rechts oben sieht man die Baustelle des GZ.

Jakob Heider II (1969)

Diese Aufnahme zeigt die Familie von Jakob Heider II anlässlich der Konfirmation von Jakob Heider III im Jahre 1969.

Jakob Heider II (1987), Bauernhaus

Der Bauernhof aus dem Jahre 1847.

Jakob Heider II (2002)

Der Hinterhof des Bauernhauses mit allerlei Remisen und Unterständen.

Jakob Heider II (2002), Bauernhaus

Das alte Bauernwohnhaus, kurz nach der letzten Renovation. Zu diesem Zeitpunkt wohnte Jakob Heider II noch im Haus, benützte aber für seine «Ausflüge» bereits sein Elektrowägeli.

Jakob Heider II (2006), Bauernhaus

Das Bauernhaus im November 2006

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