Deutung: Flur, von welcher man den Glattbrugger Giebeleich erblicken konnte. Ein kleiner Fussweg führte bis 1938 vom vorderen Schärenmoos westlich am Bühlhof vorbei und mündete dort in die Schärenfeldstrasse. Dieser Weg wurde zuletzt von Bauer Johann Jacob Rosenberger vom Bühlhof fleissig benützt, während er den alten Kosakenweg, der früher über das Schärenfeld bis zur Schärenmoosstrasse reichte, überwuchern liess. Der Giebeleichweg ist sogar im Zehntenplan von 1820 eingezeichnet. Der Giebeleichweg existierte somit tatsächlich schon vor 1820, doch trugen die Wege damals keine offiziellen Namen, dürfte aber von den Bauern auf dem Bühl schon sehr lange Giebeleichweg genannt worden sein. Von diesem Weg aus konnte man den Glattbrugger Giebeleich einsehen und das war ein ganz besonderes Kennzeichen dieses Weges.
Heute ist das kaum mehr vorstellbar, aber früher war das möglich. Es gab zwar von Jahr zu Jahr mehr Hindernisse, wie das Winkelgut und das Oberhauser Hölzli von Anfang an, das Haus der Gebrüder Schlegel ab etwa 1870 oder etwas früher, der Bahndamm nach Kloten ab 1877 mit einer hohen Fachwerkbrücke, die Häuserbauten im Ettenfeld ab 1910 und das Unterwerk ab 1924. Doch wie ein Wunder lagen alle diese Hindernisse stets etwas links oder rechts von der alles dominierenden hohen Eiche und den beiden Häusern, sodass sie vom Giebeleichweg aus bis gegen 1930 gut einsehbar waren. Das belegen die nebenstehenden Pläne und Fotos. Die beiden weissen Häuser mit der grossen, dominierenden Eiche prägten den Ausblick vom Schärenfeld nach Glattbrugg.
Vom Giebeleichwegli gibt es sogar eine Foto aus dem Jahre 1930! 1938 wurde der Bühlhof abgetragen. Kurz danach wurde der damals lediglich gekieste Weg zur Giebeleich-(Strasse) verbreitert und begradigt und es entstanden die ersten Häuschen. Der Giebeleichweg ist ein Zwilling des Brüttenwegs und der Hegnauweg sein Drilling, die alle eine ganz ähnliche Entstehungsgeschichte haben. Alle drei erhielten ihre Namen zwischen 1935 und 1938 offizielle zugeteilt und ganz offensichtlich nach auffälligen Merkmalen, die man von der betreffenden Strasse aus früher einmal einsehen konnte. Da zu dieser Zeit bereits die Kommission für Strassenbenennungen der Stadt Zürich für die Strassennamen zuständig war, verlief das Prozedere nach dem folgenden Muster:
Das Stadtplanungsamt wandte sich an die dortigen Grundeigentümer, in diesem Fall an Johann Jacob Rosenberger, Landwirt, der schon seit 1892 dort wohnte sowie an Landwirt und Bahnwärter Jean Siebers Witwe, deren Vorfahren schon seit 1860 dort wohnten. Nur diese beiden Personen konnten damals noch wissen, dass mit dem alten Grubenholzweg (heute Schärenmoosstrasse) die Aussicht auf Brütten verbunden war oder dass man vom Feldweg vor dem Hause Rosenberger einmal direkt bis zum Giebeleich in Glattbrugg sehen konnte. Beim Namen für die Hegnaustrasse liess sich Jacob Rosenberger vermutlich vom Brüttenweg inspirieren, indem man nämlich vom anderen Bahnübergang im Schärenfeld bei klarem Wetter eine ähnlich gute Sicht auf Hegnau hatte. Als Bahnwärter dürfte Jean Sieber bzw. seine Witwe für den Brüttenweg den Namensschöpfer oder -Ã?bermittler gespielt haben, denn es waren ja Â?seineÂ? Bahnübergänge, während der Giebeleich(weg) und der Hegnauweg eher von Johann Jacob Rosenberger vermittelt worden sein dürfte, denn er hat diesen Weg ja benützt und unterhalten und seit seiner Kindheit wohl täglich den Giebeleich gesehen.
Ob der seinerzeit gerade umgetaufte Quartierverein Seebach ebenfalls konsultiert wurde, muss noch geklärt werden. Das Stadtplanungsamt hat diese Namenvorschläge zur Vernehmlassung weitergeleitet und es hat offensichtlich niemand dagegen Einwände erhoben. Ernst Benninger hat also in seinem Flurnamenbuch (2001, 48) zu Recht einen Zusammenhang mit dem Glattbrugger Giebeleich vermutet! Dies ist also die überraschende Lösung seines Giebeleich-Problems. Die OGS hat sie nicht selber gefunden, sondern ältere Seebacher haben sie schrittweise an die Lösung heran geführt. Der beste Hinweis war zugleich die grösste Knacknuss! Diese Aussage lautete: Der Weg ist nach einer hohen Eiche in der Nähe benannt. So schreibt es auch Paul Guyer in seinem Strassennamenbuch von Zürich. Doch auch eine Jahre lange Suche nach Fotos mit einer Eiche auf dem nahen Bühl oder der Buhn blieben erfolglos, bis die OGS zufällig daran ging, die Geschichte des Hegnau- und des Brüttenwegs mit dem Giebeleich zu vergleichen und dabei fiel plötzlich der Groschen.
So verschlungen der Lösungsweg auch war, es dürfte die richtige Lösung sein: Die beiden Bauern haben für alle 3 Strassen das gleiche Benennungsmuster verwendet! Ein von Alters her besonders auffälliges Objekt im Sichtbereich der 3 früheren Feldwege. Der Giebeleich(weg) war früher einmal ein Teil der alten Römerstrasse (Alte Gasse). Das Giebeleich im Schärenfeld reiht sich damit in die gleiche Kategorie von Strassennamen wie der Brütten- und der Hegnauweg. Damit ist die Eigenständigkeit ebenso wie der enge Zusammenhang des Seebacher Giebeleichs mit dem Glattbrugger Giebeleich bestätigt.