OGS Seebach - Beitrag

Giesshübel
Flurnamen – Hügel – historisch
Deutung des Seebacher Giesshübels

Der Giesshübel in Seebach darf nicht mit jenem in Zürich-Wiedikon verwechselt werden. Seebach hatte einen eigenen Giesshübel. Er hiess ursprünglich Gissübel und wurde im Wettinger Urbar 1558 erstmals erwähnt. Gissübel stellt eine spätmittelalterliche Schreibweise des noch älteren *Gissubli dar, wie der Seebacher Flurnamenforscher Ernst Benninger vermutet. Dieser Hinweis mag durchaus stimmen, doch führt er nicht zur Klärung. Der Seebacher Flurname ist längst abgegangen. Wer ihn aus historischen Gründen noch benützt, verwendet die neuhochdeutsche Schreibweise Giesshübel.

Lage: Höchster Punkt des ehemaligen Buchwiesen-Schlittelhangs an der Rümlangstrasse, am Buchwiesenweg und am Schönauweg. Für den Seebacher Giesshübel dürfte die Deutung 'Hügel, wo man Ausschau hält' die richtige Deutung sein.

Ganz allgemeine Deutung von Giesshübel

Über die Deutung des Flur- und Ortsnamens Giesshübel gibt es seit 200 Jahren einen Streit unter den Flurnamenfreunden, welcher bis heute zu keiner eindeutigen Erklärung geführt hat. Hier der Stand, wie er sich heute präsentiert:

Es sind verschiedene Deutungen möglich, es gibt keine absolut einzig richtige und wissenschaftlich fundierte Deutung, sondern mehrere. Zusätzlich gibt es auch volksetymologische Deutungen, welche meist auf einer rein lautlichen Übertragung oder auf einer Beschreibung beruhen, den wahren Namensursprung aber meist nicht erklären können.

Gleich mehrere Deutungen lassen sich wissenschaftlich korrekt zurück verfolgen und haben jede für sich eine eigene Entstehungsgeschichte, welche von Fachleuten untersucht wurde.

Wegen der Ähnlichkeit des früher sehr verschieden geschriebenen Ortsnamen und Flurnamen haben diese sich im Laufe der Zeit teilweise einander angepasst, teils absichtlich, teils unabsichtlich, teils aus Gründen der Rechtschreibung. Eine korrekte Deutung jedes einzelnen Flur- oder Ortsnamens ist dann nur noch mit alten urkundlichen Belegen und einer Besichtigung vor Ort möglich.

Die volksetymologischen Deutungen

- Hügel, wo sich Wasser ergiesst. Hierzu ist anzumerken, dass die Deutung «Hügel, wo sich Wasser ergiesst», nicht grundsätzlich falsch sein muss. Aber es müsste auf der Basis älterer Belege überprüft werden, ob die Deutung haltbar ist. Meist ist diese Deutung dann richtig, wenn der überlieferte Name nicht sehr alt ist, also in neuerer Zeit entstanden ist.

- Kieshügel. Dieser Deutungsvorschlag ist rein phonetisch zustande gekommen, allenfalls noch, weil da und dort tatsächlich Kies im Spiel war. Ein allfälliger Zusammenhang mit Kies ist aber eher zufällig, denn mit 'kies' ist hier 'ausschauen' gemeint. Der Hügel hingegen ist richtig gedeutet. Ein Kieshügel ist also ein Hügel, auf welchem man kiest, also Ausschau hält.

Die wissenschaftlich begründbaren Deutungen

- Mit einer sehr plausiblen Erklärung wartet Ernst Kafka aus Österreich auf, welcher die OGS daran erinnerte, dass kopfen, kiesen = Ausschau halten, beobachten, im Schweizerdeutschen auch erkennen, unterscheiden bedeutet (Beispiel Kopfberg, Kiesling in Österreich). Diese Wortbedeutung geht auf eine Zeit von 1500 oder früher zurück. In diesem Fall wäre also ein Hügel gemeint, von welchem man Ausschau hält.

- Ein Giessen für sich allein ist ein träge dahin fliessender Seitenarm eines grösseren Flusses oder sonst ein träge fliessendes Wasser. Beispiele sind der Giessen bei Zürich-Höngg an der Limmat oder der Giessen entlang der Aare bei Bern-Belp, an der Reuss bei Obfelden AG, der still gelegten Aareschlaufe bei Meienried/Büren a. A. BE oder die still gelegte Rheinschlaufe bei Bad Ragaz SG. Hier hat das Wort nichts mit «giessen» im heutigen Sinne zu tun, sondern eher mit 'sich träge ergiessen' oder gar 'stehendem Wasser'. Solche Giessen haben mit den Giesshübeln selten etwas zu tun.

- Giessen werden aber auch die unterhöhlten Wasserfälle z .B. im Tössgebiet im Kanton Zürich genannt. Solche Giessen gehen auf das mittelhochdeutsche giezen zurück und stellen eine Namensgebung ab etwa 800 bis 1000 n. Chr. dar. Auch solche Wasserfälle stehen äusserst selten mit den Giesshübeln in einem Zusammenhang. Auch der Name der Stadt Giessen geht auf einen solchen Wasserfall zurück. Der älteste Name der Stadt lautete Giezzen.

- Gis- am Wortanfang kann auf den Personennamen Giso zurück geführt werden. Auch diese Flur- und Ortsnamen haben eher eine mittelhochdeutsche Basis und stehen sehr selten mit Giesshübeln in einem Zusammenhang.

Einige Bemerkungen der OGS:

Die neue Schreibweise Giesshübel, welche sich bereits im vorletzten Jahrhundert durchsetzte, war nicht nur auf die Schweiz beschränkt, sondern galt auch in allen Ländern, wo es in den deutschsprachigen Landesteilen Giesshübel gibt oder gab.

Bei den echten Giesshübeln scheint es nur zwei mögliche Deutungen zu geben, die realistisch sind:

1. Orte, wo sich Wasser über Kiesbänke oder Felsen ergiesst

2. Hügel, auf welchen man die Aussicht geniessen kann

Im Prinzip muss von Fall zu Fall untersucht werden, welches die wahrscheinliche Deutung ist. Im Fall 1 ist stets Wasser im Spiel und im Fall zwei fehlt das Wasser. Zur weiteren Plausibilisierung der obigen Deutungen wäre es von Interesse, zu erfahren, wie der Ortsname anderswo gedeutet wird.

Rupert Stadler war so freundlich und hat die OGS auf die Website www.altmuehlnet.de aufmerksam gemacht, wo weitere Deutungen zu finden waren, wofür sich die OGS-Seebach ganz herzlich bedankt. Alle für Seebach interessanten Hinweise werden im Laufe der Zeit in den obigen Beitrag eingearbeitet.

Quellen:
- OGS-eigene
- Ernst Benninger 2001, 40
- www.altmuehlnet.de/hp/flurnamen/geisenfeld/giessuebel.htm
- Wikipedia
- Ernst Kafka

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