Emil Staub lebte von 1904 -1970. Er wohnte ungefähr seit seinem Amtsantritt in Seebach an der Sonnenbergstrasse 7, 1934 in Buhnrain umbenannt. Er war ausgebildeter Sekundarlehrer und seit 1929 in Seebach tätig. Ob der Primarlehrer J. Staub aus Örlikon, welcher etwa um 1870 geboren wurde, ein Verwandter oder gar sein Vater war, ist noch nicht gesichert, doch fällt der Apfel bekanntlich nicht weit vom Pferd. Die Staubs sind ein Zürcher Geschlecht, welches aus der Gegend um den Pfannenstiel und dem Zürichsee stammt. Der Familienname Staub entstand aus dem Übernamen für den Müller, welcher früher im Mehlstaub arbeitete.
Er gab noch Unterricht im alten Sekundarschulhaus an der Ecke Buhnrain-/Seebacherstrasse. Er war am Umzug der Stühle und Bänke, der Rollladenschränke und anderen Lehrutensilien mitbeteiligt. Seine Schulklasse benützte zahlreiche Leiterwagen, welche die Schüler von zu Hause mitbrachten, um den gesamten Schulrat umzuziehen. Es waren Kostengründe, welche diese Art des Umzuges nötig machten.
Von diesem Spektakel gibt es im Archiv des Schulhauses Buhnrain noch einen Film, wo man Lehrer Staub und seine Schüler in Aktion sieht. Der Film wurde letztmals im Jahre 1999 von drei älteren Herren bei einer Veranstaltung im reformierten Kirchgemeindehaus dem staunenden Publikum vorgeführt. Der Seebacher Ferdinand Kern besitzt noch zahlreiche Fotos aus der Zeit von 1929 bis 1933, welche Emil Staub damals geschossen hat. Nach dem Umzug erfolgte sein Unterricht von 1934 bis 1969 im neuen Schulhaus Buhnrain. Emil Staub hat seine schulischen Studien Jahr für Jahr ergänzt mit zahlreichen Europa- und Weltreisen. Das bekamen alle Liebhaber des Schulfaches Geografie zu spüren, indem er aus seiner reichlichen Sammlung an Farbdias praktisch zu jedem behandelten Land im Physikzimmer eine kleine, von ihm erläuterte Diaschau durchführte. Von diesen Reisen hat sogar eine Ansichtskarte bis heute überlebt, welche Emil Staub einem seiner Schüler aus Afrika sandte.
Emil Staub war ein leidenschaftlicher Geograf und ein ebenso leidenschaftlicher Fotograf. Er besass seit vielen Jahren eine «Leica III» aus dem Jahre 1939 mit einigen Wechsel-Objektiven der Marke «Ernst Leitz Wetzlar», die man noch einschrauben musste, einem Belichtungsmesser des Typs «Leicameter» und zahlreichen Filtern, die er sehr gekonnt einsetzte. Als später die Farbfotografie immer mehr aufkam, kaufte er sich eine zweite «Leica», damit er je nach Eignung des Objektes rasch von schwarz/weiss auf Farbfilm wechseln konnte. Auf die Frage eines Schülers, der vom Fotografieren auch etwas verstand, warum er keine neue Kamera kaufe, antwortete er, dass er die Eigenschaften der «Leica III» inzwischen gut kenne und sich an sie gewöhnt habe. Ausserdem laufe sie noch so gut, wie am ersten Tag.
Das Fotografieren mit zwei Kameras hat er 1959 bei der Wanderung von Flaach nach Rheinau, bei der Schulreise ins Maderanertal im Jahre 1958 und bei jener nach Vindonissa 1959 sowie im Klassenlager in Arcegno TI ebenfalls 1959 weiterhin so praktiziert, wo es unter den Schülern noch mehrere fast gleiche Fotos gibt, die eine in schwarz/weiss, die andere in Farbe. Er liess es sich auch nicht nehmen, von seinen Klassen jeden Schüler einzeln abzulichten. Aber auch während den Schulreisen und Klassenlagern machte er Fotos. Es mochten wohl an die 10'000 oder mehr Farbdias gewesen sein, die er in seiner späteren, kleinen Wohnung in der Nähe des Schaffhauserplatzes lagerte, nachdem er von Seebach weg zog, weil das Haus, wo seine langjährige Seebacher Wohnung lag, abgebrochen wurde. Emil Staub hat während Jahrzehnten die Filme der Marke Perutz-Color benützt und diese stets bei Anton Schnöller gekauft und entwickeln lassen, wo er ein sehr gern gesehener Kunde war.
Von 1958 bis 1961 trug er den Übernamen «Tschu». Die Entstehungsgeschichte dieses vorübergehenden Übernamens ist noch in klarer Erinnerung. Zu jener Zeit gab es in China einen Minister namens Tschu En-Lai, welchem Emil Staub recht ähnlich sah, vor allem, weil beide ihr Haar oben offen trugen. Diese Ähnlichkeit erwähnte ich einmal gegenüber ein paar Buben der Klasse und schon war der Übername geboren. Er soll aber, wie viele Lehrer im Buhnrain, im Laufe der Zeit mit den verschiedensten Übernamen eingedeckt worden sein.
Emil Staub war massvoll streng und war zugleich fähig, seine Schüler zu fesseln, sofern sie das Fach auch interessierte, was dann die massvolle Strenge weiter abmilderte. Mit artigen Schülern hatte er einen sehr pfleglichen Umgang, bei den weniger Artigen konnte er durchaus auch mal ausrufen. Dabei wurde er jeweils ziemlich erregt und bekam einen recht geröteten Gesichtsausdruck. Das tat dann den Schülern irgendwie echt Leid und sie versuchten darauf sofort, wieder artig zu sein, um den Lehrer zu besänftigen.
Emil Staub war beim Unterricht die Geduld in Person. Diese Geduld hat manchem Schüler geholfen, Selbstvertrauen zu gewinnen, auch wenn er nicht der Schnellste war. Selbst bei Schülern mit einer «ziemlich feuchten Zündschnur» hat er nie die Geduld verloren und vieles so lange wiederholt, bis es der Schüler begriff. Obwohl es damals noch üblich war, frechen Schülern eine Ohrfeige zu erteilen, hat er von dieser Möglichkeit zumindest zwischen 1958 und 1961 nie Gebrauch gemacht. So gesehen war er didaktisch seiner Zeit weit voraus. Er sprach noch ein ziemlich «urchiges» Zürichdeutsch und «wöischte» den Schülern stets «e schöni Pfeïschte» (Pfingsten). Er hatte auch eine Gewohnheit, welche er über Jahrzehnte pflag: Bei auftretender Nervosität griff er in die rechte Seitentasche seines graublauen Berufsmantels und klimperte mit dem Schlüsselbund.
Emil Staub war kein Kostverächter. Obwohl es näher gelegene Gaststätten gab, nahm er den Weg zu Fuss in Kauf, um sein geliebtes Speiselokal, das Restaurant Waag von Julie Kuhn, zu besuchen. Er ass dort während Jahrzehnten von Montag bis Samstag zu Mittag und genoss es sichtlich, kulinarisch verwöhnt zu werden. Die Waag war damals bekannt für gutes Essen. Emil Staub hat aber nie geschlemmt, sondern ass mit Mass und hatte über all die Jahrzehnte die gleich schlanke Figur.
Emil Staub starb bald nach seiner Pensionierung, so als ob er damit seine Arbeit erledigt hätte. Vermutlich hing er so stark an seinem Beruf, dass ihm das Nichtstun schwer fiel. Doch das ist die Ansicht eines Aussenstehenden. Sie mag falsch sein.
Seine Dia-Sammlung ging nach dem Hinschied nicht verloren. Sein Bruder behielt alles zurück und verteilte die Dias mit den Schülerportraits und diejenigen von Schulreisen und Klassenlagern in geeigneter Weise an Vertreter jeder Klasse und wo er diese nicht ausfindig machen konnte, übergab er die Dias an die parallelen Klassenlehrer zur geeigneten Weitergabe. Die geografischen Dias gingen an eine der OGS nicht näher bekannte Institution, die damit etwas anfangen konnte. So erzählte es sein Parallel-Lehrer Jakob Keller.
Emil Staub hat in seinem Leben über 600 Sekundarschüler ausgebildet und ihnen, wo dies die Möglichkeiten der Schüler erlaubte, etwas Wichtiges mit auf den Lebensweg gegeben. Auch seine fotografische Arbeit lebt heute noch wohlbehütet in zahlreichen Wohnzimmern in Form einer grauen Dia-Kassette. Auch die OGS besitzt einige davon.
Ausser der OGS war auch René Peter, einer seiner früheren Schüler, immer noch im Besitz zahlreicher Fotos, welche Emil Staub in den 1940er Jahren geschossen hat. Jener Teil, welcher der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, hat er 2008 der OGS übergeben, welche in den kommenden Jahren die Beiträge der Klassenlisten usw. damit ergänzen konnte.
Achtung: Klassenfotos von H. Haagmans können im Staatsarchiv des Kantons Zürich, unter Klassenfotoarchiv jederzeit on line nachbestellt werden.
Quellen: - OGS-eigene - Ferdinand Kern (für 1929-1933) - Ernst Schmid (Postkarte) - Luise Eisenring-Kuhn (Emil Staubs Besuche in der Waag)
Eine Ansichtskarte von Emil Staub an seinen Schüler Ernst Schmid (Sanitär) aus dem damaligen Belgisch-Kongo. Für seinen Geografie-Unterricht machte Emil Staub zahlreiche Weltreisen, um seinen Schülern einen lebendigen Unterricht bieten zu können.
Hier sieht man meine Leica IIIf, die ich vor einigen Jahren erwerben konnte, sozusagen als späte Erinnerung an meinen Sekundarlehrer Emil Staub, dessen Fotografierkunst mich von 1958 bis 1961 so stark beeindruckte.
Mit zwei solchen Kameras des Typs «Leica III» arbeitete Emil Staub von etwa 1939 bis 1969, ohne dass er je ein Problem mit ihnen gehabt hätte, wie er meinte. Diese Foto wurde am 27.2.2010 aufgenommen von Holger Ellgaard.