Sekundarlehrer von 1959-1961 (gesichert) im Schulhaus Buhnrain. Dr. phil. Adolf Baumann, geb. 1924, studierte an der Universität Zürich Germanistik und Geschichte. Er begann seine berufliche Tätigkeit im Lehramt und arbeitete ab 1961 über zwanzig Jahre als Redakteur und Journalist für eine Zürcher Tageszeitung.
Dieser Beitrag beschreibt allerdings nur den Dr. Adolf Baumann in seiner Funktion als Englischlehrer des Schulamtes der Stadt Zürich und ist daher noch als unvollständig zu betrachten. Trotz seines Doktortitels, der damals noch etwas galt, legte er Wert darauf, dass ihn die Englischschüler ganz einfach «Härr Buume» nannten. Ganz anders soll das in den «normalen» Klassen gewesen sein, wo er sich durchaus auch mit dem Titel anreden liess. Das hing möglicherweise damit zusammen, dass er seine «normalen» Schüler noch erziehen musste, während er seine Englisch-Schüler von der 3. Sek. schon als angehende Lehrlinge einstufte. Vielleicht aber auch, weil er den Englischunterricht eher als Hobby betrieb. 1961 wechselte er von der Schulstube in die Kulturredaktion einer grossen Tageszeitung.
Neben dem eigentlichen Hauptpensum Sekundarschulunterricht, erteilte er auch Englisch-Unterricht als Nebenfach für Schüler von anderen Klassen. Adolf Baumann war ein hervorragender Englisch-Lehrer mit einem sehr feinen, typisch englischen Humor. Er verstand es, den Englisch-Unterricht praktisch für alle sehr angenehm zu gestalten. Das grüne Englischlehrbuch war in dieser Hinsicht ein einmaliges Buch, denn es enthielt viele kleine Spässchen, welche das Lernen erleichterten und die Stimmung anhoben. Der Autor hätte eigentlich einen Preis verdient. Da Englisch schon damals ein beliebtes Fach war, fiel es Dr. Baumann nicht allzu schwer, den Unterricht angenehm zu gestalten.
Es lag aber auch an der Art, wie er das Englische vermittelte. Er lehrte Englisch, nicht Amerikanisch und verbat sich auf das Strikteste, wenn besonders vorlaute Schüler die amerikanische Aussprache benützten. Das galt bei ihm als falsch ausgesprochen. Wenn jemand das englische «r» zu stark warg, dann sagte er stets: "Häsch Härdöpfelstock im Muul?". Er begann auffällig häufig einen Nebensatz mit «for instance», wobei er es wie «frinstens» aussprach, so dass ihn die Schüler anfänglich gar nicht verstanden, weil sie das Wort unter dieser Aussprache nicht erkannten. Das Synonym «for example» benützte er kaum. Amerikanisch bezeichnete er stets als Dialekt und nicht als Sprache.
In feierlichen Texten war es erlaubt, das englische «wind» als «waind» auszusprechen. Er hatte auch nichts dagegen, wenn ich «one and twenty» sagte, wie ich das in einem alten, orangefarbenen Lehrbuch namens «Der beredte Engländer» noch lernte, meinte aber doch, dass dies schon ein bisschen «very old-fashioned» sei. Als ich es später ein weiteres Mal benutzte, da korrigierte er mich aber und erbat die modernere Form. «Me, too!» hingegen war ihm ein Gräuel, da wollte er nur «And so do I» oder «And so am I» hören. Sein Unterricht in diesem Fach war schlicht und ergreifend «very british»! Gelegentlich zitierte er Sätze von Shakespeare und kurz darauf ging es wieder lustig weiter mit «Harry and the parrot» aus dem grünen Lehrbuch. Ganz einfach: Er war ein hervorragender Englischlehrer und vermochte die Schüler mitzureissen. Fast alle, die bei ihm Englisch lernten, können es heute noch, was nicht jeder Französischlehrer von sich behaupten kann.
Die obigen Schilderungen lassen den Eindruck zu, dass Dr. Baumann ein etwas altmodischer Herr gewesen sei. Dem war aber gar nicht so. Das Altmodische beschränkte sich ganz auf die englische Sprache, wo er eben ein Purist war und sich Modernismen und Dialektausdrücke verbat. Im übrigen Schulunterricht galt er als mittelstrenger, aber sehr auf Disziplin achtender, durchaus moderner Lehrer, der auch mal ein Spässchen verstand und mit den Schülern einen recht pfleglichen Umgang hatte. Wer ihn aber ärgerte und ihm auf den Wecker ging, dessen Name konnte er sich dann schon merken.
Dr. Baumann war auch eine Zeit lang Verwalter der Schulbibliothek des Schulhauses Buhnrain. Zum Aussortieren veralteter und zum Einordnen neuer Bücher nahm er immer ein paar Schüler mit, die ihm dann beim Einbinden der neuen Bücher mit Schutzumschlägen helfen mussten. Dafür durften sie als Gegenleistung das eine oder andere alte, ausgemusterte Buch mit nach Hause nehmen und behalten. Da Bücher früher teuer und daher sehr begehrt waren, war die «Stelle als Bibliothekargehilfe» entsprechend begehrt. Die Schüler haben sich darum gerissen, bei ihm zusätzlich noch etwas arbeiten zu dürfen.
Es soll auch mal vorgekommen sein, dass er dem einen oder andern Schüler eine «wusch» (eine Ohrfeige gab), doch war das eher eine Ausnahme, aber in jener Zeit noch eine völlig übliche Strafe. Hingegen soll er ausufernden, abendlichen Feten seiner Schüler, vor allem, wenn dabei auch noch Mädchen seiner Klasse teilnahmen und sofern er davon Wind bekam, ziemlich akribisch nachgegangen sein, so in der Art von Polizischt Wäckerli. Manchmal sogar eher wie das FBI.
Dr. Baumann litt an einer Hautkrankheit, vermutlich war es die Schuppenflechte (Psoriasis), welche man an seinen leicht rötlich gefärbten Händen und an der Stirn dann und wann erkennen konnte. Er hatte die Krankheit nun mal und er hatte gelernt, mit ihr zu leben und wenn man ihn darauf ansprach, nahm er das ganz locker und erklärte sein Leiden. In der Beziehung war er sehr unkompliziert. Von den meisten Schülern wurde das nicht weiter beachtet, so wie man ein auffälliges Muttermal zwar bemerkt, sich aber rasch daran gewöhnt.
Dr. Adolf Baumann dürfe ziemlich alt geworden sein. Er lebte im Stadtteil Zürich-Höngg und ich erinnere mich, dass seine Adresse in den alten Telefonbüchern der Stadt Zürich noch über das Jahr 2000 hinaus aufgeführt wurde. Als diese Bücher dann abgeschafft wurden, habe ich ihn logischerweise aus der Kontrolle verloren. Über sein weiteres Schicksal weiss ich leider nichts.
Quellen: - OGS-eigene - Franklin Fehr (Feten) - einige weitere seiner Schüler - Hartmuth Attenhofer (Hinweis auf den Berufswechsel) - AnthroWiki (Studium)